Im Ernstfall werden hier 4,7 Millionen Kubikmeter Wasser gestaut und ein See mit 70 Hektar Fläche entsteht. Die Rede ist vom Hochwasserrückhaltebecken beim Donaueschinger Stadtteil Wolterdingen. 18 Meter hoch erstreckt sich der imposante Damm hinter dem Dorf und hat maßgeblich die Landschaft des Bregtals verändert. Fast harmlos schlängelt sich das kleine Flüsschen durch die Landschaft. Doch die Breg kann auch anders. Maßgeblich dafür verantwortlich ist die Topografie: Während die Brigach sich eher ruhig und zahm entwickelt, da sie sich nach Villingen einem weiten Tal ausufern und so ihr Hochwasser abgedämpft werden kann, ist die Breg temperamentvoller. Das macht die Kombination aus steilen und engen Tälern, die kaum Ausdehnungsmöglichkeiten bieten, und vielen baulichen Versuchen, den Fluss zu fesseln. Und so reagiert die Breg schnell auf Niederschläge.
Vielen auf der Baar ist noch das Jahr 1990 in Erinnerung. Die Region erlebt eine Jahrhundertflut: Bräunlingen, Hüfingen und Donaueschingen stehen unter Wasser, Menschen werden evakuiert, die Trinkwasserversorgung von rund 30 000 Menschen ist in Gefahr und immer wieder bricht das elektrische Netz zusammen. In der Bräunlinger Innenstadt steht das Wasser 1,50 Meter hoch. Als die Wassermassen abgeflossen sind, bietet sich ein verheerendes Bild und eine noch schlimmere Bilanz: Sechs Menschen verlieren ihr Leben und 15 Millionen Euro Sachschäden sind entstanden. Während die Bewohner noch versuchen, den Schock zu verarbeiten, setzt der Tourismus ein – viele kommen zur Katastrophen-Besichtigungstour auf die Baar. Nur fünf Jahre später gab es das nächste Hochwasser mit ähnlichem Ausmaß.
So etwas soll nicht mehr passieren: Deshalb entstand das 23-Millionen-Projekt bei Wolterdingen, das nicht bei allen auf Gefallen stößt. Viel wurde in den 1990er-Jahren drüber diskutiert. Tüftler entwickelten eigene Ideen. So manch einer hätte statt dem Riesendamm lieber viele kleine Maßnahmen im Oberen Bregtal zwischen Vöhrenbach und Furtwangen gesehen und manch einer hat bis heute noch nicht seinen Frieden mit dem Becken geschlossen. Schließlich wurde ein ganzer Berg weggebaggert und so 370 000 Kubikmeter Schürf- und Schüttmaterial für den Damm gewonnen. Daran können auch der ökologische Durchlass, der weiterhin die Fischwanderung aufrecht erhält, und die ganzen Ausgleichsmaßnahmen nichts ändern. So verpassen die Grünen im Donaueschinger Gemeinderat selten eine Gelegenheit, darauf hinzuweisen. Denn obwohl das Bauwerk seit 2012 fertiggestellt ist, gibt es in Wolterdingen immer noch lokale Projekte, die aus dem Hochwasserrückhaltebecken resultieren und beiweitem nicht abgeschlossen sind.
Doch nach sechs Jahren Bauzeit blicken seit 2012 viele Donau-Anrainer auf Wolterdingen, wenn Hochwasser droht. Denn 23 Gemeinden flussabwärts sollen von dem Bauwerk profitieren. Während das Becken den Hochwasserspiegel in Wolterdingen um 40 bis 90 Zentimeter reduzieren kann, sind es in Sigmaringen immerhin noch 35 Zentimeter und in Hundersingen bei Riedlingen noch fünf bis 30 Zentimeter immerhin fast 100 Kilometer von Wolterdingen entfernt. Die Donau mit ihrer Breg und Brigach als Zuflüsse ist eben nicht nur der Strom, der die Völker in ganz Europa verbindet, sondern auch, wenn die Wassermassen erst einmal steigen, das Hochwasser wie Dominosteine von Gemeinde zu Gemeinde weiterreicht.
