Die Stadt Engen will mit aller Macht raus aus der Fördergesellschaft der früheren Hegau-Bodensee-Hochrhein-Kliniken. "Nachdem der Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz alle Abteilungen in unserem Krankenhaus geschlossen hat, macht ein Verbleib in der Fördergesellschaft keinen Sinn mehr", betonte Bürgermeister Johannes Moser in der gestrigen Ratssitzung. Die Fördergesellschaft regelt die Eigentumsverhältnisse des Hegau-Bodensee-Klinikums mit ihren Standorten Singen, Radolfzell und Engen. "Bei einem Workshop wurde uns in Aussicht gestellt, dass wir unter bestimmten Umständen austreten können", so Moser. "Der Standort Engen wird im Gegensatz zu anderen, wie Radolfzell, total vernachlässigt", wetterte der Bürgermeister. Der Singener Gemeinderat habe zwar in Aussicht gestellt, dass Engen die in die frühere Fusion eingebrachten Klinik-Immobilien wieder zurückkaufen könne, das sei aber nur schlüssig, wenn die Stadt aus der Gesellschaft austreten könne.

Moser verwies auch darauf, dass die Trakte der früheren Krankenhaus-Stationen immer noch leer stünden. Dabei gebe es zwei Interessenten im Gesundheitsbereich. Einer davon wolle sogar 1,3 Millionen Euro investieren. Diese Bereitschaft fehle aber beim Gesundheitsverbund, der auch das Altenheim zu einer Kurzzeit-Pflege-Einrichtung umfunktionieren wolle.

Darüber, dass die Stadt Singen den Austrittswunsch ablehnte, zeigte sich vor allem die Engener CDU-Gemeinderatsfraktion arg enttäuscht. "Wir wollen uns das nicht gefallen lassen und notfalls rechtliche Schritte gehen. Auch über den Rückkauf der Immobilien sollte verhandelt und das Pflegeheim notfalls in eigener Regie betrieben werden. Schon deshalb, weil die Zukunft unter der Führung des Gesundheitsverbundes stark in Frage gestellt ist", so CDU-Sprecher Jürgen Waldschütz.

Etwas moderater gab sich Gerhard Steiner, Sprecher der Unabhängigen Wählervereinigung. "Die Stadt Singen lässt die Muskeln spielen. Wir müssen aber akzeptieren, dass wir derzeit nicht aus dem Vertrag herauskommen. Unser Blick sollte daher nach vorne gehen", sagt er. "Der Betrieb muss im Gesundheitszentrum vorankommen. Immerhin betreibt der Verbund noch das Pflegeheim und bietet Leistungen als Medizinisches Versorgungszentrum an. Wir müssen den Gesundheitsverbund mit Nachdruck in die Verantwortung nehmen", so Steiner. Der Gemeinderat kam überein, dass dem Verbund klar signalisiert werden soll, dass er beim Standort Engen in der Verantwortung stehe. Zudem sollen rechtliche Schritte in Sachen Austritt aus der Fördergesellschaft geprüft werden.

  • Die Singener Sicht: "Unser Rechtsbeistand hat beim Workshop dringend davon abgeraten, dass einzelne Mitglieder der Fördergesellschaft austreten. Das gilt sowohl für Engen als auch Radolfzell", erklärt der Singener Oberbürgermeister Bernd Häusler. Es gebe viele Unwägbarkeiten, welche die Fördergesellschaft belasten könnten, wie drohende Nachzahlungen der Zusatzversorgungskasse. "Der Gemeinderat hat deshalb auch eindeutig gegen den Austritt Engens gestimmt. Er habe aber in Aussicht gestellt, dass Engen Immobilien zurückerwerben könne, falls dies nicht gegen die Interessen des Gesundheitsverbundes spreche", so Häusler.
  • Gesundheitszentrum Engen: Medizinisches Versorgungszentrum mit drei Praxen: Allgemeinmedizin, Kinder- und Jugendmedizin sowie Chirurgie/Unfallchirurgie, dazu das ambulante OP-Zentrum: Es operieren hier neun verschiedene Ärzte (sowohl interne vom Hegau-Bodensee-Klinikum als auch externe, die sich einmieten) aus den Bereichen Unfallchirurgie, Orthopädie, Allgemeinchirurgie und Gynäkologie. Dazu gibt es weitere Praxen von niedergelassenen Ärzten: Gynäkologie, Orthopädie, Augenärzte und eine Physiotherapie-Praxis.
  • Die Anteile: Die Stadt Singen hält 77,9 Prozent Anteile an der Fördergesellschaft für die Hospizarbeit Singen und Hegau sowie Krankenhausbetriebsgesellschaft Hegau-Bodensee-Klinikum. Der Spitalfonds Radolfzell hat 11,7 Prozent, die Stadt Engen 7,4 Prozent und der Landkreis Konstanz 3 Prozent. (bit)