
VS-Weilersbach – Mittlerweile ist die kleine Schafherde von Jürgen Schuler im Ortsbild von Weilersbach kaum noch wegzudenken. Seit zwei Jahren grasen die Tiere an einem Hang, mitten im Ort. Laut sind sie nicht. Man sieht sie nur, mal hier, mal da, wie sie friedlich am grünen Gras, an jungen Trieben, oder am Streuobst knabbern.

Tagsüber dösen sie häufig im Gebüsch, fressen erst, wenn es dunkel wird. Das ist vor allem an heißen Tagen so. Einen ausgeprägten Freiheitstrieb hat die Herde nicht. Ein wackeliger Elektrozaun reicht aus, um die Tiere auf der Weide zu halten. Noch nie ist ein Tier ausgebüxt. Das sei bei Ziegen anders, lobt Schuler seine braven Schafe.

Eine Geruchsbelästigung ist im Ort nicht wahrnehmbar. Lediglich direkt im Stall, direkt auf dem Grundstück von Jürgen Schuler, riecht man sie. Dort sind die Tiere im Winter zuhause. Den Rest der Zeit verbringen sie meist auf der Weide. Schafbock Adonis darf derzeit aber nicht raus, darf nur im Garten spazieren gehen. Er hat eine Entzündung im Fußgelenk und muss sich schonen. Damit er nicht alleine ist, hat er Gesellschaft von den Schaf-Damen Samba eins und zwei bekommen.
"Die Tiere besitzen alle einen Namen, wegen ihrer Zuchtpapiere", erklärt Schuler. Es sind Ostfriesische Milchschafe, eine relativ große Rasse. Ausgewachsene Böcke erreichen ein Gewicht zwischen 100 und 120 Kilogramm. Weiblichen Tiere werden nicht ganz so schwer.
Fläche: Die Herde darf sich auf wechselnden Flächen am Hang zwischen der Festhalle und dem Neubaugebiet von Weilersbach frei bewegen. Die Weide erstreckt sich im weiten Bogen bis zur Straße in Richtung Villingen. Rund zweieinhalb Hektar Fläche stehen Schuler mitten im Ort zur Verfügung. Das sei gerade so ausreichend für seine elf Tiere. Rund 1,5 Hektar der Weidefläche gehören der Stadt. Den Rest hat Schuler von Privatpersonen gepachtet, oder mündliche Absprachen getroffen.
Landschaftspflege: Der 59-Jährige leistet mit seinen Schafen einen wichtigen Beitrag zur Landschaftspflege. "Die Tiere grasen nie alle Pflanzen ab", erklärt Schuler das selektive Fressverhalten. Damit werde die Artenvielfalt auf den Wiesen gefördert. Weil viele Blühpflanzen einen bitteren Geschmack haben, werden sie von Schafen verschmäht.
Frische Triebe und Blätter von Büschen und Bäumen lieben sie dagegen. Sie verhindern so, dass der Hang zuwächst und verwildert. Das sieht nicht nur schön aus, es hilft der Gemeinde sogar Geld zu sparen.
Der Kostenpunkt im Haushaltsplan für regelmäßiges Mulchen und Mähen in dem unwegsamen Gelände entfällt. Der Boden vermoost weniger. Der Pachtvertrag mit der Stadt gilt jeweils für zwölf Monate und wird jährlich verlängert.

Fördermittel: Die Arbeit von Jürgen Schuler wird er von der Europäischen Union (EU), dem Bund und dem Land über einen Landschaftspflegevertrag mit rund 320 Euro pro Jahr und Hektar bewirtschafteter Fläche gefördert. Der Vertrag wurde für fünf Jahre geschlossen. Mit solchen Vereinbarungen soll die nachhaltige Landbewirtschaftung sowie der Naturschutz unterstützt werden.

