Herr Link, kann man sagen, dass Königsfeld aus einer Phase von Zwist und Uneinigkeit kommt?

Das mag bedauerlicherweise von außen so wahrgenommen werden, würde aber den Sachverhalt unzutreffend verkürzen: Oft artikulieren sich Minderheiten lautstark zulasten der schweigenden Mehrheit. Wir haben aber ein intensives Jahr des Meinungsaustausches hinter uns. Wobei für mich immer die Sach-themen im Vordergrund stehen und dafür lohnt es sich, gelegentlich kontrovers zu diskutieren. Es ist ein Defizit in unserer Gesellschaft, dass wir uns viel zu wenig auseinandersetzen und nicht bereit sind, die Argumente auszutauschen und um die beste Lösung zu ringen. Das haben wir im Jahr 2017 sicher getan, aber ich bin überzeugt, im Ergebnis haben sich diese Diskussionen gelohnt.

Sie sind ein sehr erfahrener Kommunalpolitiker und mussten in der Diskussion zum Zinzendorfplatz auch persönliche Attacken ertragen. Würden Sie sagen, dass sich die politische Kultur da verändert hat?

Manche haben sicherlich den Stil menschlichen Umgangs, den man eigentlich erwarten kann, schmerzlich vermissen lassen. Letztlich muss der Gehalt eines Arguments und nicht seine emotionale Überzeichnung überzeugen. Es ist bedauerlich, wenn Organe der Gemeinde, sei es der Gemeinderat oder auch der Bürgermeister, persönlichen Angriffen jenseits der Sachfragen ausgesetzt werden. Das gehört leider auch zur Meinungsfreiheit, darf aber die Integrität des anderen nicht verletzen. Die politische Kultur hat sich insoweit verändert, als der sogenannte ´Wutbürger´ wenig Rücksicht auf andere Gesichtspunkte nimmt, sondern in der Regel für Partikularinteressen eintritt. Das ist auch legitim, aber wir dürfen als Amtsträger nie den Blick für das Ganze, das Gemeinwohl, aus dem Auge verlieren.

Jüngst gab es wieder Aufregung in zwei Ihrer Ortsteile, in Neuhausen und Erdmannsweiler, wegen des Mobilfunks. Können Sie die Aufregung verstehen?

Nein, wir haben in kürzester Zeit, innerhalb von zwei Tagen, die Bevölkerung informiert und konsequent die kommunalen Beteiligungsrechte im Standortsuchverfahren eingefordert. Es ist natürlich unglücklich, wenn die Telekom, bevor sie das Gespräch mit der Gemeinde sucht, Suchkreise definiert und Standorte wie eine Schule vorschlägt. Wir legen Wert darauf, dass die Ängste und Bedenken der Bürger ernsthaft von der Telekom berücksichtigt werden. Wir wollen einen Sender innerhalb der bebauten Ortsteile vermeiden und erwarten die Bereitschaft der Telekom, nach Alternativen zu suchen. Dazu hat sie sich zwischenzeitlich nach unserer Intervention auch bereiterklärt.

Königsfeld lebt vom Tourismus. Ein Baustein davon ist aber vor einiger Zeit ins Wanken geraten, die Michael-Balint-Klinik. Seit Längerem ist es um die Einrichtung still geworden. Hat sie eine Zukunft in Ihrer Gemeinde?

Es handelt sich hierbei nach wie vor um ein schwebendes Verfahren. Wir müssen nunmehr die rechtlichen Auseinandersetzungen der verschiedenen Bewerber um den Abschluss eines Versorgungsvertrages abwarten. Das kann unter Umständen mehrere Jahre dauern, was für alle Beteiligten unbefriedigend ist. Seitens der Kommune wurden mit dankenswerter, parteiübergreifender Unterstützung unserer Abgeordneten sowie des Landrates alle politischen Möglichkeiten der Einwirkung auf die Entscheidungsträger bei den Krankenkassen und im Sozialministerium genutzt.

Bei den Kliniken gibt es auch eine gute Nachricht, die Erweiterung bei der Mediclin. Sie haben sich sehr dafür eingesetzt, warum ist sie so wichtig?

Wir begrüßen es ausdrücklich, dass der Mediclin-Konzern den Neubau eines Pflegeheimes anstrebt. Die Einrichtung mit 90 Betten, also 52 zusätzlich, bedeutet eine Stärkung des Standortes mit Blick auf Arbeitsplätze, auf die Wertschöpfung vor Ort und vor allem mit Blick auf den demografischen Wandel. Königsfeld hat aufgrund der besonderen Infrastruktur eine hohe Anziehungskraft für Menschen im dritten Lebensabschnitt. Schon heute sind 35 Prozent der Bevölkerung älter als 65 Jahre, sodass der Bedarf nach Betreuung und Pflege kontinuierlich wächst.

Können Sie beim Hotelbau an der Kinderweide auch so positiv sein?

Die Signale stehen planerisch gesehen auf Grün. Was wir nicht absehen können, ist, inwieweit der Projektentwickler die notwendigen Betreiber und Investoren gewinnen kann. Das ist immer ein längerer Prozess, der ist im Gang und es gibt mehrere Interessenten. Im Laufe des Jahres 2018 wird sich zeigen, ob das Vorhaben, zumindest schrittweise, zur Umsetzung kommt.

