Wie ein Bienenschwarm brummen die Motoren, nur um ein Vielfaches lauter. Erdklumpen fliegen, hochgeschleudert von den Reifen, die sich durch den matschigen Boden kämpfen. Benzingeruch erfüllt gleich nach Start des Reichenauer Mofarennens am Samstag um 14 Uhr die Luft.

21 Mofa-Teams drehen vier Stunden lang ihre Runden auf der Wiese hinter dem Gemüsepavillon auf der Welterbe-Insel. Es ist bereits das zwölfte Reichenauer Mofarennen. Das sonnige Wetter zieht viele Schaulustige an, die bei dem Spektakel mitfiebern. Der Regen der letzten Tage hatte den Wiesenboden stark aufgeweicht, sodass ein Team schon nach der Probefahrt wegen einer Panne nicht teilnehmen kann.

„Die letzten Jahre waren immer matschig. Früher haben wir dafür über den staubigen Boden geklagt“, sagt Timo Gut vom Verein Mofafreunde Reichenau. Er gehört zum siebenköpfigen Vorstand, fünf von ihnen fahren mit. Timo Gut kümmert sich um den Ablauf. Ein Team besteht aus mindestens zwei und maximal drei Fahrerinnen oder Fahrern, die sich beim Fahren abwechseln.

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Vor dem Start erstmal an der Zündkerze schrauben

Der Motorhubraum darf maximal 50 Kubikzentimeter umfassen, das Fahrzeug muss über Pedale gestartet werden können, „alles andere ist bei uns egal“, erklärt Timo Gut. Beim Reichenauer Mofarennen nehmen in erster Linie Reichenauerinnen und Reichenauer oder Menschen mit Bezug zur Gemüseinsel teil.

Eine wichtige Bedingung für die Teilnahme auf der Reichenau ist allerdings, dass alle Fahrerinnen und Fahrer vor dem Start erst die Zündkerze selbst hineinschrauben, bevor sie sich auf ihr Mofa schwingen können.

Vor dem Rennstart müssen alle Teams unter den interessierten Blicken der Zuschauer die Zündkerzen in ihre Fahrzeuge schrauben.
Vor dem Rennstart müssen alle Teams unter den interessierten Blicken der Zuschauer die Zündkerzen in ihre Fahrzeuge schrauben. | Bild: Judith Schuck

Sabrina Deggelmann fährt im einzigen Frauenteam, das dieses Jahr beim Rennen mitmacht, und sagt, dass das Zündkerzenreinschrauben bei so viel Publikum und mit dem Adrenalin, das vor dem Rennen im Körper zirkuliere, schon mal länger dauern könne, als üblich. Aber letztlich schaffen es alle Teams. Das Team „Flotter Dreier“ besteht neben Sabrina Deggelmann aus Sandra Sigg und Sarah Allweier.

Team „Flotter Dreier“ mit (von links): Sabrina Deggelmann, Sandra Sigg, Sarah Allweier.
Team „Flotter Dreier“ mit (von links): Sabrina Deggelmann, Sandra Sigg, Sarah Allweier. | Bild: Judith Schuck

Hier kommen Familien und Freunde zusammen

Sabrina Deggelmann nimmt bereits seit 2015 teil. Sie kam über ihren Vater und Bruder zum Mofarennen und übt auf dem familieneigenen Acker. „Mein Vater hilft uns beim Schrauben“, sagt Sabrina Deggelmann, doch dieser ruft gleich rüber, dass er nur Anweisungen gebe und noch mal einen prüfenden Blick auf das Mofa werfe.

Schrauben müssten die Frauen selbst. Sandra Sigg findet es schade, dass sie in diesem Jahr die einzigen Frauen sind und damit außer Konkurrenz fahren. Dies, weil die Männer insgesamt schon mehr Kraft hätten. „Sie reißen den Karren leichter um die Kurve als wir“, ergänzt Sabrina Deggelmann. Die Männer gingen aber rücksichtsvoll mit ihnen um.

Sabrina Deggelmann in Aktion beim Mofarennen.
Sabrina Deggelmann in Aktion beim Mofarennen. | Bild: Judith Schuck

Viele sind schon seit mehreren Jahren dabei

Insgesamt herrscht beim Reichenauer Mofarennen vielleicht mehr Fairness, als bei anderen, professionelleren Rennen. Das hängt sicherlich damit zusammen, dass sich alle irgendwie kennen oder sogar verwandt sind. Lediglich ein Team aus der Schweiz kommt von außerhalb. Hugo Fischer und Marco Kamenzin fahren wie die Frauen ein Mofa der Marke Zündapp. Auch sie sind seit 2015 dabei.

Die beiden nehmen häufiger an Mofarennen teil und haben schon ein bisschen was in das Tuning ihres Motors gesteckt. „Sicher 1500 Euro“, schätzt Hugo Fischer. „Ganz wichtig ist aber neben Motor und Bremsen die richtige Sitzposition“, erklärt er, denn beim vierstündigen Rennen ginge es weniger um Schnelligkeit als vielmehr um Leistung, Zuverlässigkeit und Ausdauer.

Marco Kamenzin und Hugo Fischer fahren häufiger Mofarennen mit ihrem Zündapp Hai.
Marco Kamenzin und Hugo Fischer fahren häufiger Mofarennen mit ihrem Zündapp Hai. | Bild: Judith Schuck

Die Mofarennen-Idee kommt bis heute gut an

Entstanden ist das Reichenauer Mofarennen 2011 aus einer Initiative des Jugendzentrums, das damals einen schwierigen Stand bei den älteren Inselbewohnerinnen und -bewohnern hatte. „Das Juze wollte etwas machen, was Alt und Jung zusammenbringt“, sagt Timo Gut. Auf der Insel besitzen viele ein Mofa, darum lag ein Rennen nahe.

Die Idee kommt bis heute gut an. Schon wenige Jahre später gründete sich der Verein Mofafreunde Reichenau, der seitdem das Rennen austrägt. In diesem Jahr liegt die Altersspanne zwischen 15 und 62 Jahren. Wer die meisten Runden innerhalb der vier Stunden dreht, hat gewonnen. Dabei dürfen die Teams so oft Fahrerwechsel vornehmen, wie sie möchten.

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Das Rennen hat sich zu einem wichtigen Event auf der Insel entwickelt. Es sei aber schon auch mit Eigennutz verbunden, sagt Timo Gut, da es den Teams vor allem um den Spaß ginge. Bei den ersten Durchführungen war die Zeitnahme noch ein Problem. Doch dann baute ein Mitglied, der von Beruf Entwickler ist, aus einem Garagentoröffner einen Zeitnehmer. Der Do-it-Yourself-Charakter des Mofarennens ist durch und durch spürbar.