Schuler muss sich im Gegenzug an zahlreiche Auflagen halten, darf zum Beispiel keine Düngemittel verwenden. Möglich wurde der Vertrag, weil die Fläche zum Vogelschutzgebiet "Baar mit Donautal" zählt. Zusätzlich bekommt Schuler eine jährliche Basisprämie von der EU über rund 300 Euro. Diese Prämie erhalten alle Landwirte entsprechend ihrer bewirtschafteten Fläche.
Zustimmung: "Als ich mein Vorhaben 2015 im Ortschaftsrat und in der Gemeindeversammlung vorgestellt habe, gab es auch Bedenken", erinnert sich Schuler. Mittlerweile sei die Skepsis der Bürger gewichen, meint er.

Das beobachtet auch Ortsvorsteherin Silke Lorke: "Die Schafe passen ins Bild, weil unser Ort landwirtschaftlich geprägt ist." Letztendlich würden alle von der Kooperation profitieren. "Der Kindergarten hat mich auch schon besucht", freut sich Schuler, der in Teilzeit bei der Caritas als Alltagsassistent im Familienunterstützenden Dienst tätig ist. Auch die Gruppe habe er schon mit auf die Weide genommen. "Das ergänzt sich gut", sagt er.

Rückkehr in die Heimat: Seit 2015 lebt Schuler wieder im Elternhaus in Weilersbach. Vor fast 20 Jahren wanderte er nach Südfrankreich aus, züchtete dort Schafe und Schweine. Das Fleisch vermarktete er nach Bionorm. Aber nötige, große Investitionen sowie der wachsende Konkurrenzdruck bewegten ihn schließlich, wieder in seine alte Heimat zurückzukehren. Ganz konnte er seine Leidenschaft die Landwirtschaft aber nicht an den Nagel hängen. Mit im Gepäck hatte Schuler bei seiner Rückkehr auch seinen heute vier Jahre alten treuen Begleiter Julien.

Der Hütehund liebt die Arbeit mit den Schafen. Er gehorcht auf französische Kommandos und unterstützt den Landwirt voller Eifer bei der täglichen Arbeit. "Unterstützung bekomme ich auch von meiner Familie, wenn ich meiner Arbeit bei der Caritas nachgehe, oder mal weg bin" erzählt er.

Hauptgeschäft: Den Hauptertrag erwirtschaftet Schüler über den Fleischverkauf. Bis zu zwei Lämmer bringt ein Schaf pro Jahr zur Welt, die im alter von sechs Monaten geschlachtet werden. "Das Fleisch darf ich im Umkreis von 80 Kilometern verkaufen", so der 59-Jährige. Das Fleisch von erwachsenen Tieren muss zu Wurst und anderen Produkten verarbeitet werden. Ihr Fleisch sei zu zäh für den Verzehr. Geschlachtet und verarbeitet wird direkt im Ort. Schuler kooperiert dabei mit Kollegen und einer Metzgerei im Ort. Die Felle verkauft er an einen Gerber in Schiltach. Die Wolle nimmt der Milchschafverband ab, der diese weiterverarbeitet. Im Gegenzug erhält Schuler Produktgutscheine. Die Milch – ein Schaf gibt bis zu sechs Liter am Tag – nutzt die Familie lediglich privat. Für den gewerblichen Verkauf müsste er viele Auflagen und Hygienevorschriften erfüllen. Das rechne sich für einen so kleinen Betrieb nicht.
Wolf: Der Teilzeit-Landwirt hält wenig von der Wiederansiedlung des Raubtieres. "Man schläft schon etwas unruhig, wenn ein Wolf in der Umgebung gesichtet wurde." Der Schwarzwald-Baar-Kreis sei zu dicht besiedelt. Schuler ist dafür, Neuankömmlinge möglichst schnell in geeignete Gegenden umzusiedeln.

Zukunftspläne: Zuletzt hat er in einen Traktor sowie ein Mähwerk investiert, um selbst Futter für seine Schafe produzieren und Kosten sparen zu können. Nun soll ein fester Weidezaun das alte Modell ersetzen. Einen großen Teil der Anschaffungskosten könne er über den Landschaftspflegevertrag finanzieren. Viel Arbeit sei es dennoch, angesichts mehrer Zaunkilometer. In der Adventszeit möchte Schuler in seiner Garage eine Art Weihnachtsmarkt mit Produkten rund um seine Schafe anbieten.