Ein tödlicher Unfall in Hamburg, eine falsche Polizistin und ein weinendes Kind – damit sollte dem Ehepaar Schletter viel Geld abgenommen werden. Sie bekamen einen Anruf, befürchteten ein totes Kind und sollten 30.000 Euro zahlen. Die Rentner aus Hilzingen haben den Betrugsversuch erkannt und sind mit dem Schrecken davongekommen.
Ihre Geschichte zeigt, mit welch drastischen Mitteln Telefonbetrüger ihren Opfern ans Ersparte wollen und wie überzeugend die Anrufe gemacht sind. Denn auch wenn Lothar und Ingrid Schletter inzwischen gefasst wirken: An den Schreck, den sie bekommen haben, erinnern sie sich gut: „Inzwischen haben wir es überstanden, aber mit dem tödlichen Unfall, das war schon happig.“
Am Telefon meldete sich zuerst ein Kind
Das Ehepaar bekam im Januar einen Anruf von einem Kind, das klang wie ihre jüngste Enkeltochter. „Wir haben einen schweren Unfall gehabt, ich kann nicht weiterreden“, sagte das Mädchen mit weinerlicher Stimme. Dann wurde das Telefon von einer Frau übernommen, die sich als Polizistin ausgab. Sie erklärte, es habe einen Unfall mit Toten gegeben. Die Frau fragte verschiedene Daten wie Name und Geburtsdatum von Lothar Schletter und anschließend Daten zu seinem Sohn, seiner Schwiegertochter und seinen Enkelkindern ab. Die Abfrage dauerte lange. „Die haben uns richtig auf die Folter gespannt“, erzählt Ingrid Schletter, die über den Lautsprecher mithörte. „Wir dachten, dass entweder unser Sohn oder seine Frau tödlich verunglückt seien.“

Die Schletters sind nicht die einzigen, die am Telefon mit solchen Aussagen konfrontiert werden. Der Polizei ist diese Masche bekannt. „Mit Kindern oder nahen Verwandten, die in Not geraten sein sollen, will man gezielt einen Schock verursachen und die Opfer zu unüberlegtem Handeln veranlassen“, erklärt Uwe Vincon, Leiter der Pressestelle des Polizeipräsidiums Konstanz.
Die angebliche Polizistin sagte den Schletters schließlich am Telefon, der Sohn des Ehepaars habe bei einem Unfall in Hamburg eine Radfahrerin getötet. Die Radfahrerin sei Mutter zweier kleiner Kinder gewesen. Die Schletters sollten 30.000 Euro Kaution zahlen, damit der Sohn nicht wegen Fluchtgefahr ins Gefängnis kommt.
Bei einem klassischen Enkeltrick wird normalerweise behauptet, dass ein Angehöriger in Gefahr oder verletzt sei. Bei den Schletters wurde dagegen der Sohn als Täter genannt. „Die Betrugsmasche mit der verlangten Kaution ist nicht neu. Wir haben in diesem Jahr schon über 30 derartige Anzeigen im gesamten Präsidiumsbereich aufgenommen. 13 davon im Landkreis Konstanz“, sagt Polizeisprecher Vincon. Im Januar hat laut Polizeimeldung ein Ehepaar in Allensbach nach einem ähnlichen Anruf 20.000 Euro an einen Mann übergeben.
Dem Ehepaar fiel am Telefon auf, dass etwas nicht stimmen kann
In Hilzingen fielen den Schletters trotz des Schocks einige Ungereimtheiten auf. Die Anruferin sagte beispielsweise, die Enkelkinder seien beim Jugendamt in Verwahrung. Das älteste Enkelkind ist allerdings schon 18 Jahre alt. Als Ingrid Schletter die angebliche Polizistin darauf ansprach und Lothar Schletter sagte: „Im Übrigen bin ich misstrauisch, da ich in letzter Zeit öfter vom Enkeltrick gehört habe“, legte die Anruferin auf. Das Hilzinger Ehepaar rief bei seinem Sohn in Hamburg an, um sicher zu gehen, dass es der Familie gut ging. Dort wusste man nichts von einem Unfall, die Kinder waren in der Schule und Sohn und Schwiegertochter bei der Arbeit. Da wussten die Schletters mit Sicherheit, dass jemand versucht hat, sie zu betrügen.
Für die Polizei ist es schwer, die Telefonbetrüger zu fassen. Die Anrufe werden oft vom Ausland aus gesteuert, so Vincon. „Grundsätzlich muss man misstrauisch sein, wenn fremde Menschen anrufen“, sagt er. „Falls der Betrug erst später erkannt und schon Geld überwiesen worden ist, muss man schnell handeln und sofort die Bank informieren. Auf alle Fälle sollte man den Vorfall der Polizei melden.“
Das Ehepaar Schletter hat sich von dem Schock erholt und will andere warnen: „Man hört und liest oft von solchen Sachen und denkt, dass man nicht darauf reinfällt.“ Aber der Anruf mit der Kinderstimme und der angeblichen Polizistin sei erschreckend und überzeugend gewesen. „Wenn man mit dem Tod konfrontiert wird, wird es einem schon anders“, sagt Lothar Schletter.
Tipps gegen Betrugsanrufe
- Beim Anruf: Polizeisprecher Uwe Vincon vom Polizeipräsidium Konstanz rät, am Telefon keine finanziellen oder familiären Informationen zu verraten. Angehörige, die angeblich verletzt sind oder einen Unfall verursacht haben, sollten immer am Telefon verlangt werden. Wenn man einen Betrug befürchtet, soll man immer die Polizei anrufen, und zwar unter der Nummer 110 und nicht über die Rückruftaste.
- Vorher: Laut Vincon kann man sich auch vor Betrugsanrufen und Enkeltricks schützen, indem man den Telefonbucheintrag ändern lässt. „So kann man Vornamen abkürzen, weil sich Betrüger oft an den Vornamen orientieren, da diese Rückschlüsse auf das Alter zulassen“, sagt er.