Christina Nack

Königsfeld – „Ich will mit meinen Bildern nicht die Welt verändern“, sagt Lisa Krautheim. „Aber ich will auf die kleinen Dinge im Alltag hinweisen, die große Freude bereiten können.“ Was sie darunter versteht, zeigt die Malerin derzeit in einer Ausstellung in der Lesegalerie im Kurpark: Ein bewohntes Vogelnest in einer Hecke, ein alter Bauernhof, immer wieder Blumen. Die meisterlich durchkomponierten Aquarelle vermitteln nicht nur den äußeren Blick auf ein Motiv, sondern auch die gedanklichen Assoziationen der Künstlerin und Kunstpädagogin aus dem Elsass, die einen Malkreis in Königsfeld leitet.

„Anselm Feuerbach erträumt sich seine Muse“ heißt etwa ein Gemälde, in dem Lisa Krautheim aus dem Kopf des berühmten Maler-Kollegen ein zierliches, nacktes Wesen entspringen lässt. „Mit den Gedanken in Afrika“ steht unter dem Profil von Veronika von Hochberg; auf einer zweiten Bildebene im Hintergrund grüßen verschwommene Frauengesichter vom schwarzen Kontinent. Die Porträtierte gehört zum offenen Malkreis Lisa Krautheims, der sich vor 15 Jahren auf Anregung einer Königsfelder Hobby-Malerin formierte. Seither treffen sich die Schülerinnen regelmäßig mit ihrer Lehrerin und trainieren in deren Regie Technik, Bildaufbau und Farbgebung.

Im Sommer sind die Frauen mit Staffelei und Skizzenblöcken viel im Freien unterwegs. Auch die Ausstellung in der Lesegalerie zeugt von Lisa Krautheims Liebe zur Natur; viele Blumenmotive verraten die leidenschaftliche Gärtnerin. Prachtvolle gelbe Schwertlilien leuchten vor blauem Hintergrund, vom Regen fast zerzauste Pfingstrosen offenbaren ihre fragile Schönheit, ein Hortensienbouquet erzeugt Bewunderung für die verschwenderische Blütenfülle. „Morgen schneide ich den Perückenstrauch, denkt die Gärtnerin“ ist ein Bild von einer Frau im Gartenstuhl tituliert, die verträumt das Wachstum um sich herum genießt.

Zu den meisten Blumen-Motiven lässt sich die gebürtige Wormserin vom eigenen Garten im Elsass inspirieren, wo sie ihren Hauptwohnsitz hat. Bereits als Grund- und Hauptschulschullehrerin unterrichtete Lisa Krautheim das Fach Kunst, hat die eigenen Fertigkeiten zudem an der Europäischen Akademie in Trier geschult und konzentriert sich seit der Pension ganz auf das künstlerische Schaffen.

Die Wintermonate verbringt sie vorzugsweise im wärmeren Karlsruhe, außerdem hat sie seit 20 Jahren einen Zweitwohnsitz in Königsfeld. Sie hatte in der guten Luft hier ihre Allergien therapiert und den Ort lieben gelernt. Mittlerweile ist sie 75 Jahre alt, pendelt nach wie vor in ihrem Dreieck hin und her und ist immer wieder dankbar für die auch künstlerische Strahlkraft der kleinen Schwarzwaldgemeinde und die kreative Aufgeschlossenheit der Menschen.

Gut zwei Dutzend kamen zum Galeriegespräch, bestaunten die lebensfrohen, oft humorvollen und stets pointierten Gemälde, die die Phantasie des Betrachters beflügeln. Den Karlsruher Stadtgründer Markgraf Karl Wilhelm stellt Lisa Krautheim umringt von Tulpenmädchen dar, die einander in praller Sinnlichkeit überbieten. Das ist eine Anspielung auf die Blumenversessenheit des Markgrafen und auf seine Verliebtheit in die Liebe: er soll mit seinen Maitressen rund 30 uneheliche Kinder gezeugt haben.

„Ich möchte mit meinen Bildern auch Geschichten erzählen und die Betrachter zum Weiterspinnen animieren“, kommentiert die Künstlerin ihre gewitzte Komposition. „Vor allem aber möchte ich auf die Besonderheit des Unscheinbaren aufmerksam machen.“

Zur Ausstellung

„Aquarelle und Zeichnungen von Lisa Krautheim" heißt die Ausstellung in der Lesegalerie, die der Verein Kunstkultur Königsfeld organisiert hat. Sie ist bis einschließlich Sonntag, 27. November, zu sehen. Die Lesegalerie im Haus des Gastes ist täglich von 9.30 bis 19 Uhr geöffnet. (cn)