Es ist ein Buch entstanden, welches es in dieser Form nur von Werner Wocher geben kann. Der „ältere Knabe aus dem Hegau“, so nennt sich der heute 79-Jährige selbst im Vorwort seines Buches, erfüllte sich mit seinem Werk „Bahnlinie Etzwilen-Singen – Unsere Museumsbahn mit Zukunft“ einen Herzenswunsch. Mit Liebe zum Detail veröffentlichte er eine Dokumentation mit Unterhaltungswert samt einer Prise seines Humors.
Zum Gespräch lädt Werner Wocher in das ehemalige Stationsbüro im Bahnhofsgebäude Hemishofen an der Museumsbahnlinie ein, das sei hier so etwas wie seine zweite Heimat, erklärt er. Hier entstand parallel zum Buch ein kleines Bahnstation-Museum. Darin scheint die Zeit stehen geblieben zu sein, und man könnte meinen, der Zug fahre bald ein.
„Eisenbahnvirus“ seit der Kindheit
„Passen Sie auf, ich habe den Eisenbahnvirus“, warnt er vor Betreten des Bahnhofsgebäudes. Diesen Virus trägt er schon seit Kindheitstagen in sich. In Singen geboren und in der Nähe der Eisenbahnlinie aufgewachsen, erinnert sich der heute in der Schweiz lebende Autor gerne an die Tage dort zurück.
Auch an die Faszination, die der Bahnhof auf ihn ausübte. Vom ehemaligen Maggisteg überblickte er als Junge gerne die gesamte Gleisanlage und kam nicht selten mit schwarzen Rußpartikeln bedeckt nach Hause. Die Bahnlinie Schaffhausen-Etzwilen-Singen-Schaffhausen bezeichnet er liebevoll als sein Heimatdreieck, da er in Langwiesen direkt an einer Bahnhaltestelle wohnt und täglich die Züge an seinem Haus vorbeifahren sieht und hört.
Skizzen, Zeichnungen und Texte
An den Wänden des Stationsbüros hängen Skizzen und Zeichnungen, welche sich auch im Buch wiederfinden. Unter anderem eine maßstabsgetreue Zeichnung des Singener Bahnhofsgebäudes aus dem Jahre 1877. Dieses hat Wocher sogar als Modell zuhause stehen. Und im Museum wie auch im Buch findet sich der Staatsvertrag von 1873 zwischen der Schweiz und dem Großherzogtum Baden betreffend die Verbindung beider Eisenbahnen.
Mit dem Buch begonnen hat alles im Jahr 2016, als Co-Präsident Wocher ein Vereinsplakat für den VES (Verein zur Erhaltung der Bahnlinie Etzwilen-Singen) zeichnete. Dieses zeigt in vielen liebevollen Details die Arbeit des Vereines und auch kleine Geschichten auf und ziert nun auszugsweise den Bucheinband. „Dieses Buch ist für Vereinsmitglieder und Eisenbahnliebhaber ein Handbuch wie für die Christen die Bibel“, so Wocher.
Aufgebaut wie eine Zugreise
Aufgebaut ist „Unsere Museumsbahn mit Zukunft“ ähnlich einer Zugreise, die in Etzwilen bei Kilometer 31,810 beginnt und bei Kilometer 45,100 in Singen endet. Beim Studieren des Buches mitsamt der vielen Bilder und Fotos wird dem Leser bewusst, was es alles an der Bahnstrecke gibt.
Es werden Streckendetails, Brücken, Bahnübergänge und Gebäude dokumentiert. Geschichten, Fotos, Historie und Anekdoten in Kombination mit den vielen Zeichnungen füllen die Strecken- und Schemapläne mit Leben. „Idealistische Arbeiten lassen sich nicht in Stunden messen“, sagt Wocher, der dreieinhalb Jahre an diesem Buch gearbeitet hatte.
„Und was nicht da war, habe ich an Ort und Stelle selbst vermessen und Pläne davon gezeichnet“, erzählt der Architekt. So auch die historische Drehscheibe der Bahnhofanlage Etzwilen, die heute nur noch selten zum Drehen einer Dampflok benutzt wird. Kurzerhand legte sich Wocher einfach darunter und nahm selbst alle Maße.
Hoffnung auf Personennahverkehr
Mit diesem Buch möchte Wocher seine Liebe zur Bahn vermitteln. Den Zusatz „mit Zukunft“ im Titel des Buches wählte er bewusst für ein Ziel des VES-Vereines: die Wiederaufnahme des im Jahre 1969 eingestellten öffentlichen Personennahverkehrs bei Aufrechterhaltung des Museumsbahnbetriebes. Laut einer Studie wird dieser Strecke ein hohes Nachfragepotenzial bescheinigt, eine mögliche Reaktivierung wurde von der Landesregierung signalisiert.