Georg Lange

Es gibt die Volksmusik und es gibt „die neue Volksmusik“. Brillant kombiniert sie Pop und Rock sowie Dub, Punk, Hip-Hop und Techno mit klassischen Blechblasinstrumenten zu einem völlig neuen und berauschenden Klangerlebnis. Am Konzertsegel ließen sich mehr als 3500 Besucher jeglichen Alters beim Radolfzeller Seefestival vom Blechfieber des Brass anstecken – Messing-Instrumente einmal anders und kombiniert mit Schlagzeug und E-Gitarre.

Mit dabei die Chiemsee-Kult-Band LaBrassBanda und die unnachahmliche Froschenkapelle, die die Festival-Stimmung zum Beben und Kochen brachten sowie Django S, die die Besucher zum ekstatischen Ska-Pogo reizten. Die Friedrichshafener Band Die Brasserie eröffnete das acht Stunden andauernde Musikerspektakel der Extraklasse und mit der Nebenwirkung Suchtgefahr.

Die Brasserie trieb als erste Band das Blech-Fieber am Konzert-Segel so richtig in die Höhe – Nebenwirkungen inklusive.
Die Brasserie trieb als erste Band das Blech-Fieber am Konzert-Segel so richtig in die Höhe – Nebenwirkungen inklusive.

Die Sieger des SWR-Blechduells, Blechsach, vereinigten auf sehr originäre Weise den Jazz mit der Volksmusik. In dieser hochkarätigen Auswahl und mit ausgelassen kribbelnder Festivalstimmung hatte man Brass noch nie in Radolfzell gehört.

Die Band Blechsach bedeutet feinste Harmonien und ein Blech-Sound der geschmeidig Volksmusik mit Pop, Rock und Jazz verbindet.
Die Band Blechsach bedeutet feinste Harmonien und ein Blech-Sound der geschmeidig Volksmusik mit Pop, Rock und Jazz verbindet.

Wenn die Steigerungsform von gut im Deutschen für gewöhnlich besser und am besten lautet, so haben junge Menschen ihre eigenen Superlative für das Adjektiv gefunden: gut, geil, porno. Und genau so beschreibt Alex Erne aus Kaltbrunn das erste Brass-Festival. Radolfzeller zu sein bedeutet für ihn herzlich, genial, nett und gesellig zu sein. Die Hälfte des Publikums kannte er vom Sehen. Und wenn die Musik noch hinzu komme, so sei das die Kirsche auf dem Sahnehäubchen, schwärmt Erne über die Kombination aus Seefestival und Radolfzell.

50 Jahre Froschenkapelle – während andere in diesem stolzen Alter in eine Middlife-Krisis stürzen tritt die Kapelle erst richtig auf und ...
50 Jahre Froschenkapelle – während andere in diesem stolzen Alter in eine Middlife-Krisis stürzen tritt die Kapelle erst richtig auf und bringt die Stimmung am Konzertsegel zum Kochen.

Auch für Manuel Renner aus Freudental war das Brass-Festival ein perfekter Tag. Zum ersten Mal habe er LaBrassBanda gesehen. „Sie ist eine Band, die Spaß macht beim Zuhören“, himmelt Thomas Schneider die Blasmusik-Gruppe vom Chiemsee an. Für den Hüfinger ist der Stil eine neue Erfahrung: Die Hits von heute seien nur noch darauf aus, Profit zu schlagen. Das Festival hingegen spreche Gefühl, Kopf und Herz an – er sei mit allem dabei.

Andrea King aus Lauterbach wurde von der Festival-Stimmung mitgerissen: „Die Froschenkappelle macht einfach Party“. In einem ist King sich sicher: Wenn so ein Festival nochmals stattfände, käme sie wieder. Gerhard Heckner ist Dirigent des Musikvereins Stahringen. Wenn man von irgendetwas angesteckt werden könne, so sei es die Musik. Der Brass verbinde nicht nur die House- mit der Blechblasmusik, sondern auch die Menschen miteinander. Armin Jerg zeigt sich von der Stimmung beseelt: Das Festival sei einzigartig für Radolfzell und einmalig zum Stadtjubiläum. Der Stahringer lobte das Risiko, das die Stadt eingegangen sei und, dass sie hochkarätige Bands für mehrere Tage eingeladen hatte. Das Festival habe für ihn das Zeug zur Wiederholung. Das Festival erhielt aus der gesamten Region Gratulationen und neidvolle Blicke der Nachbarn – nachzulesen auf Facebook anlässlich des Seefestivals.

Blechfieber

Das Blechfieber-Festival entstand aus der Kooperation der Froschenkappelle mit dem Kulturbüro Radolfzell und dem Management zur 750-Jahr-Feier. Die Kapelle feiert parallel ihr 50-jähriges Bestehen. Das vier Tage andauernde Seefestival benötigte ein neues Sicherheitskonzept. Das Kulturbüro erwägt, in zwei bis drei Jahren eine Wiederholung des erfolgreichen Festivals der Blasmusik. Angedacht ist, die Stadt als Festival-Bühne zu nutzen. Während des Blechfieber-Konzerts bedankte sich LaBrassBanda bei den Gemeinderäten der Stadt, den Radolfzellern und den Anwohnern. So ein Festival mit vielen Musikbegeisterten hätten die Musiker noch nie erlebt, sagten sie.