Das Fasnachtsmuseum Schloss Langenstein und das Stadtmuseum Stockach profitieren vom bundesweiten Förderprogramm Neustart Kultur. Sie wurden im Programmteil „Kultur.Gemeinschaften – Kompetenzen, Köpfe, Kooperationen“ aufgenommen. Dieses Förderprogramm unterstützt vor allem kleine, auch ehrenamtlich geführte Kultureinrichtungen bei der Entwicklung digitaler Angebote, erläuterte Michael Fuchs, Präsident des Fasnachtsmuseums, bei einem Pressetermin. Kleinen Einrichtungen fehle es oft an Geld und mit der Förderung solle flächendeckend eine kulturelle digitale Entwicklung ermöglicht werden.

Das Förderprogramm hilft Institutionen und Museen bei der Vernetzung und Schaffung von Kompetenzen, mit denen die Häuser langfristig auch eigenständig digitalen Inhalt produzieren können. Mindestens zwei Museen müssen also miteinander arbeiten und können dadurch voneinander lernen.

Große Sammlungen an Zizenhausener Terrakotten

Das Stadtmuseum Stockach und das Fasachtsmuseum bieten dafür die Voraussetzungen: Beide haben die größten Museumssammlungen an Zizenhausener Terrakotten. Diese wurden ab der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts von Anton Sohn und dessen Familie gebrannt und bunt bemalt. Dabei entstanden zahlreiche Figuren oder Gruppen mit Darstellungen christlicher Motive, aber auch der Basler Totentanz, das aus 13 Figuren bestehende Große Orchester, die sieben Schwaben, Napoleon oder Kaiser Ferdinand von Österreich.

Julian Windmöller, seit Anfang April Leiter des Stadtmuseums Stockach, erklärte: „Der gesamte Bestand wurde zunächst erfasst. Es folgten eine wissenschaftliche Aufarbeitung, die Dokumentation, das Fotografien der Exponate und das Anlegen einer Datenbank, die den Besuchern gleichzeitig in beiden Museen zur Verfügung gestellt werden kann.“

Was die Digitalisierung an Mehrwert bringt

Auf Touchscreens lässt sich bald alles Wissenswerte zu den einzelnen Tonfiguren abrufen. Beim Antippen des jeweiligen Exponats kommen Besucher in eine vertiefende Ebene, in der weitere Informationen bereitgestellt werden. Außerdem erfahren die Anwender, wo sich die jeweiligen Tonfiguren befinden.

Julian Windmöller verdeutlichte: „Die digitale Darstellung ersetzt natürlich nicht den realen Besitz der Terrakotten. Aber in beiden Museen kann man sie dann in echt betrachten und auch digital die Bestände sichten.“

Michael Fuchs ergänzte: „Digitalisierung muss immer einen Mehrwert haben. Man muss sich überlegen, wo man sie einbindet, damit sie sinnvoll ist.“ So könne man in diesem Fall Zusatzinformationen liefern, die in diesem Umfang sonst kaum möglich seien.

In 3D wurde eine Werkstatt aus dem 19. Jahrhundert nachgebaut. Die Museumsbesucher erhalten am Touch-Screen bei der Suche nach ...
In 3D wurde eine Werkstatt aus dem 19. Jahrhundert nachgebaut. Die Museumsbesucher erhalten am Touch-Screen bei der Suche nach versteckten Terrakotten interessante Informationen. Bild: Motiondesign Leipzig | Bild: Motiondesign Leipzig

Spiel und lernen vereint

Damit leitete Fuchs auf das zweite Projekt über. „Da simulieren wir etwas. Wir geben den Besuchern die Möglichkeit, in die Welt des 19. Jahrhunderts einzutauchen.“ In 3D wurde eine Umgebung gebaut, die einer Werkstatt aus der damaligen Zeit nachempfunden ist. Es ist eher dunkel und etwas staubig, der Blick fällt auf einen Arbeitstisch mitten im Raum. Darauf befinden sich Stifte, Zirkel, Pinsel, Gefäße, Tuben, Notizzettel, Familienfotos und Skizzenbücher. Zwar gebe es die Original-Werkstatt nicht mehr, jedoch seien noch Fotos und Gegenstände vorhanden, sodass sich die Arbeitsumgebung relativ authentisch rekonstruieren ließ, erklärte Michael Fuchs.

Er schilderte, was an dieser Station passiert: „Die Besucher dürfen in der Werkstatt auf die Suche nach acht Tonfiguren gehen, die Anton Sohns Tochter Nelli versteckt hat. Dabei können Schränke und Schubladen durch Antippen geöffnet werden. Wird eine Tonfigur entdeckt, erzählt ein Sprecher dazu eine Geschichte.“

In 3D wurde eine Werkstatt aus dem 19. Jahrhundert nachgebaut. Die Museumsbesucher erhalten am Touch-Screen bei der Suche nach ...
In 3D wurde eine Werkstatt aus dem 19. Jahrhundert nachgebaut. Die Museumsbesucher erhalten am Touch-Screen bei der Suche nach versteckten Terrakotten interessante Informationen. Bild: Motiondesign Leipzig | Bild: Motiondesign Leipzig

Fuchs führte aus, dieses Einbauen von Spielelementen, wie man sie aus Computerspielen kenne, diene dazu, auf neue, interessante Art Inhalte zu vermitteln. „Videospiele können nämlich nicht nur viel Spaß machen, sondern auch informativ und lehrreich sein. Der passende Fachbegriff dazu lautet Serious Games.“ Im Idealfall gehen Spielen und Lernen so ineinander über, dass der Erkenntnisgewinn ganz nebenbei gelingt. Fuchs sagte, man wisse aus Beobachtungen, dass die Lernmotivation bei spielerischen Ansätzen oft größer ist. Auch komplexe Inhalte würden dadurch leichter aufgenommen.

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Gemälde werden lebendig

Neben der Suche können Besucher auch das Porträt des Künstlers antippen. Mithilfe von künstlicher Intelligenz wird das Gemälde lebendig und Anton Sohn „spricht“ dann selbst über sein Leben.

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Julian Windmöller zeigte sich begeistert von der Kulturgemeinschaft beider Häuser. „Es ist ein wunderbares Gemeinschaftsprojekt, das wir zusammen vorantragen. Die Förderung wurde unter meinem Vorgänger Johannes Waldschütz beantragt und bewilligt. Ich freue mich sehr, dass ich auch noch die Möglichkeit hatte, gestalterisch in den kreativen Prozess eingebunden zu sein.“ Die Arbeiten seien sehr weit fortgeschritten und beide Anwendungen seien Teil der Sonderausstellung, die ab 25. Mai im Stadtmuseum laufe.