Es ist die beste Nachricht seit Jahren für die Berufsfischer am Bodensee. Der Landtag kommt mit seinem Beschluss am Mittwoch wesentlichen Forderungen der Fischer und Angler zur Dezimierung des Kormoranbestands nach. Die Landesregierung muss nun einen Zeitplan für ein international abgestimmtes Management vorlegen, wie der Bestand des schwarzen Vogels am Bodensee reguliert werden kann. Außerdem sollen die Fischer für Fraßschäden des Kormorans entschädigt werden.

„Ich kann es noch gar nicht glauben“, sagt Elke Dilger, Vorsitzende des Verbands Badischer Berufsfischer am Bodensee.
„Ich kann es noch gar nicht glauben“, sagt Elke Dilger, Vorsitzende des Verbands Badischer Berufsfischer am Bodensee. | Bild: Hilser, Stefan

„Ich kann es noch gar nicht glauben“, sagt Elke Dilger, Vorsitzende des Verbands Badischer Berufsfischer am Bodensee, auf Nachfrage. Damit wachse aus Sicht der Fischer die Hoffnung auf eine gute Entwicklung im Umgang mit dem heiklen Thema Kormoran. Dass es jetzt einen Zeitplan geben soll, findet sie gut. Wenn nicht wieder viel Zeit verstreicht, um den Plan aufzustellen. „Wir brauchen schnelle und baldige Maßnahmen“, mahnt die Verbandschefin. Die Fischer dringen darauf, dass ein dreijähriges Fangverbot für Felchen im Obersee allein nicht reicht, um den Bestand des „Brotfischs“ wieder aufzupäppeln.

Entschädigung für Fraßschäden

Elke Dilger befürwortet auch die angekündigten Ausgleichszahlungen. „Wir freuen uns über eine Entschädigung. Wir wollen aber keine Zahlungen, die uns den Fang auf Fisch ersetzen.“ Wichtig sei eine nachhaltige Bewirtschaftung, die den Fischbestand im See schützt und pflegt. Der Kormoran habe auch indirekte Auswirkungen auf den Bestand verschiedener Arten. Etwa dann, wenn der Vogel zur Laichzeit im Dezember Gangfelchen mit dem Bauch voller Eier aus der Flachwasserzone holt und frisst und so den Nachwuchs dezimiert.

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Antrag macht Druck

Den Stein ins Rollen brachte die FDP-Fraktion, die im November den Antrag in den Landtag eingebracht hat. Kurz vor der Debatte im Plenum am Mittwoch legten Grüne und CDU einen Änderungsantrag mit dem gleichen Tenor vor. „Die Landesregierung gibt endlich unserem Druck nach. Lösungen wurden lange genug verschleppt“, kommentiert der FDP-Abgeordnete aus dem Bodenseekreis, Klaus Hoher, der sich seit Jahren für die Belange der Berufsfischer einsetzt. Damit mache das Land einen wichtigen Schritt, um die Empfehlungen des Dialogprozesses „Kormoran und Fisch“ umzusetzen.

„Die Landesregierung gibt endlich unserem Druck nach. Lösungen wurden lange genug verschleppt“, sagt Klaus Hoher, ...
„Die Landesregierung gibt endlich unserem Druck nach. Lösungen wurden lange genug verschleppt“, sagt Klaus Hoher, FDP-Landtagsabgeordneter im Wahlkreis Bodensee. | Bild: Cuko, Katy

Über anderthalb Jahre saßen Beteiligten aus Fischerei, Naturschutz, Wissenschaft und Behörden aller Bodensee-Anrainer mehrfach zusammen, um ein gemeinsames Vorgehen auszuloten. Das erarbeitete Positionspapier lehnten die Naturschutzverbände am Schluss trotzdem ab, weil sie eine massive Reduzierung der Kormorane für nicht nötig halten.

Einigkeit über Parteigrenzen hinweg

Die FDP-Fraktion, aber auch SPD und AfD stimmten am Mittwoch dem Antrag der Regierungsparteien zu, um bei der Problematik Kormoran voranzukommen, teilt Klaus Hoher mit. „Wir werden genau prüfen, ob der Zeitplan der Landesregierung zu einer wirksamen Bestandsregulierung des Kormorans führt“, so der FDP-Politiker. Es brauche einen Ausgleich zwischen Vogel- und Fischartenschutz sowie den Interessen der Berufs- und Angelfischerei.

Martin und Christof Boesenecker sind zwei von rund 60 Berufsfischern am Bodensee, die es noch gibt. Aber nur noch die Hälfte von ihnen ...
Martin und Christof Boesenecker sind zwei von rund 60 Berufsfischern am Bodensee, die es noch gibt. Aber nur noch die Hälfte von ihnen fährt regelmäßig zum Fang raus. | Bild: Cuko, Katy

Als Erfolg wertet Klaus Hoher ebenso, dass der Abschuss von Kormoranen auch in Schutzgebieten kein Tabu mehr sein soll. Zumindest in Baden-Württemberg ist der Kormoran aktuell nicht mehr auf der Roten Liste der Brutvögel. Seit Juli 2010 erlaubt eine Landesverordnung, dass der Kormoran von Mitte August bis Mitte März außerhalb von Schutzgebieten geschossen werden darf.

Abschuss schon erlaubt

Doch gerade in diesen Schutzzonen brüten am Bodensee große Kolonien. Hier braucht es für die sogenannte letale Vergrämung eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung. Die erteilt das Regierungspräsidium, was aber mit hohen bürokratischen Hürden verbunden sei, so die FDP-Fraktion. Seit 2018 wurde 18 Mal die Jagd auf Kormorane in Schutzgebieten genehmigt. Nach Angaben des Landes werden pro Jahr etwa 2000 Kormorane erlegt.

Die Zahl der Brutpaare am Bodensee, hier an der Mündung der Brunnisach in Friedrichshafen, steigt von Jahr zu Jahr.
Die Zahl der Brutpaare am Bodensee, hier an der Mündung der Brunnisach in Friedrichshafen, steigt von Jahr zu Jahr. | Bild: Lena Reiner

Trotzdem wächst der Bestand. 2022 brüteten im Land knapp 1800 Paare, davon rund 1200 allein am Bodensee – 500 Paare mehr als zwei Jahre zuvor. Aus dem seltenen Wintergast der 80er-Jahre in Baden-Württemberg ist ein Dauergast geworden. Schätzungen gehen von 6000 Kormoranen insbesondere am Bodensee im Sommer aus.

Kormorane fangen mehr als Fischer

Diese große Anzahl an Vögeln wird vor allem für die Fischerei und gefährdete Fischarten wie Äsche, Nase oder Aal zum Problem. 300 bis 500 Gramm Fisch frisst ein ausgewachsener Kormoran täglich. Nach Angaben der Landesregierung erbeuten die Vögel über 300 Tonnen Fisch pro Jahr. So viel holten die Berufsfischer seit 2015 nicht mehr aus dem Obersee.

Für Klaus Hoher braucht es aber weiter reichende Maßnahmen. Er verweist auf Dänemark und Schweden. Dort werden Eier in den Kormoran-Gelegen mit Öl behandelt, was die Sauerstoffversorgung unterbricht und ein Ausbrüten der Eier verhindert. „Solche Lösungen brauchen wir auch in Baden-Württemberg“, so Hoher.