Bodo Wartke, der Meister des intelligenten Klavier-Kabaretts, der Dichtkunst und der Wortakrobatik hat in der ausverkauften Singener Stadthalle gastiert. Kaum einem Kabarettisten gelingt es, ein so breites Publikum zu erreichen, zu begeistern und zum Nachdenken anzuregen. Sein aktuelles Bühnenprogramm „Wandelmut“ birgt Glanzstücke, so vielfältig, intelligent, feinsinnig und lustig, dass der Abend – trotz der Zugaben – noch ewig hätte dauern dürfen.
Er reimt in Perfektion, erzählt, rappt, singt und liebt das poetische Spiel mit Worten. Zum Auftakt nimmt er über das Lied „Sind Sie nicht?“ Kontakt mit dem Publikum auf, ein ironisches Lied, in dem man ihn mit Edward Snowden verwechselt. Man kennt ihn – jedoch kaum aus dem TV. Die Gründe beschreibt er in einem Lied: Er sei nicht „formatkompatibel“, habe man ihm gesagt, seine Lieder dauerten länger als 1,5 Minuten. Einerseits würden Zuschauer gleich weiterzappen, andererseits sei das zu kurz, um aufs Klo zu gehen. Außerdem würde er Lieder mit Niveau präsentieren – das sei im TV ganz schwierig.
Er singt über das, was er erlebt, und das, was ihn bewegt. Dazu gehört auch sein neuer Job. Dazu besingt er seinen Chef und gewährt einen Einblick in sein Leben als junger Papa. Am Ende wird das Lied eine Hommage an seine Partnerin. Immer wieder thematisiert er Corona und wie er den Lockdown erlebt hat. Seine Konzerte konnte man streamen, das sei schwierig gewesen, sagt er, denn er konnte die Reaktion des Publikums nicht sehen. Besser seien die Online-Konzerte gewesen, mit direkter Rückmeldung, jedoch auch unfreiwilligen Einblicken in fremde Wohnzimmer. Er ist humorvoll, witzig, spontan und ebenso kritisch und politisch.
Der Gentlemen am Klavier zeigt Haltung, traut sich was, wenn er über das Klima spricht, über Engstirnigkeit, Homophobie, die Unterdrückung von Frauen, über Gewalt und Kriege. Er bietet die intelligenten und teils polarisierende Themen an – ohne zu belehren. Überwältigend ist die Reaktion des Publikums zu seinem neuen Steckenpferd, die „Zungenbrecher 4.0“, die er auf den sozialen Medien als Kurzclips zeigt. Was macht Fischers Fritz mit den Fischen? Wie geht es mit den zehn zahmen Ziegen weiter? Dazu hat er sich Gedanken gemacht und teilt diese in Reimform als Wortakrobatik mit dem Publikum.
Nach der Pause beweist er, dass es „Die Lösung“ für „Herren-Rasse und Menschen zweiter Klasse“ nicht gibt. Sein Lied zur Demokratie „Das Land, in dem ich leben will“, geht unter die Haut, wirkt nachhaltig. Das Publikum applaudiert gerade nach seinen politischen Beiträgen, die er musikalisch hervorragend umsetzt, langanhaltend. Nach dem Motto: „Das Beste kommt zum Schluss“, spielt Wartke drei Zugaben, unter anderem sein „Liebeslied“, das er in fast 90 Sprachen beherrscht.