Für Myriam Bischofberger klingelt der Wecker um 4.30 Uhr. Wenn sie den ersten Zug ab Bahnhof Konstanz nimmt, erreicht sie ihre Landesberufsschule in Villingen pünktlich zum Unterrichtsbeginn um halb acht. Für ihren Traumberuf Köchin nimmt die 23-Jährige das gern in Kauf, zumal die zwölf Wochen Berufsschule im Jahr sich mit der praktischen Ausbildung in der Konstanzer Brasserie Ignaz abwechseln.
Myriam hat nach dem Abitur in Ulm und eineinhalb Jahren Physikstudium in Konstanz einen Beruf gefunden, der sie erfüllt. "Beim Studium habe ich mich immer mehr gefragt, was ich damit später machen will", erzählt die Auszubildende. "Außerdem fehlte mir der Praxisbezug. In der Küche sehe ich sofort Ergebnisse."
Nun gibt die 23-Jährige Vollgas. Durch ihr Abitur konnte sie die Ausbildung auf zwei Jahre verkürzen. Sie fühlt sich in ihrem Team wohl, genießt das Vertrauen der Kollegen. "Ich darf hier alles machen, das ist nicht selbstverständlich", freut Myriam sich. Im Juli legt sie ihre praktische Prüfung vor der Industrie- und Handelskammer (IHK) Hochrhein-Bodensee ab. "Danach möchte ich ins Ausland gehen und noch ganz viel Neues lernen", sagt Myriam Bischofberger.
Die 23-Jährige gehört zu den momentan 7000 Auszubildenden der IHK Hochrhein-Bodensee. Mehr als 125 Berufe hat die Kammer im Portfolio, hilft Jugendlichen bei der Berufswahl, organisiert Prüfungen. Auch Menschen mit Berufserfahrung, die sich weiterqualifizieren möchten, stehen eine Reihe von Optionen offen. "Wir bieten ein breit gefächertes Angebot an Tagesseminaren, Zertifikats- und Prüfungslehrgängen an", sagt Johanna Speckmayer, Leiterin der IHK-Weiterbildung.
Das Spektrum reiche von Außenwirtschaft bis Vertrieb, von Expertenwissen in Einkauf, Logistik, Marketing sowie Finanz- und Rechnungswesen bis hin zu Personalwesen und Qualitätsmanagement. "Unsere öffentlich-rechtlich geregelten Abschlüsse wie Fachwirt, Industriemeister oder Betriebswirt entsprechen dem Bachelor-Niveau der Hochschulen und sind somit eine Alternative zum Studium", so Speckmayer.
"Irgendwas mit Wirtschaft"
Fati Aledji aus Metzingen entschied sich für einen anderen Weg. Die 25-Jährige, die aus Togo stammt und mit zwölf Jahren nach Deutschland kam, wollte nach dem Abitur studieren – "irgendwas mit Wirtschaft". Die Angebote in ihrer Nähe fand sie zu gewöhnlich. "Also gab ich im Internet die Stichwörter Wirtschaft und Sprache ein und landete auf der Website der HTWG", erzählt Fati.
Nun studiert sie an der Konstanzer Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung im siebten Semester "Wirtschaftssprachen Asien und Management", Schwerpunkt Süd- und Südostasien. Dafür lernt sie Indonesisch und absolvierte ein Auslandsjahr in Malaysia, zur Hälfte an der dortigen Universität und bei der Außenhandelskammer. "Bei meinem Studiengang bekomme ich Einblicke in viele Fächer", lobt Fati Aledji. "An der HTWG schätze ich außerdem die Übersichtlichkeit. Hier kennen die Professoren uns sogar mit Vornamen."
"Meine Schwester studierte schon hier"
Marlene Gärtner dagegen wählte bewusst eine Universität und landete ebenfalls in Konstanz. "Meine Schwester studierte schon hier", erzählt die 27-Jährige. "Als ich sie besuchte, fielen mir beim Blick vom Münsterturm die Dachterrassen auf und ich dachte mir: So eine möchte ich auch haben", sagt sie und grinst. Das hat zwar nicht geklappt, dafür fand Marlene einen optimalen Lernort. Nach dem Bachelorstudium schließt sie nun den Master "Kulturelle Grundlagen Europas" an, Teil des Exzellenzclusters "Kulturelle Grundlagen von Integration".
