Die Kurgemeinde ist seit Sonntag um eine kulturelle Attraktion reicher. Bei frostigen Temperaturen und zeitweisem Schneefall wurde im Garten des denkmalgeschützten Albert-Schweitzer-Hauses eine Glasvitrine mit sechs Kunstfiguren des Königsfelder Künstlers Jochen Winckler enthüllt. Es handelt sich um eine großzügige Schenkung des Künstlers an die Gemeinde, die ihrerseits Kosten in Höhe von knapp 40.000 Euro für die Herstellung der sieben Meter langen und 2,50 Meter hohen Glasvitrine investieren musste.

Zur feierlichen Zeremonie waren zahlreiche kunstinteressierte Besucher gekommen. Bürgermeister Fritz Link erinnerte an das von Winckler unterbreitete Angebot vor rund drei Jahren, die sechs lebensgroßen Metallfiguren der Gemeinde zu schenken. Verbunden sei damit die Bitte gewesen, diese Kunstwerke dauerhaft als Ensemble zu bewahren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Für ihn und den Gemeinderat sei es keine Frage gewesen, diesem Wunsch zu entsprechen. Mit diesem Kunstschatz werde die Visitenkarte des Kunstortes Königsfeld um ein weiteres Kapitel bereichert, hob der Bürgermeister hervor.

Geboren 1938 in Breslau habe Winckler Flucht und Vertreibung erfahren und 1954 in Königsfeld eine neue Heimat gefunden. Über 40 Jahre habe er als Erzieher am Jungen-Internat der Zinzendorfschulen gewirkt. Sein Lebenselixier bilde jedoch seit über sechs Jahrzehnten das unablässige und nach Präzision und Perfektion strebende künstlerische Handwerk. Mit penibler Ordnungsliebe, emsigem Fleiß und Ästhetik sei die Reduktion auf das Wesentliche Ziel seiner Arbeit, gemäß dem Motto: „Radikale Einfachheit in der Kunst bringt Ordnung in das Chaos des Lebens“, zitierte Link. Winckler lasse – von Zufall und Zweifel inspiriert – aus Blechen, Draht und Fundstücken wie Knochen und Holz in bewundernswerter Detailgenauigkeit neue symbolhafte Figuren entstehen. Dessen Kunst sei Ausdruck menschlicher Kreativität, die spürbar aus dem Dialog mit der Natur hervorgegangen sei.

Die sechs Frauenfiguren in der Kunstvitrine repräsentierten Harmonie und Schönheit des Weiblichen. „Jede dieser Figuren ist ein in bis zu 600 Stunden Arbeit entstandenes, formvollendetes Unikat“, so Link. Nicht nur die räumliche Nähe von seinem Wohnhaus verbinde Jochen Winckler mit Albert Schweitzer, sondern auch eine geistige Verwandtschaft. Deshalb sei der Schenker fasziniert von afrikanischer Kunst und sammle solche Skulpturen, die ihm als Inspirationsquelle für seine Werke dienten. Winckler bezeichne diese sechs Figuren als „Afrikanische Frauen“. Erst vor Publikum werde die Kunst des Künstlers zur öffentlichen Kunst, erklärte Link und enthüllte mit Winckler, begleitet vom Beifall der Besucher, die Vitrine. Zuvor gab Winckler einen Einblick in seine Beziehungen zur Familie Schweitzer und dem Garten, in dem er schon als Schüler gegärtnert hatte.

Der Enthüllung folgte im Kunstraum in der Gartenstraße die Finissage der Ausstellung von Jochen Winckler.