Dreihundert Männer und eine Frau, das ist das akzeptierte Geschlechterverhältnis beim Männerfrühschoppen der Narrizella Ratoldi in der Aula des Friedrich-Hecker-Gymnasiums. Die einzige Frau ist Schulleiterin Ulrike Heller und sie wird von Narrizella-Präsident Martin Schäuble auf dem Fuß nach der Begrüßung "zurück in die Küche" geschickt. Kein schöner Zug, doch wollen und dürfen die Narrizella-Männer über ihre zunehmend schwerer werdende Rolle als Mann bei der Fasnacht und im richtigen Leben wenigstens einmal im Jahr im frauenfreien Raum laut nachdenken. Besonders eindrucksvoll gelingt das, wenn sich diesem Spannungsfeld die Vorzeigemannsbilder Josch Frengele und Benny Bromma von den Holzhauern nähern.

Josch Frengele verlässt sich als Dreikönigs-König Melchior mit roter Pappnase nicht aufs Manuskript. Er hat in diesen digitalen Zeiten "Alexa" mit in die Bütt gebracht, die Computer-Assistentin, die alles besser weiß und das auch sagt. Oder wie Frengele bemerkt: "Sie isch furchtbar schlau." Den Beweis tritt Alexa sofort an. Auf die Frage, was eine Holzhauerfrau im euphorisierten Zustand sagt, antwortet Alexa in einwandfreiem Dialekt: "Etz schtoht de Narrebomm." Alexa weiß noch mehr: Woran erkennt man den Narrizella-Präsidenten? "An seinen roten Backen und seinem Lachen." Dann lacht Alexa ein etwas abgehacktes Schäuble-Lachen. Frengele erntet, was er mit seinen Fragen bei Alexa gesät hat – die Automatendame liest dem "selbstherrlichen" Dreikönigs-Melchior die Leviten: "Du kannst weniger als Brot, Brot kann schimmeln." Tusch und gnadenloser Applaus für Frau Alexa. "Manchmal kannsch Glump brauche", sagt Holzhauer Frengele.


Holzhauer Benny Bromma kommt in ähnliche Bedrängnis. Wenn auch nicht mit einer Automatendame, eher mit einem weiblichen Hänsele und dem männlichsten alle Werkzeuge, das einen Holzhauer durch die Fasnacht begleitet: "Echt unglaublich, wir haben die Axt und die Frauen hacken auf uns rum." Bromma treibt die Kunst der Unterredung in seinem Lied auf die Frau-Mann-Spitze, die nur eine Lösung kennt. Sie lautet: "Ja, Schatz, du hast natürlich recht. Ja, Schatz, Holzhauer sind schlecht. Ja, Schatz, es tut mir schrecklich leid. Ja, Schatz, es war nicht so gemeint." Bis Bromma zu dieser Erkenntnis gelangt, arbeitet er sich an einem wiederkehrenden Gegensatz ab: Der Holzhauer ist stark in Gedanken, das Hänsele stark in der Wirklichkeit.

Und noch eine Frau ist stets präsent, ohne wirklich in der Aula zu sein: Bürgermeisterin Monika Laule. Die öffentlich ausgetragene Dissonanz zwischen Bürgermeisterin und Oberbürgermeister Martin Staab – der erheitert in der ersten Reihe sitzt – bekommt mehr als eine Anspielung ab. Martin Schäuble hat André Schlatter, Vizepräsident der Radolfzeller Partnerstadt Amriswil, in die Bütt gelock und begrüßt ihn mit der Beschreibung: "Er ist quasi die Frau Laule von Amriswil." Schäuble will allen juristischen Auseinandersetzungen vorbeugen und schiebt vor dem Auftritt den Satz nach: "Es dürfen Bild- und Tonaufnahmen gemacht werden." Davor hat ein Rechtsanwalt wie Schlatter so oder so keine Angst: "Wenn einer meine Sprüche aufzeichnen wollte, der bedenke, bevor er kichert, als Schweizer bin ich gut versichert."

Bei der Ballade von Tobias Volz, Schwabe mit Wohnsitz in Allensbach und SPD-Kandidat für den Bundestag, hat trotz prominenter Frauen-Beteiligung kaum einer gekichert. Sein Lied "Ohne Kroko geht die Angie nicht ins Bett" kommentiert Moderator Lothar Rapp trocken: "Ich kenne fünf Wörter, die mit S anfangen: SPD, Schwob, Sau, schlechter, Sänger." Applaus muss beim Männerfrühschoppen selbst bei der Nennung von Frauen hart erarbeitet werden.

 

Rund um die Bütt

Beim Männerfrühschoppen der Narrizella Ratoldi waren in der Bütt: Tobias Volz, André Schlatter, Egon Kenke, Benny Bromma und Josch Frengele. Technische Unterstützung für die Nummer "Alexa" leisteten Robert "Lobo" Grünwald und Detlev Grosbek. Begrüßung: Martin Schäuble. Moderation: Lothar Rapp. Stimmung: Narrenmusik.