Auf den ersten Blick sieht die Fangbilanz 2023 der 20 deutschen Berufsfischer vom Untersee und Rhein positiv aus. Mit 73.064 Kilogramm Fisch haben sie immerhin 12,6 Prozent mehr Menge aus ihren Netzen holen können als im Vorjahr. Doch damit bewegen sie sich immer noch auf sehr niedrigem Niveau; gemessen an den vergangenen zehn Jahren ist es das zweitschlechteste Ergebnis.

Müssen sich die Kunden also Sorgen machen, dass sie für den Karfreitag keinen frischen Fisch aus dem Untersee bekommen? Stefan Riebel, der Vorsitzende des Fischereivereins Untersee und Rhein, gibt Teilentwarnung. „Wir können nicht aus dem Vollen schöpfen, aber es gibt was.“ Allerdings vermutlich nicht von allen Fischarten.

Auch der neu formierte Vorstand des Fischereivereins Untersee und Rhein will an einem Strang ziehen. Im Amt bestätigt (von links): ...
Auch der neu formierte Vorstand des Fischereivereins Untersee und Rhein will an einem Strang ziehen. Im Amt bestätigt (von links): Schriftführer Markus Wedele, Vorsitzender Stefan Riebel, neuer zweiter Vorsitzender Raphael Gebhard, Kassierer Stefan Keller. | Bild: Zoch, Thomas

Alarmierend ist der weitere Rückgang bei den Felchen. Hier haben die Fänge der deutschen Fischer im Untersee im Jahr 2023 mit 22.762 Kilo einen neuen Tiefpunkt erreicht, wie der zweite Vorsitzende Werner Keller in der Generalversammlung des Fischereivereins im Clubheim des Sportvereins berichtete. Im Jahr 2016 hätten die deutschen Berufsfischer noch fast 100 Tonnen des beliebten Felchens gefangen.

Seither gehe es stetig bergab. Wobei der Vorsitzende Riebel anmerkte, dass die Fangergebnisse der Unterseefischer insgesamt noch ordentlich seien im Vergleich zu den Berufskollegen vom Obersee. Dort gilt für Felchen mittlerweile eine andauernde Schonzeit. Das sei am Untersee aber nicht der Fall, betonte Riebel. Es habe im vergangenen Jahr für Verwirrung gesorgt, dass offenbar vielen Leuten diese Trennung zwischen Ober- und Untersee nicht bewusst war.

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Kormorane jagen massiv

Riebel machte für den Rückgang der Felchen auch die Kormorane verantwortlich. Es sei einfach nicht richtig, wenn mitunter behauptet werde, Kormorane würden keine Felchen fressen. Als Beleg berichtete er von einem persönlichen Erlebnis im September 2023. Da seien Schwärme von mehreren hundert Vögeln am Gnadensee massiv auf der Jagd nach Fischen gewesen.

Er habe im Rahmen der erlaubten Vergrämung an einem Tag fünf der Tiere geschossen. Und dann habe er in den Mägen dieser fünf Vögel fast nur junge Felchen gefunden, zwischen acht und zwölf Zentimeter lang, insgesamt 92 Exemplare. „Da kann man sich vorstellen, was die Kormorane für einen Schaden anrichten im Jungfischbestand“, folgerte Riebel.

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Immerhin dürfen die Berufsfischer vom Untersee auch weiterhin Kormorane abschießen. Der Vertrag über die Vergrämung, der Ende April auslaufe, sei auf Antrag des Vereins von den Behörden um fünf Jahre verlängert worden, berichtete Riebel. Dabei betonte er, dass die Berufsfischer freiwillig darauf verzichten würden, die Kormorane in ihren Brutkolonien zu bejagen. Die Fischer würden schießen, wenn sie auf dem See seien – vor allem, wenn Kormorane ihre Netze und Reiser plündern.

Es wären sicher noch weniger Felchen in den Netzen, wenn der Verein sich nicht selbst um den Nachwuchs kümmern würde. Raphael Gebhard, Leiter der Fischbrutanstalt des Vereins, konnte immerhin berichten, dass er nach dem Laichfischfang im Dezember rund 28 Millionen Felcheneier in seinen Brutgläsern hatte – ähnlich viele wie im Jahr zuvor. Die Überlebensrate der geschlüpften Felchenbabys habe zuletzt bei circa 75 Prozent gelegen.

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Um die Erfolgsquote zu erhöhen, arbeite er in der Brutanstalt neuerdings mit elektrisch gesteuerten Futterautomaten. „Das klappt sehr gut.“ Die Fischbabys würden regel- und gleichmäßiger gefüttert als bisher von Hand. Die winzigen Fische seien zudem ruhiger und das Ganze hygienischer. Gebhard hofft, dass die angefütterten Felchenbabys gesund in den See kommen und dort auch wachsen könnten.

Dass die Fischer vom Untersee trotz des weiteren Rückgangs bei den Felchen ein etwas besseres Fangergebnis als 2022 erzielen konnten, lag vor allem an der unerwartet deutlichen Steigerung bei den Kretzern, auch Barsch und in der Schweiz Egli genannt. Der zweite Vorsitzende Werner Keller berichtete, dass beim Kretzer 2023 das Ergebnis mit 14.135 Kilo fast um 100 Prozent besser war als im Vorjahr.

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„Das ist sehr erfreulich.“ Ein ähnlich gutes Ergebnis hatten die Fischer zuletzt im Jahr 2018. Eine deutliche Steigerung habe es auch bei einigen anderen Fischarten gegeben, so Keller. So etwa beim Aal mit 3253 Kilo, beim Hecht mit 8992 Kilo, beim Wels mit 1795 und beim Zander mit 814 Kilo.

Ehrung für Werner Keller

Es war zugleich das letzte Mal, dass Werner Keller die Fangergebnisse vortrug. Nachdem er unglaubliche 52 Jahre lang der zweite Vorsitzende war, wurde er mit großem Dank und Hochachtung geehrt und verabschiedet. „Was Zahlen anging, warst du immer präsent“, würdigte ihn der Vorsitzende Riebel. Zudem habe Keller den Verein und die Reichenauer Fischerei im Landesfischereiverband auch lange nach außen vertreten.

Werner Keller sei zugleich „ein stiller Schaffer“ und in der Gemeinde sehr umtriebig gewesen. So war Werner Keller auch mehr als 40 Jahre lang Gemeinderat. „Du hast den Dank mehr als verdient“, sagte Riebel. Bürgermeister-Stellvertreter Armin Okle würdigte Keller ebenfalls. „Es ist einiges wert, wenn man solche Leute hat.“

Werner Keller war mehr als ein halbes Jahrhundert zweiter Vorsitzender des Fischereivereins.
Werner Keller war mehr als ein halbes Jahrhundert zweiter Vorsitzender des Fischereivereins. | Bild: Zoch, Thomas

Werner Keller dankte für die ehrenden Worte und berichtete, wie er und andere junge Fischer 1972 in den Vorstand gewählt wurden: „Wir kamen dazu wie die Jungfrau zum Kind.“ Ältere Vorstandsmitglieder hätten damals in der Versammlung erklärt, dass sie aufhören. „Wir mussten Verantwortung übernehmen – ohne Vorwarnung. Aber man hat es gern gemacht für die Fischerei.“