Mit sieben Jahren Haft blieb das Rottweiler Landgericht weit unter der Forderung der Staatsanwaltschaft. Die hatte elf Jahre gefordert für die 54-Jährige, die laut Urteil im Februar 2023 ihren Ehemann in der gemeinsamen Wohnung im Kreis Rottweil mit sechs Messerstichen umgebracht hat.
Die vergleichsweise milde Strafe begründete der Vorsitzende Richter Karlheinz Münzer unter anderem mit der großen Menge Alkohol, die die 54-Jährige in der Tatnacht im Blut hatte – über 3,7 Promille. Und auch damit, dass der Mann schon gegen seine erste Ehefrau gewalttätig geworden war. Das war damals so weit gegangen, dass ein Gericht komplettes Kontaktverbot zu der ersten Frau und den beiden Töchtern verhängt hatte.
Das Paar filmt seinen Streit mit
Vieles, was in der Nacht des 12. Februar passiert ist, war vom Paar selbst dokumentiert worden: Die beiden schrieben sich gegenseitig Beleidigungen, es wurde gefilmt, provoziert, sich beschimpft. „Entwürdigende Videos“, nannte Richter Münzer dies, was sich das Gericht auch ansehen musste. Darauf waren übelste Beleidigungen zu hören, unter anderem nannte sich das Ehepaar gegenseitig „Missgeburt“ und „abgefucktes Arschloch“.
Das Gericht gestand der Angeklagten ebenfalls zu, dass sie sich tatsächlich nicht mehr an die Tat selbst erinnerte, solche punktuellen Gedächtnislücken gebe es durchaus – und schließlich war da noch der enorm hohe Blutalkohol.
Auf der anderen Seite: ein Mordmerkmal, das der Heimtücke. Denn dass die 54-Jährige ihren körperlich überlegenen Ehemann mit wuchtigen Messerstichen töten konnte, sei nur möglich gewesen, weil sie für ihn völlig überraschend zugestochen habe. Schlussendlich lautet das Urteil dann aber doch auf Totschlag.
Gericht glaubt nicht an „akrobatischen Suizid“
Die Frau hatte während des Prozesses immer wieder betont, dass ihr Mann Selbstmord begangen habe, doch das nahm ihr das Gericht nicht ab. „Einen akrobatischen Suizid gibt es nicht“, so Münzer angesichts der Verläufe der sechs Messerstiche. Die habe der Mann sich nicht selbst zufügen können.
Berücksichtigt hat das Gericht auch die Haftempfindlichkeit der Frau, die in Deutschland keine Familie hat: Sie verließ Russland, um mit dem Ehemann, dem späteren Opfer, im Schwarzwald zu leben. Richter Münzer beschrieb die missliche Situation: Sie kam während Corona nach Deutschland und konnte dann erst einmal nicht nach Moskau zurück, sonst hätte sie in Deutschland nicht mehr einreisen dürfen. Und hier sei sie dann festgesessen. Sie, die zuvor einen eigenen Reiseblog betrieben und selbst viel gereist war.