Doch während früher das Wasser mehr oder weniger fast ungehindert seinen Lauf in Richtung Ulm nehmen konnte, wird nun in Wolterdingen eingegriffen. Bei normaler Witterung führt die Breg drei bis fünf Kubikmeter Wasser pro Sekunde. Bei Schneeschmelze und Regenfällen können es bis zu 180 Kubikmeter pro Sekunde sein. Doch bei Wolterdingen werden die Wassermassen auf 75 Kubikmeter pro Sekunde gebremst. Während auf der einen Seite des Damms ein großer See entstehen wird, erhalten die 23 Donau-Anrainer bis Riedlingen das Wasser nur noch dosiert. Selbst ein Hochwasser, wie es nur alle 100 Jahre vorkommt, soll somit keine Auswirkungen mehr haben. "Das Becken ist das zentrale Schlüssel-Element im Hochwasserschutz entlang der Donau", sagte Oliver Stenzel, der Projektleiter für das Hochwasser-Rückhaltebecken Wolterdingen vom Regierungspräsidium Freiburg, bei der Einweihung des Beckens. Zusätzliche kleinere Maßnahmen im weiteren Donau-Verlauf sollen das Hochwasser-Risiko weiter reduzieren.
Wie funktioniert das Hochwasserschutzbecken in Wolterdingen? Die Antwort wird Wolfgang Seifriz vom Regierungspräsidium Freiburg den SÜDKURIER-Lesern am Samstag, 26. November, geben. Treffpunkt ist um 14 Uhr direkt am Hochwasserschutzbecken an der Bregtalstraße in Wolterdingen. Die Teilnehmer erwartet ein 40-minütiger Vortrag über das Becken. Anschließend gibt es einen 45-minütigen Rundgang. Karten können Sie gewinnen unter der Nummer 01379/37 05 00 35 (Ein Anruf aus dem Telekom-Festnetz kostet 50 Cent, Mobilfunkpreise können abweichen.) Das Kennwort ist Hochwasser.Das Unwetter aus der Luft bekämpfen
Nicht nur vom Hochwasser ist die Region betroffen. Eine weitere Naturgewalt wütet regelmäßig im Schwarzwald: der Hagel. Seit sieben Jahren sind die Hagelflieger in Donaueschingen und Villingen-Schwenningen im Einsatz. Gegründet hat sich der Verein nach dem großen Hagelunwetter 2006. Der Vorsitzende Heinz Messner erklärt im Interview, wie ihre Arbeit aussieht.
Wie viele Einsätze fliegen ihre Piloten im Jahr?
Dieses Jahr waren es zwölf. Meistens sind es neun oder zehn im Jahr. Vor drei oder vier Jahren hatten wir aber auch schon mal 16 Einsätze im Jahr.
Wie viele Flieger und Piloten haben Sie im Einsatz?
Wie haben eine Maschine fest stationiert in Donaueschingen und derzeit vier Piloten im Einsatz. Einer aus Schwenningen und zwei aus dem Raum Stuttgart. Die Piloten arbeiten ehrenamtlich. Einer hat hauptberuflich ein Fliesenfachgeschäft, die anderen sind Fluglehrer.
Wann wird gestartet?
Die Piloten bekommen morgens um halb acht eine Nachricht vom Wetterdienst, ob Gefahr besteht oder nicht. Besteht Gefahr, muss ein Pilot den Bereitschaftsdienst übernehmen und beobachtet am Flugplatz in Donaueschingen die Wetterlage am Radar. Zieht ein Gewitter mit Hagelwolken heran, dann steigt der Pilot hoch.
Was ist die größte Gefahr beim Fliegen?
Eigentlich gibt es keine. Unsere Piloten fliegen ja nicht in das Unwetter, sondern bleiben unter den Wolken. Und sie gehen kein unnötiges Risiko ein. Es gab schon Situationen, wo die Hagelkugeln die Scheibe des Flugzeugs zerstört haben, aber das passiert sehr selten. Und in den sieben Jahren ist noch nie etwas Schlimmes passiert.
Was genau bewirken die Flieger?
Das Silberjodid, das die Piloten unter den Wolken ausstreuen wird durch die Thermik nach oben geleitet und bringt die Eiskugeln in den Wolken zum Schmelzen. Aus den Hagelkugeln wird höchstens noch Regen.
Was halten Sie Kritikern entgegen, die immer wieder die Wirksamkeit bestreiten?
In den sieben Jahren in denen wir das machen, hatten wir keinen Hagelschlag mehr. Auch wenn uns Grenzen gesetzt sind: nachts ist es zu gefährlich, die Piloten können nichts erkennen, darum ist es dann verboten, zu fliegen.
Fragen: Anja Greiner