"Ich genieße die Interdisziplinarität und die Unterstützung durch die Uni", sagt die Studentin und meint damit sowohl forscherische Freiheiten als auch finanzielle Hilfe für den von ihr mitgegründeten Verein Bridging Gaps gegen Rassismus. Marlene hat schon viel von der Welt gesehen, unter anderem bei einem Forschungsaufenthalt in Kamerun und einem Auslandssemester im südafrikanischen Pretoria. Als nächstes möchte sie ihren Doktor machen. "Für meinen Bereich ist die Uni Konstanz ein hervorragender Standort. Es wäre toll, wenn sie auch künftig das Prädikat Exzellenzuniversität behalten dürfte."
Seit 2006 darf die Konstanzer Uni diesen Titel führen. Doch die Hochschule will nicht nur auf dem Gießberg ihr Wissenschafts-Süppchen kochen, sondern ihre Erkenntnisse auch den Bürgern vermitteln. Bei der "Langen Nacht der Wissenschaft", die die Uni mit der Stadt Konstanz, der HTWG und der Pädagogischen Hochschule Thurgau organisiert, werden Forschungsthemen bei Vorträgen, Experimenten und Ausstellungen einem breiten Publikum vorgeführt.
Die Reihe "Grenzgänger Wissenschaft" präsentiert Forschung über Fächer- und Ländergrenzen hinweg. Auch für Kinder veranstaltet die Uni Konstanz seit 2004 jedes Jahr drei Vorlesungen. Pressesprecherin Julia Wandt ergänzt: "Unsere Wissenschaftler beraten zudem Politiker und verfassen Gutachten etwa zur Schulentwicklung oder Integration." Exzellenz und Breitenwirkung: Diese Pole bilden keinen Widerspruch. Und so wird es vielen Menschen gehen wie Marlene Gärtner. Sie sagt: "Ab und zu muss ich raus in die Welt. Und dann komme ich gern zurück nach Konstanz."
Lebenslanges Lernen am Bodensee
- Die Hochschulen: Die Konstanzer Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG) bildet nicht nur Studierende aus, sondern hat auch zwei Institute für wissenschaftliche Weiterbildung: die Lake Constance Business School (LCBS) und die Technische Akademie Konstanz (TAK). Die berufsbegleitenden Angebote richten sich an Fach- und Führungskräfte sowie an Nachwuchskräfte. Gelehrt wird in der Villa Rheinburg am Seerhein. Es geht um die Professionalisierung der Management-Kompetenz, der persönlichen Arbeitstechniken sowie der Kommunikations- und Führungskompetenz. In der TAK werden berufsbegleitend unter anderem Master of Engineering-Studiengänge und ab Oktober 2017 ein Master im Bereich Digitalisierung und Digitaler Wandel angeboten. An der LCBS stehen Masterstudiengänge im Management auf dem Programm, ab Oktober der Abschluss Patentingenieur.
- Die Besonderheit der Universität Konstanz liegt in ihrem Titel: Seit 2006 ist sie in allen drei Förderlinien der Exzellenzinitiative von Bund und Ländern erfolgreich. Diese sind "Zukunftskonzepte" (Entwicklung der Gesamtuniversität), "Exzellenzcluster" (Förderung der Forschung eines Themenkomplexes) und "Graduiertenschule" (Förderung von Doktoranden). Auf das Exzellenzcluster "Kulturelle Grundlagen von Integration" (2006) folgten 2007 das Zukunftskonzept "Modell Konstanz – für eine Kultur der Kreativität" sowie die Graduiertenschule Chemische Biologie. 2012 bekräftigte die Universität ihre Zugehörigkeit zur Spitzenforschung mit einer Graduiertenschule Entscheidungswissenschaften.
- Die Kammern: Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Hochrhein-Bodensee und die Handwerkskammer (HWK) Konstanz kümmern sich um Aus- und Weiterbildung und helfen Jugendlichen bei der Berufswahl. Die HWK bietet in der Bildungsakademie in Singen Kurse zur Meistervorbereitung (Metall, Feinwerk, Elektro, Klempner und Dach) an, hat Angebote zur Weiterbildung (Metall, Elektro und KFZ) sowie Kurse für den beruflichen Wiedereinstieg von Frauen, schweißtechnische Aus-und Weiterbildung.