An Symbolen mangelt es bei der Ausrufung des Klimanotstands nicht: Während der als „historisch“ bezeichneten Gemeinderatssitzung erlischt das Licht. Der Nachname der Konstanzer Friday-for-future-Aktivistin Zoe Blumberg, die im Ratssaal eine emotionale Rede hält, ähnelt dem der Klimaikone Greta Thunberg.
War die Ausrufung des Klimanotstands in Konstanz ebenfalls nur symbolisches Getöse, statt der Beginn einer neuen Zeitrechnung für kommunale Politik?
Erinnerungen an die Erklärung zum sicheren Hafen für Geflüchtete
Die Stadt und mit ihr ein noch zu wählender Gemeinderat werden sich messen lassen müssen. An überbordendem Lob für und langen Danksagungen an die Fridays-for-future-Jugendlichen, die gerade ihren Protest von der Straße in die reale Politik tragen und die Resolution in Konstanz erst auf den Weg gebracht haben.
Erst vor einem halben Jahr fiel der Stadt ein symbolischer Beschluss auf die Füße: Ein sicherer Hafen will sie sein, also mehr Geflüchtete aufnehmen als sie gemäß Zuweisungen müsste. Obwohl sie schon für diese keine Wohnungen hat, was den Oberbürgermeister dazu veranlasste, dem Ministerpräsidenten zu schreiben, dass der Beschluss nicht umsetzbar ist.
Wird der Strom der Stadtwerke jetzt doppelt so teuer?
Dass auch die Ausrufung des Klimanotstands Symbolcharakter hat, wird niemand bestreiten. Der Begriff leitet sich zwar vom gesetzlichen Notstand ab, der bei drohender Gefahr den Einsatz außergewöhnlicher Mittel zulässt.
Jedoch wird nicht morgen die Stromrechnung der Stadtwerke-Kunden per Dekret verdoppelt; werden Hausbesitzer nicht enteignet, wenn sie eine Förderung zur Sanierung ihres Altbaus in der Niederburg nicht abgreifen; wird nicht am Ortseingang auf ein generelles Zufahrtsverbot für Autofahrer hingewiesen. Gleichwohl wird der Beschluss Folgen haben – haben müssen.
Und wer soll dafür sorgen?
Erstens, weil mit Fridays for future eine im besten Sinne sture Gruppierung als Gedächtnisstütze parat steht. Zweitens, weil der Gemeinderat nicht nur wohlklingend anerkennt, dass „die Eindämmung der Klimakrise und ihrer schwerwiegenden Folgen als Aufgabe höchster Priorität“ zu erachten ist.
Nein, diesmal sind – anders als beim Thema sicherer Hafen – bereits erste Maßnahmen beschrieben. Sie reichen von der Zielvorgabe einer klimaneutralen Energieversorgung von Neubauten über die geförderte Sanierung des Baubestands bis zur Minimierung des motorisierten Verkehrs durch ein Mobilitätsmanagement. Bei jeglichem politischen Handeln – das haben Stadträte, Ämter und Bürgermeister schriftlich – sind fortan die für Klima-, Umwelt- und Artenschutz günstigere Lösungen zu bevorzugen.
Mächtig, aber auch teuer
Die Resolution zum Klimanotstand kann ein mächtiges Instrument sein, ein kostenloses ist sie ganz bestimmt nicht. Greifbar wird das am Beispiel Wohnen. Bezahlbaren Wohnraum zu schaffen ist für die städtische Wohnbaugesellschaft Wobak schwierig genug, jetzt soll die das auch stets auf dem neuesten energetischen Standard leisten. Auch ist jeder Fördertopf für Gebäudesanierungen von Wohneigentümern einmal leer.
Das Klima ist nicht gratis zu retten
Die Pläne werden die kommenden Haushalte spürbar belasten und zu Konflikten nicht nur beim Wohnen führen. Sondern auch in den Bereichen Kultur oder Sport, um nur zwei zu nennen, etwa wenn dort möglicherweise Förderungen gestrichen werden.
Am Donnerstag gingen die Lichter im Ratssaal nicht zur Verdeutlichung der Anstrengungen aus, die Konstanz beim Klimaschutz bereits tätigt. Sondern schlicht, weil jemand versehentlich den Schalter betätigte. Dass die Ausrufung des Klimanotstands nicht ebenso zum verunglückten Symbol, sondern tatsächlich zu einem historischen Datum wird, gilt es erst noch zu beweisen.