Das aufgeregte Klappern auf dem Kirchturm war für die Baaremer immer ein eindeutiges Zeichen: Mit der Rückkehr der Störche beginnt auch der Frühling. Doch der fabelhafte Kinderbringer erfüllt auch diesen Job nicht mehr richtig. Schon in den ersten Februarwochen waren die Störche in Geisingen und in Pfohren wieder da und auch in den anderen Nestern in den Baardörfern sind die Bewohner inzwischen zurückgekehrt. Trotzt Meister Adebar, der im Herbst eigentlich der Kälte bis ins sonnige Südafrika entflieht, jetzt dem Winter?
„Nein, die Kälte macht dem Storch gar nichts“, antwortet der Neudinger Storchenexperte Friedrich Widmann beruhigend. „Ein Storch hält sogar Temperaturen bis 20 Grad minus aus“, weiß er. Er beobachtet die Störche hier auf der Baar seit 1994 und bestätigt, dass die Störche im Gegensatz zu früher etwa drei Wochen eher aus der Winterpause zurückkommen. Es mache den Störchen auch nichts aus, wenn Schnee liege, erklärt Widmann. Der bleibe derzeit eh nicht liegen, so dass das kein Problem darstelle. Bei Minusgraden würden sich die Vögel ein fließendes Gewässer suchen und sich dort hineinstellen, um ein Festfrieren ihrer Füße zu vermeiden. Auch ein paar Hungertage überstehe ein Storch problemlos. Widmann: „Wenn es ihnen doch zu viel wird, fliegen sie einfach ein Stück weiter. Die wissen wo sie Futter kriegen." Die nächste Adresse sei für die Tiere dann das Storchenzentrum Affenberg bei Salem. Teilweise versammeln sich dort bis zu 50 Störche. Sie würden dort mit Eintagsküken gefüttert.Auch ihre Ernährungsgewohnheiten haben die Störche angepasst. Zu dieser Zeit würden sie Würmer oder Mäuse fressen, so Widmann. Früher waren Heuschrecken das Nahrungsmittel der Wahl, doch es gebe hier kaum noch welche. Frösche würden Störche gar nicht so mögen, nur wenn sich nichts anderes fänden und der Feinschmecker fresse auch nicht jeden Frosch. Den Mäusefang hätten sich die Störche von den Reihern abgeguckt, ist sich Widmann sicher. Und wie sich an den vielen Erdhäufen überall zeige, gebe es dieses Jahr sehr viele Wühlmäuse. "Junge Störche benötigen täglich etwa die Hälfte des Körpergewichtes, erwachsene Störchen etwa 500 Gramm pro Tag, wobei eine einzelne Mahlzeit bis 400 Gramm betragen kann", erklärt Wolfgang Fiedler von der Vogelwarte Radolfzell.

Selbst die hohe Zahl der im letzten Jahr verendeten Jungvögel beunruhigt Widmann nicht. Der Bestand habe sich erholt. "Als ich angefangen habe, lebte gerade noch ein Brutpaar auf der Baar, aktuell sind es 28." Zuerst kommt das Männchen, etwas später die Partner. Er ist der Nestbauer, schafft das Material heran, sie räumt später um, wie es ihr gefällt – wie im richtigen Leben.
Störche auf der Baar
Lange Zeit gab es den Storch nur noch in Pfohren. Inzwischen brüten Paare regelmäßig in Neudingen, Aasen, Pfohren, Geisingen, Sunthausen, Allmendshofen, Wolterdingen und Kirchdorf. Die Jungtiere fliegen bis nach Afrika, viele der älteren Störche überwintern an der Küste Spaniens. Die männlichen Tiere sind standorttreu. Sie kommen als Erste und warten dann in ihrem Nest auf ihre Partnerin, die auch durchaus wechseln kann.