Wetter, Technik, Personal, Fahrplan und Streiks – jeder kennt die einschlägigen Ursachen für die leider zum Alltag gehörenden Zugverspätungen in Deutschland. Schweizer Züge, die auf deutschem Gebiet verkehren, haben aber noch ein ganz anderes Problem: Die unterschiedlichen Normen in Sachen Bahnsteige. Die führten jetzt im Konstanzer Bahnhof zu kuriosen Szenen. Bevor sich ein Zug nach Kreuzlingen in Bewegung setzen konnte, mussten die Passagiere mehrfach ordentlich auf und ab hüpfen.

„Auf drei springen alle auf“ – diese Durchsage ertönte am Montagnachmittag, 19. Februar, durch einen Zug der Thurbo AG, der in Konstanz stand. Einen entsprechenden Bericht des Schweizer Portals „20min“ bestätigte die Thurbo-Pressestelle dem SÜDKURIER.

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Bei der Thurbo (ein Akronym aus Thurgau und Bodensee) handelt es sich um ein Unternehmen der Schweizer Bundesbahnen und des Kantons Thurgau. Es bedient mit den Linien S14 und S44 auch den Konstanzer Bahnhof. Die Bahn, die am Montag um 15.38 Uhr nach Kreuzlingen starten wollte, steckte allerdings in Deutschland fest. Ein ausgeklappter Klapptritt hatte sich am Bahnsteig verhakt.

Zuerst kam die Ansage, dass sich alle Fahrgäste auf die rechte Seite der Bahn stellen und springen sollten. „Es hat ausgesehen wie im Kindergarten, und alle haben gelacht“, berichtete eine Frau laut „20min“. Dennoch hätten alle Passagiere mitgemacht.

Erster Versuch misslingt

Zunächst habe das Springen jedoch keine Wirkung gezeigt. Daraufhin wurden die Passagiere gebeten, zum vordersten Abteil zu kommen, um sich dort an der rechten Seite des Waggons zu versammeln und noch einmal zu hüpfen. Die Gewichtsverlagerung im Zug sollte bewirken, dass sich der Klapptritt löst.

„Die deutschen Infrastrukturnormen sind leicht abweichend von den schweizerischen, bei gegenseitigem Erreichen der Toleranzwerte kann es zu Berührungen kommen“, sagte Timon Kobelt von der Thurbo AG dem SÜDKURIER. Dies Unterschiede hätten unter anderem mit den geografischen Voraussetzungen der beiden Länder zu tun: „Während in Deutschland viele Bahnstrecken geradeaus führen, gibt es in der Schweiz mehr kurvige Strecken, was einen Einfluss auf die Toleranzwerte hat.“

Lokführer hat noch weitere Möglichkeit

Dem Personal sei das Problem bekannt, deshalb habe der Lokführer gewusst, wie er reagieren müsse. „Die effektivste Maßnahme ist tatsächlich das Umplatzieren der Passagiere“, sagte Kobelt. Der Versuch mit dem Aufspringen sei eher ungewöhnlich, habe aber den Reisenden offensichtlich Spaß gemacht. Eine weitere mögliche Maßnahme wäre das Abtrennen der Luftfederung. Damit würde sich der Wagenkasten absenken.

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Am Montag ging der Plan mit der kleinen Fitnessübung der Passagiere schließlich auf. Der Zug hatte laut Kobelt am Ende 13 Minuten Verspätung, und das bei einer Gesamtfahrzeit von drei Minuten bis in die Konstanzer Nachbarstadt – eine für die als pünktlich bekannten Schweizer Züge geradezu unvorstellbare Überschreitung.