Reinhold Buhl

Stockach – Es war wirklich kein Abend für Szenenapplaus. Das lag jedoch sicherlich nicht an den drei Referenten, Christa Knecht, Chefärztin am hiesigen Krankenhaus, Susanne Bernauer, Diabetes- und Wundassistentin und Michael Ritter, Internist und Kardiologe in einer Stockacher Gemeinschaftspraxis: Es lag schlichtweg an der Thematik, bei der es in Konsequenz um Leben und Tod geht. Die Veranstaltung unter dem Motto ´Herz unter Stress – Schicksal Herzinfarkt!?´ zog über 150 Zuhörer an, so dass der Saal im Evangelischen Gemeindehaus bis auf den letzten Platz besetzt war. Veranstalter des Abends war die Deutsche Herzstiftung mit Sitz in Frankfurt am Main, die immer wieder zu interessanten Themen Vorträge anbietet, die dann von ortsansässigen Fachleuten ehrenamtlich gehalten werden. Natürlich sind Themen wie Bluthochdruck, Diabetes, Fettstoffwechselstörungen, Herzinfarkt, Schlaganfall und Nierenversagen nicht vergnügungssteuerpflichtig.

Aber diese Themen scheinen große Teile – vor allem ältere Zuhörer – der Stockacher Bevölkerung anzusprechen. "Ich bin hierhergekommen, weil ich mir als langjähriger Herzpatient neue Erkenntnisse über meine Krankheit und die Medikamentierung dagegen verspreche," berichtet ein Gast. Christa Knecht leitete ihr Referat zum Thema Herzinfarkt mit dem provokanten Satz: "Ja, ein Herzinfarkt ist eine Tragödie – ob diese auch schicksalhaft ist, wird man sehen", ein.

Sie ging in ihrem Vortrag sehr detailliert auf die Funktionen des Herzens ein, erläuterte den sogenannten Kleinen Kreislauf, der sich auf die Lunge beziehe, und den Großen Kreislauf, der das Herz betreffe, erläuterte die beeinflussbaren Risikofaktoren wie das Rauchen, den Bewegungsmangel, Fettsucht und Bluthochdruck sowie die unabänderlichen Faktoren wie Alter, Geschlecht und Gene. Als Wurzel aller Übel bezüglich des Infarktes nannte sie den Bluthochdruck, der der größte Risikofaktor für den vorzeitigen Tod darstelle.

Michael Ritters Schwerpunkt in seinen Ausführungen lag auf der Bedeutung des Blutdrucks, Cholesterin und Diabetes für das Wohlbefinden des Menschen. Er provozierte die Anwesenden mit der Frage: "Weshalb sind Sie heute hierhergekommen – trotz des Fußball-Länderspiels?". Er gab dann selbst die Antwort, indem er erläuterte, dass die Zuhörer gekommen seien, um "ihre Risikowahrnehmung bezüglich Herzerkrankungen zu schärfen". Er forderte die Gäste auf, in ihrem Lebensstil Eigenverantwortung zu übernehmen, auch wenn dies anstrengend sei, und nicht den einfachen Weg zu gehen, den er mit dem englischen Ausdruck "pill in the pocket" umschrieb, bei dem der Patient glaube, wenn er seine Tabletten nehme, sei alles in Ordnung. Und dennoch bezog sich ein Großteil seines Vortags auf die Wirkung von Medikamenten, die in unzähligen großen Studien – vorwiegend in den USA – untersucht wurden und werden. Besonderes Interesse fanden seine Erläuterungen zum Thema Doppelblinde Untersuchungen. Dabei wissen weder der Arzt noch der Patient welches Medikament er verschrieben beziehungsweise eingenommen hat. Nach fünf Jahren wird dann "entblindet", um die echte Wirkung des Medikaments zu erkennen. Dass es dabei zu faustdicken Überraschungen kommen kann, kann sich auch der medizinische Laie vorstellen.

Susanne Bernauer, Diabetes- und Wundassistentin DDG, sprach vom "tödlichen Quartett", womit sie die Faktoren Übergewicht, Fettstoffwechselstörungen, Zuckerstoffwechselstörungen und Bluthochdruck meinte. Sie gab bekannt, dass sie in Stockach eine sogenannte Bluthochdruckschulung anbiete. Dabei wird den Kursteilnehmern in fünf Modulen die Problematik des Bluthochdrucks und dessen Bekämpfung vermittelt.

In einer Schlussrunde hatten die Zuhörer die Möglichkeit, den drei Referenten Fragen zu stellen oder sich zu den verschiedenen Themen zu äußern. Ein Schmunzeln ging durch die Reihen als ein Herr bemerkte: "Wenn ich meine Tabletten nehme, geht´s mir nicht gut, also lasse ich sie weg, und mir geht´s besser." Diesen Satz nahm Ritter dann zum Anlass, die Leute aufzufordern, sich mit ihrem Arzt über die verschriebenen und eingenommenen Medikamente und deren Wirkung zu unterhalten. "Lassen Sie uns wissen, wenn Sie Probleme mit den Medikamenten haben," legte der Mediziner den Zuhörern ans Herz. Nach über zwei Stunden endete ein Informationsabend, der nicht nur die Referenten, sondern auch die Zuhörer gefordert hat. Eine Vielzahl von medizinischen Begriffen, Tabellen, Diagrammen, Zahlen und Schaubildern forderten die volle Aufmerksamkeit der Anwesenden, und tatsächlich hat sich der Satz von Michael Ritter " Ich will Sie heute in die Grundlagen der Medizin einführen" für den einen oder anderen mehr als bewahrheitet. Ein anwesender Herzpatient – er hatte laut seiner Aussage vor zehn Jahren einen Herzinfarkt – war von den Ausführungen sehr angetan und sagte wörtlich: "Der Vortrag von Dr. Ritter hat mir klar gemacht, dass ich meine Lebensweise wiedermal überdenken und das eine oder andere Stück Torte weglassen sollte".

Zur Stiftung

  • Die Deutsche Herzstiftung e.V., die eine Brücke zwischen Arzt und Patient sein möchte, bietet Herzpatienten einen umfangreichen Service, unter anderem einen Informationsservice im Internet unter www.herzstiftung.de
  • Ferner bietet sie kostenlos einen Blutdruck-Pass an, den jeder Interessierte telefonisch unter 069 955 128 400 oder per E-Mail: bestellung@herzstiftung.de unter dem Stichwort "Blutdruck-Pass Herzwochen" bestellen kann.