Thomas Güntert

"Nena war meine Traumfrau, als ich 15 war", sagte Nick Savoldi aus Neuhausen am Rheinfall, der damals seine Zimmerwände mit ihren Postern tapezierte. Er war 1983 bei Nenas Konzert im Zürcher Hallenstadion und war gespannt, was ihn wohl in Singen erwarten würde.

Von einem gewaltigen Trommelwirbel angekündigt, kam die deutsche Pop-Ikone kurz nach neun Uhr abends zwischen den Bühnenaufbauten der Musiker hervor geschlichen und wurde von den rund 1800 Besuchern frenetisch begrüßt. Die Sängerin und ihre Musik haben nichts von dem verloren, wodurch sie in den 1980er Jahren berühmt wurden – und es gab gleich Vollgas.

Gefühlsbetonte Lieder mit viel Ehrlichkeit und Leidenschaft

"Nur geträumt": Das Publikum tobte bereits nach dem dritten Song. Nena sang aber auch gefühlsbetonte Lieder, bei denen sie viel Ehrlichkeit und Leidenschaft zum Ausdruck brachte. Sie bedankte sich auch bei ihren neun Bandmitgliedern, mit denen sie seit Jahren auf Tour ist und die ihr, wie sie sagte, wie eine Familie ans Herz gewachsen sind. Während die Band "Weißes Schiff" spielte und der Gitarrist dabei ein bemerkenswertes Solo hinlegte, verschwand Nena von der Bühne – bis plötzlich ein Feuerwerk explodierte und sie mit dem Drummer und der Gitarristin auf einem kleinen Podest mitten im Publikum stand.

Nena traf den Nerv der Zuschauer.
Nena traf den Nerv der Zuschauer. | Bild: Thomas Güntert

Jolanda war schon bei 20 Nena Konzerten und ist immer noch hellauf von ihrer Musik begeistert: "Sie ist immer noch der gleiche Gispel wie früher". "Genial für eine Oma, so eine Oma hätte ich auch gerne", sagte eine ihrer drei Freundinnen, mit denen Jolanda das Konzert besuchte. Die vier weiblichen Fans sind überzeugt, das Nena heute noch so viel Erfolg hat, weil sie einfach ihrem Stil treu geblieben ist und damit alle Altersklassen anspricht.

Der zehnjährige Bub sang in Singen die Songs genauso mit, wie seine 70-jährige Ur-Ur-Oma. Annette, die mit zwei Kolleginnen vom Bodensee kam und nach einer Stunde Konzert vor der Halle frische Luft schnappte, bedauerte, dass das Singener Publikum anfangs nicht so richtig aus dem Busch gekommen sei. Nena habe zu viele langsame Balladen gesungen, die man nicht kannte. "Die Leute wollen doch die alten Hits hören" sagte ihre Freundin Andrea.

Die Pop-Ikone kann es noch immer.
Die Pop-Ikone kann es noch immer.

Es schien, als hätten Nena und das Singener Publikum diese kritischen Worte gehört. Als der Hit "Wunder gescheh'n", aus dem Innenraum erklang, sprangen die drei jungen Frauen auf und mischten sich wieder unter das vergnügte Publikum. Mit Hits wie "Leuchtturm", "Irgendwie, irgendwo, irgendwann" oder "Nur geträumt" brachte Nena die Halle zum Kochen, und als sie bei "99 Luftballons" noch riesige Ballons ins Publikum warf, zeigte das Publikum, was es wirklich drauf hatte. Sogar die 300 Besucher auf der Empore hielt es nicht mehr auf den (einzigen) Sitzplätzen.

Es gab kein Halten mehr, die Luft brannte und die Halle kochte. Und Nena und ihre Band hatte sichtlich Spaß daran. Mit unglaublicher Energie tanzte die mittlerweile 58- Jährige auch nach über zwei Stunden noch wie eine 20-Jährige über die Bühne. Mit nicht endenwollenden Zugaberufen bedankte sich das Publikum bei der Pop-Ikone und ihrer Band für den tollen Abend. Nena und ihre Musiker kamen immer wieder zurück auf die Bühne. Nach dem einfühlsamen Hit "Ganz viel Zeit" war dann aber Schluss, und der Konzerttross mit den großen Nightliner-Bus und Sattelschleppern zog weiter ins Allgäu, wo in Kempten bereits das nächste Konzert der "Nichts Versäumt Jubiläums-Tour" auf dem Programm stand.

Am Samstagabend begeisterte die Pop-Ikone mit ihrer Band in der Singener Stadthalle rund 1800 Besucher. Bild: Güntert
Am Samstagabend begeisterte die Pop-Ikone mit ihrer Band in der Singener Stadthalle rund 1800 Besucher. Bild: Güntert

"Die meisten Besucher kommen wegen Nenas aufgestellter Art und den Erinnerungen an frühere Zeiten", sagte Gabi Savoldi. Das war sicherlich auch bei Marlen Koch und ihrem Vater Rene Schweizer der Fall, die vor 35 Jahren ebenfalls beim Nena-Konzert in Zürich waren. Der Auftritt im Hallenstadion war damals überhaupt das allererste Konzert von Marlen. Ihr Vater musste noch mit, weil die kleine Tochter damals erst 14 war. "Es gibt nicht viele Künstler, die in diesem Alter noch mühelos eine Stadthalle füllen", bemerkte Rene Schweizer, der auch die Organisation in der Singener Stadthalle lobte. "Wir haben Freude", waren sich Vater und Tochter völlig einig.

Zur Person

Nena (58), mit bürgerlichem Namen Gabriele Susanne Kerner, ist eine der erfolgreichsten deutschen Pop-Sängerinnen. Als Galionsfigur der so genannten Neuen Deutschen Welle mischte sie ab 1982 die bundesrepublikanischen Charts auf, mit Hits wie "Nur geträumt" und "99 Luftballons". Auch heute noch füllt sie mühelos große Hallen und gelangte 2015 mit dem Album "Oldschool" erneut in die Top Ten. (sk)