Der 9. November ist ein Datum, das Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in seiner letztjährigen Rede in Berlin als ambivalent bezeichnete. So habe die Revolution am 9. November 1918 das Ende des Ersten Weltkriegs gebracht, genau fünf Jahre später habe Adolf Hitler gegen die junge Weimarer Republik geputscht, und 1989 sei an diesem Tag die Berliner Mauer gefallen.
Das schlimmste mit diesem Datum verbundene Ereignis ist jedoch die Reichspogromnacht der Nazis gegen die Juden am 9. November 1938, also vor 82 Jahren.
Musikalisch umrahmt wurde die Feier mit mehreren Friedensliedern
Zur Erinnerung an dieses furchtbare Geschehen, das auch in Stockach seine brutalen und hässlichen Spuren hinterließ, luden die vier Stockacher Kirchen zu einer Gedenkfeier in die Melanchthonkirche ein, in deren Verlauf die Namen der vertriebenen und ermordeten Juden aus Stockach von Pfarrer Michael Lienhard von der katholischen Seelsorgeeinheit Stockach verlesen wurden, während Pfarrer Rainer Stockburger von der evangelischen Kirchengemeinde für jedes Opfer am Altar eine Kerze entzündete. Musikalisch umrahmt wurde die Feier mit mehreren Friedensliedern, vorgetragen von Anne-Kathrin und Kay Schubert von der Freien Christengemeinde, begleitet am Klavier von Pfarrer Lienhard.
Im Mittelpunkt dieser einstündigen, gut besuchten Feier stand der beeindruckende Vortrag von Thomas Warndorf über den Hitler-Attentäter Johann Georg Elser, der auch im benachbarten Konstanz seine Spuren hinterließ. Dies unterstrich Pfarrer Stockburger mit der Bemerkung, dass ihm seine Oma oft erzählt habe, dass Georg Elser, gelernter Schreiner, eine zeitlang in der Schreinerei seines Großvaters gearbeitet habe.
Attentat auf Adolf Hitler scheiterte
Wie wurde Elser zum Attentäter? Dies erklärte Warndorf mit vielen Fragen, die sich Elser zu der damaligen Zeit gestellt habe – unter anderem: „Wohin verschwinden Menschen jüdischen Glaubens?“ Elser habe sich gewundert, dass keiner fragte, wohin denn die Leute alle kommen, obwohl doch schon damals jeder über die berüchtigten Lager Bescheid gewusst habe. Der Plan zum Attentat reifte. Elser fuhr nach München, um im Bürgerbräukeller die Möglichkeit eines Anschlags auf Adolf Hitler zu prüfen. In München erlebte er dann die Pogrome des 9. Novembers, was seinen Entschluss bestätigte.
Elser platzierte eine selbst gebastelte Bombe in der Nähe des Rednerpults, an welchem der Führer sprechen sollte, und war dann zum Zeitpunkt der Explosion – die ja bekanntlich zu spät erfolgte – auf dem Weg in die Schweiz, wo er beim Grenzübertritt verhaftet wurde. Nach unzähligen Verhören und Folterungen wurde er am 9. April 1945 im Lager Dachau ermordet. Elf Tage später befreien amerikanische Soldaten das Lager und am 4. Mai kapitulieren die Nazi-Generale – für Elser zu spät.