Als Benjamin Boos sein erstes Radrennen in Steißlingen gewann, war er neun Jahre alt. Der Veranstalter war von seiner Leistung ebenso begeistert wie Benjamin vom Radsport. 2012 errang er Platzierungen für den RMSV Mühlhausen. Ein Jahr danach konnte er schon 22 Siege vorweisen. Danach wechselte er zum RSV Ellmendingen, weil dort ein befreundeter Radsportler fuhr und er dort als junger Sportler gefördert wurde.

Steißlingens Goldjunge, heute 18 Jahre alt, lebt aktuell meist in Erfurt auf dem Sportinternat. In diesem Jahr stehen schon zwei Plätze auf den Siegertreppchen mit dem RSC Erfurt auf dem Erfolgskonto des Bahnradfahrers, der aber auch bei Straßenrennen am Start ist.

Benjamin Boos präsentiert im heimischen Wohnzimmer in Steißlingen sein Regenbogentrikot, das Radsportler bei einem Weltmeister-Titel ...
Benjamin Boos präsentiert im heimischen Wohnzimmer in Steißlingen sein Regenbogentrikot, das Radsportler bei einem Weltmeister-Titel bekommen. | Bild: Susanne Schön

Sport, insbesondere Radsport, übt ungebrochen eine große Faszination auf den jungen Mann aus. Nach seinen Hobbys gefragt, fällt ihm außer Radfahren nur der Fußball seiner Kindheit ein. Seine rare Freizeit verbringt er besonders gerne mit Freunden und Familie. Er ist seinem privaten Umfeld dankbar für die große Unterstützung und Motivation bei Durchhängern. Jetzt ist er zwar meist weit entfernt im Pierre de Coubertin-Sportgymnasium in Erfurt oder auf Wettkämpfen in der ganzen Welt, doch in Gedanken weiß er seine Familie um sich.

„Radsport macht Spaß, man lernt viele Leute kennen und kommt an viele Orte“, beschreibt er seine Motivation auf und fügt an: „Mit Erfolg macht es dann noch mehr Spaß.“ Zudem werde er beim Radfahren „frei im Kopf und könne Sorgen loslassen“. Seine Pläne für die Zukunft drehen sich ebenfalls um Radsport. „Eine Teilnahme bei Olympia 2024 wäre toll“, blickt er hoffnungsvoll in die Zukunft und möchte sich dann mit 21 in der Männerklasse beweisen. Er habe in Erfurt gute Bedingungen dafür, denn der Stützpunkt sei gleich nebenan.

Volle Konzentration kurz vor dem Start: Benjamin Boos und Trainer Christian Degel.
Volle Konzentration kurz vor dem Start: Benjamin Boos und Trainer Christian Degel. | Bild: Frank Mölders

Für welches Team er nächstes Jahr als Erwachsener startet, ist noch nicht klar, doch freut er sich, dass ihn schon mehrere Angebote erreicht haben. Auf jeden Fall will er sein Abitur nutzen, um zu studieren. Sportwissenschaften sollen es sein, denn in seinem Leben dreht sich eben alles um Sport.

Er hat auch gelernt, wie nah Erfolg und Misserfolg beieinander liegen können. Bei der Weltmeisterschaft in Kairo gelang ihm in der Mannschaftsverfolgung über 4000 Meter mit seinem Team der erste Platz. Dann verzichtete er auf seine Paradedisziplin Einerverfolgung über 3000 Meter, um sich für den Mehrkampf (Omnium) am dritten Wettkampftag zu schonen. In der Einerverfolgung war er wenige Tage zuvor Vize-Europameister geworden.

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Der Mehrkampf war dann ein Wechselbad der Gefühle. Eine der Teildisziplinen beendete er auf dem zehnten Platz, im folgenden Temporennen gelangte er auf Platz vier, in einer weiteren Disziplin gewann er und war damit Zweiter in der Gesamtwertung. Bei den abschließenden acht Sprints aber gelang ihm kein überzeugendes Ergebnis und damit erreichte er am Ende nur Platz sieben in der Gesamtwertung.

Ein Sturz bringt Enttäuschung

Richtig zu knabbern hatte er am Ausfall im Madison-Rennen, ein Zweier-Mannschaftsfahren. Mit Nicolas Zippan lag er nach über der Hälfte des Rennens klar in Führung. Doch dann beendete ein Sturz den Traum von der zweiten Goldmedaille bei der Weltmeisterschaft.

Trotzdem: Am Ende blieb immer noch die Freude über Gold in der Mannschaftsverfolgung. Dass er eine Goldmedaille bei der Weltmeisterschaft gewonnen hat, kann er noch gar nicht so richtig fassen. Andererseits sagt er auch: „Es fühlt sich gut an, aber so wirklich geändert hat sich nichts.“ Denn: Nach dem Sieg ist vor dem Training und so tritt er bereits wieder motiviert in die Pedale, um Steißlingens Goldjunge zu bleiben.