"Keine Zahl passt mehr überein", erklärt Katja Muscheler. Die Kämmerin der Stadt Engen und ihr siebenköpfiges Damenteam leisteten in den vergangenen Monaten ein enormes Arbeitspensum. Dies erforderte die gravierende Umstellung des Haushaltspanes, die alle Kommunen bis spätestens zum 1. Januar 2020 erfolgen muss. Das neue Haushaltsrecht wechselt von der Kameralistik zu der Doppik-Systematik. Die lehnt sich an die doppelte Buchführung der freien Wirtschaft.

"Das war ein Riesenkraftakt. Insgesamt bin ich aber zufrieden, wie alles abgelaufen ist", betont Katja Muscheler. Seit 2016 beschäftigt sie sich mit dem neuen kommunalen Rechnungswesen, nachdem sie nach dem Mutterschutz an den Arbeitsplatz zurückgekehrt ist. Der damalige Kämmerer und heutige Bürgermeister von Steißlingen, Benjamin Mors, hatte ihr den Rücken freigehalten. "Ich hätte mich auch mit der Rolle der Stellvertreterin begnügt, obwohl ich Anspruch auf die Leitung der Kämmerei hatte", betont Katja Muscheler.

Kämmerin setzt auf Teamarbeit

Die verheiratete Mutter einer vierjährigen Tochter setzt auf Teamarbeit, wie sie das auch von ihren Freizeit-Tätigkeiten kennt. Sie spielt gleich in zwei Musikvereinen mit, in ihrem Wohnort Hattingen und in Emmingen, wo Katja Muscheler ihre Wurzeln hat. "Bei den Proben und den Auftritten kann ich gut von meinen beruflichen Aufgaben abschalten. Es ist ein schöner Ausgleich", sagt sie. Sie beherrscht das Spiel auf der Klarinette und dem Saxophon. Dies soll nun auch mit den geänderten finanztechnischen Instrumenten gelingen. Mit einem neuen Zahlenmodus heißt es für die Engener Kämmerei, statt wie bisher den Verwaltungs- und Vermögenshaushalt zu erstellen nun eine Drei-Komponenten-Rechnung aufzumachen. Die unterteilt sich in die Bereiche Ergebnis-, Finanz- und Vermögensrechnung.

Engen muss viel abschreiben

"Das neue Haushaltssystem ist deutlich umfangreicher als bisher und in verschiedene Produkte untergliedert, bei der Stadt Engen sind dies zehn", berichtet Katja Muscheler. Sie sieht sowohl bei der Kameralistik und bei der Doppik Vor- und Nachteile und ist überzeugt, dass sich das Recht nochmals ändern werde. "Bei der Kameralistik hat der Haushaltsplan die Zahlungsströme ausgewiesen, sodass erkennbar war, woher das Geld kam und wohin es geflossen ist." Als gravierendsten Unterschied berücksichtige das neue kommunale Rechnungswesen in starkem Maße den Ressourcen-Verbrauch. So müssten die Abschreibungen jährlich erwirtschaftet werden. Und diese sind bei der Stadt Engen ein riesiger Brocken. "Wir haben wesentlich mehr städtische Gebäude und Einrichtungen als andere Gemeinden im Hegau von vergleichbarer Größe", schildert Katja Muscheler. Insgesamt seien jährlich 3,5 Millionen Euro für Gebäude und Straßen abzuschreiben.

Statt Rücklagen werden nun die flüssigen finanziellen Mittel ausgewiesen. Die 22 Millionen Euro, welche die Stadt Engen auf der hohen Kante hat, sind laut Finanzplanung Ende des Jahres 2022 bis auf einen kleinen Rest aufgebraucht und es ist sogar eine Kreditaufnahme von 4,5 Millionen Euro fällig. "Es sind lauf Projektliste aber eine ganze Fülle von Investitionen aufgeführt. Ob die alle umgesetzt werden können, darf bezweifelt werden", erklärt Katja Muscheler.