Nur ein paar Kilometer vom Grenzübergang Gailingen-Diessenhofen entfernt entsteht eine Hanfproduktionsanlage. Die Canexis Pharma AG baut südwestlich von Schlattingen ein Produktionsgebäude, wo sie sich auf die Veredelung von Hanfpflanzen für medizinische Zwecke fokussiert. Um gesetzeskonform zu bleiben, wird nur CBD Hanf mit einem Tetrahydrocannabinol-Gehalt von weniger als einem Prozent verarbeitet.

Im Neubau entstehen Reinräume und pharmazeutische Prozessanlagen, wobei sich die Gesamtinvestitionen auf rund 4,7 Millionen Franken belaufen. Als Endprodukte entstehen Extrakte, Destillate und Isolate der Cannabispflanze. Neben dem medizinischen Markt soll damit der kosmetische und nach Möglichkeit auch der Lebensmittelmarkt bedient werden. Stefan Bokorny stellte bei der symbolischen Grundsteinlegung den zweigeschossigen Attika-Bau vor.

Stefan Bokorny legte eine Kopie der Baubewilligung in die Zeithülse , worüber sich der Projektleiter Ulrich Weber sichtlich amüsierte.
Stefan Bokorny legte eine Kopie der Baubewilligung in die Zeithülse , worüber sich der Projektleiter Ulrich Weber sichtlich amüsierte. | Bild: Thomas Güntert

Bokorny ist Geschäftsführer der Züricher Planungsfirma IE Life Science, die sich auf Industriegebäude für Biotechnologie und Medizintechnik spezialisiert hat. Die Biomasse wird über einen Fahrstuhl in den ersten Stock eingebracht, wo durch Extraktion den Pflanzen Wirkstoffe für den weiteren Produktionsprozess entzogen werden. Die gesamte Produktionskette mit Extraktion, Destillation, Isolation, Trocknung, Abfüllung und Verpackung wird im Neubau erfolgen. Im Obergeschoss wird zudem eine Indoor Hanfanlage untergebracht.

„Ihr bewegt euch in einem hochinteressanten Bereich“, sagte Bokorny und merkte an, dass Canexis bestens gerüstet wäre, wenn eine medizinische Freigabe für Tetrahydrocannabinol erfolgen würde. Der Schweizer Markt benötigt jährlich zwischen 40 und 60 Tonnen Cannabis – ein Umsatz von 340 bis 500 Millionen Franken.

Südwestlich von Schlattingen baut die Canexis Pharma AG ein Betriebsgebäude für die Herstellung von Hanfprodukten.
Südwestlich von Schlattingen baut die Canexis Pharma AG ein Betriebsgebäude für die Herstellung von Hanfprodukten. | Bild: Thomas Güntert

Der Neubau soll bis im Juni 2022 fertiggestellt werden und im Jahr 2023 die erste Auslieferung erfolgen. Im Anschluss an die Vorstellung legte Bokorny eine Kopie der Baubewilligung in eine Kunststoffröhre, die als symbolischer Grundstein einbetoniert wird. Gemeindepräsident Peter Mathys legte das Entwicklungskonzept der Gemeinde Basadingen-Schlattingen in die Zeithülse. Mathys erhofft sich von der neuen Firma lokale Arbeitsplätze und eine Kombination mit der Landwirtschaft.

Laut Canexis werden in Schlattingen zehn bis fünfzehn neue Arbeitsstellen geschaffen. Zudem sollen regionale landwirtschaftliche Betriebe Hanf nach Bio-Standards anbauen. „Wir sind bereits mit einem Konsortium mit Landwirten in Kontakt und fahren erste Probefelder“, sagte Präsident Sebastian Zeller. Langfristig will Canexis weitere Naturheilpflanzen in der Schweiz kultivieren. Zeller bezeichnete Deutschland als das fortschrittlichste Land in Bezug auf die Verwendung von Cannabinoiden als Arzneimittel. „Im deutschen Arzneibuch sind klare Rezepturen für Cannabisblüten und Extrakte hinterlegt“, sagte Zeller.

Die beiden Canexis Geschäftsführer Sebastian Zeller und Adriano Meier nahmen von Stefan Bokorny (von links) eine mit Dokumenten gefüllte ...
Die beiden Canexis Geschäftsführer Sebastian Zeller und Adriano Meier nahmen von Stefan Bokorny (von links) eine mit Dokumenten gefüllte Zeithülse entgegegen, die in den Neubau einbetoniert wird. | Bild: Thomas Güntert

Im Schweizer Nachbarland ist die Nachfrage für medizinischen Cannabis in den letzten Jahren rasant gestiegen. Bislang importierte Deutschland Medizinalcannabis aus Kanada und den Niederlanden. Um den steigenden Bedarf zu decken, soll Hanf zu medizinischen Zwecken künftig auch in Deutschland angebaut werden. Die geplanten Anbaumengen können den Bedarf allerdings nur zu einem Teil decken. Exporte nach Deutschland können von Canexis derzeit nur geprüft, aber noch nicht getätigt werden. „Der nicht medizinische Bereich für CBD-Produkte ist in Deutschland im Gegensatz zum medizinischen Bereich noch nicht klar geregelt“, sagte Zeller.