Als der Abend mit dem Titel „Utopie und Hoffnung im Meer der Gleichgültigkeit“ zum 25-jährigen Bestehen des Psychosozialen Zentrums Refugio geplant wurde, hatte wohl niemand damit gerechnet, dass dieses Thema so brandaktuell werden würde und dass mit Heribert Prantl genau der richtige Mensch vor Ort sein wird, um eine Festrede auf Refugio zu halten.

Prantl, der bekannte Journalist und Jurist, der seine Ansichten zum Thema Menschenrechte und Flüchtlingspolitik seit über drei Jahrzehnten immer mit derselben Nachdrücklichkeit vertritt, ist zornig. Denn ausgerechnet heute, so eröffnet er seinen Festvortrag, hat der Bundeskanzler mit einem Machtwort das Grundrecht auf Asyl ausgehebelt, die Innenministerin sich für eine härtere Gangart gegenüber flüchtenden Menschen an EU-Außengrenzen entschieden und der CDU-Vorsitzende populistisch Asylsuchende bezichtigt, sich die Zähne in Deutschland auf Kosten der Allgemeinheit richten zu lassen. All dies macht Heribert Prantl fassungslos.

„Liebe Freunde der Demokratie und der Grundrechte, dies ist wahrlich ein schwarzer Donnerstag“, bringt er es auf den Punkt. Doch auch wenn dieser Tag ein schwarzer sei, so seien Utopie und Hoffnung wichtiger denn je. Dabei ist Prantl gnadenlos gegenüber den aktuellen politischen Entscheidungen und bringt stattdessen die Utopie der Menschlichkeit ins Spiel. Die Utopie, dass man geflüchtete Menschen behandeln müsse, wie man selbst gern in einer solchen Lage behandelt werden würde.

Die „Goldene Regel“ ist dabei eine einfache. „Was Du nicht willst, das man dir tut, dass füg‘ auch keinem anderen zu – genau nach diesem altbekannten Sprichwort müssen wir handeln, wenn es um Geflüchtete geht“, so Prantl unmissverständlich. Denn Europa bestehe nicht nur aus dem Euro, sondern vor allem aus Werten. „Wir können uns einmauern oder unseren Reichtum teilen“, bringt es Prantl auf den Punkt. Zwar mauere sich Europa gerade ein, doch die Pflicht zur Hoffnung müsse stärker sein. „Was würden Sie tun, wenn Sie mit Ihren Kindern in einem Boot auf dem Meer wären? Oder in einem kalten Zelt an der griechischen Grenze kaserniert?“, stellt er eindringlich die Fragen ans Publikum. Mit seinen Worten bewegt Heribert Prantl sichtlich, gestandene Männer im ausverkauften Foyer der Neuen Tonhalle zücken heimlich Taschentücher, um sich Tränen aus den Augenwinkeln zu wischen. Denn mit jedem Wort trifft er zielgenau den wunden Punkt der unheilvoll geführten Flüchtlingsdebatte, die in den letzten Wochen flutengleich aufgewühlt von stürmischen Wahlkämpfen durch die Republik schwappt. Denn, so Prantl, es geht bei Geflüchteten um Menschen, nicht um eine Bedrohung. Die Lust am katastrophischen Denken ist gefährlich, und was Parteien wie die AfD derzeit schürten, sei genau dieses Denken.

Hoffnung dagegen, macht Prantl immer wieder deutlich, ist die Kraft, die Welt nicht zugrunde gehen zu lassen. Für Heribert Prantl jedenfalls ist ein solcher Verein wie Refugio in einem Meer der Gleichgültigkeit wie eine Insel der Hoffnung. „Und genau aus dieser Hoffnung kommt die Kraft zum Handeln“, beschließt er seinen emotionalen Festvortrag, der von einem sichtlich beeindruckten Publikum mit viel Applaus bedacht wird.