Es sind auch in anderen Kommunen ähnliche Hotelprojekte angedacht, ich denke beispielsweise an Unterkirnach. Treten Sie hier in Konkurrenz oder können sich solche Ideen gut ergänzen?

Jeder Standort muss für sich die Weiterentwicklungschancen vorantreiben, Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft. Wir sehen insofern jedoch keinen unmittelbaren Wettbewerb zum reinen Familienhotel in Unterkirnach. Wir haben im Schwarzwald generell, und das gilt über unseren Landkreis hinaus, ein Defizit an qualifizierten Hotelangeboten im Vier- bis Fünf-Sterne-Bereich. Insofern wollen wir mit dem angrenzendenGolfplatz neue Zielgruppen erschließen, dafür fehlt uns im Moment das Bettenangebot. Es ist legitim, dass jeder Standort versucht, sein Angebot zu verbessern, und wenn dies in verschiedenen Segmenten an mehreren Standorten geschieht, ergänzt sich das gegenseitig, wovon wir alle als Tourismus-Landkreis profitieren.

Viele Kommunen im Ländlichen Raum müssen um ihre Infrastruktur bangen. Königsfeld hat diese Probleme noch nicht. Ist dieser Zustand in Zukunft haltbar?

Wir müssen uns trotz der gut aufgestellten Infrastruktur nach der Decke strecken. Der Wettbewerb, nicht nur im touristischen Bereich, wird zunehmend härter. Von daher ist es notwendig, dass wir immer wieder Chancen zu Projektentwicklungen wahrnehmen, auch wenn sie vielleicht nicht so erfolgreich verlaufen, wie wir uns das wünschen würden. Jede sich bietende Gelegenheit, dem Standort neue Impulse zu geben, muss heute genutzt werden, sei es im Tourismus, im gewerblichen Bereich, im Einzelhandel oder im Dienstleistungssektor.

Durch Synergieeffekte lässt sich ein bisschen Geld sparen. Sie haben in diesem Jahr mit Mönchweiler zusammengearbeitet und mal in Aussicht gestellt, dass diese Kooperation ausgebaut werden könnte. Was ist denkbar?

Die interkommunale Zusammenarbeit wird für alle Städte und Gemeinden zunehmend wichtiger, denn es gibt Arbeitsbereiche, die eine einzelne Kommune überfordern. Ich nenne beispielsweise die Flüchtlingsarbeit, sprich die Integration. Hierfür haben wir 2017 mit Mönchweiler die Teilzeitstelle eines Integrationsbeauftragten geschaffen. Für 2018 streben wir mit der Stadt St. Georgen an, eine Stelle für einen zusätzlichen Integrationsmanager für die aufsuchende Sozialarbeit auszuschreiben. Ich bin immer offen für interkommunale Kooperation, was etwa auch das 2017 erstmals mit Mönchweiler gemeinsam und erfolgreich durchgeführte Kinderferienprogramm zeigt. Wir werden jetzt mit St. Georgen auch wegen der Unterstützung im Brandschutz durch die Tageseinsatzgruppe der Feuerwehr Königsfeld sprechen. Und auch zur Zusammenarbeit mit der Gemeinde Mönchweiler im Bereich Feuerwehr sind wir grundsätzlich offen. Weitere Gespräche gab es in dieser Hinsicht noch nicht, aber ich denke, das ist ein ständiger Entwicklungsprozess. Man muss jeweils im Einzelfall schauen, wo man sinnvoll zusammenarbeiten kann.

Wenn Sie zum Jahr 2017 ein kommunalpolitisches Fazit ziehen wollen, wie zufrieden sind Sie mit diesem Jahr, und was würden Sie sich für das kommende Jahr wünschen?

Man kann sicher positiv feststellen, dass wir trotz vieler Auseinandersetzungen und Diskussionen die gesteckten Ziele erreicht haben. Wenn der Weg auch etwas länger gedauert hat, als ursprünglich geplant, hoffe ich, dass bei der Umsetzung der anstehenden Projekte die getroffenen Entscheidungen als Mehrheitsvotum respektiert werden, sodass wir uns endlich wieder neuen Vorhaben zuwenden können.

Was werden denn die nächsten Projekte?

Zum einen haben wir die Fortsetzung des Großprojektes Breitbandversorgung zu schultern. Ein Thema, das uns noch bis 2025 beschäftigen wird. Bis dahin werden in der Gesamtgemeinde elf Millionen Euro zu finanzieren sein. Dazu kommt der klassische Bereich der Daseinsvorsorge, zum Beispiel die weitere Umsetzung des Feuerwehrkonzeptes 2020. Uns wird es sicher nicht langweilig und ich bin dankbar, dass wir im Gemeinderat, in den Ortschaftsräten und in der Verwaltung, trotz des anspruchsvollen Arbeitsprogrammes, die notwendige Bereitschaft haben, an einem Strang zu ziehen, um weiter zur Fortentwicklung beizutragen.

Zur Person

Fritz Link, 54, ist in der dritten Amtszeit Bürgermeister der Gemeinde Königsfeld. Er wurde mit 94,4 Prozent der Stimmen wiedergewählt und ist seit 1999 im Amt. Der studierte Jurist stammt aus Neuhausen. (pga)