Den Sprung in den Rhein hat Rory Graham, alias Rag‘n‘Bone-Man, bereits vor vier Jahren bei seinem Auftritt am Schaffhauser Festival Stars in Town 2018 gewagt. „Dieses Mal ist seine Band baden gegangen“, verrät Festival-Sprecherin Nora Fuchs und meinte das natürlich wortwörtlich und keineswegs im übertragenen Sinne.
Für Graham war die Bühne auf dem Herrenacker inmitten der Schaffhauser Altstadt ebenso bekanntes Terrain, wie für Büne Huber und seine Mitmusiker von Patent Ochsner, einer der großen Schweizer Mundart-Popbands. Fast immer, wenn die Berner seit 1991 ein neues Album herausgebracht haben, erreichte es die Spitze der Schweizer Hitparade. So auch beim aktuellen Album „Cut up“, das 2019 erschienen ist und eigentlich schon 2020 auf dem Herrenacker live vor Publikum präsentiert werden sollte.
Patent Ochsner ist erfolgreich wie nie zuvor
„Es sind verrückte Zeiten“, begrüßte Huber das Schaffhauser Publikum und machte aus seiner Freude, dass die zwölfköpfige Band endlich wieder auftreten kann, keinen Hehl. Quer durch die Schweiz sind sie aktuell unterwegs. „Cut Up“ nennt sich eine Technik der Beatpoeten, die ihre Notizen zerschneiden, durchmischen und nach Zufallsprinzip neu zusammenkleben.

Vergleichbares machte Büne Huber nach einer Reise in den Süden. Alles, was er damals notiert, gekritzelt, gedichtet und skizziert hatte, nahm er auseinander und baute es neu zusammen. Die Band um Büne Huber bewegt sich auf der sonnigen Seite des Lebens und die Band klingt frisch und verspielt. Patent Ochsner ist so erfolgreich wie nie zuvor und sämtliche Auftritte der letzten Monate waren restlos ausverkauft.
Von Reggae bios Rägäbogä
Die Band zeigt auf der Bühne schnell, was sie kann. Die Musiker packen die große, musikalische Vielfalt aus und scheuen sich nicht davor, zu ungewohnten Instrumenten zu greifen – beispielsweise wenn Heidi Happy die Mandoline spielt, oder Alex Hinrichsen mit der Klarinette begeistert. Mal gibt es „Canzone italiana“ mit stimmlicher Unterstützung von Stefania Campagna, mal einen „Be yourself“-Reggae, bevor Rag‘n‘Bone-Man die Bühne betreten darf.
Doch zuvor geschieht etwas Außergewöhnliches: Patent Ochsner – der Bandname stammt von einer Aufschrift auf Abfalleimern und Müllcontainern – gibt zwei Zugaben. Bis ganz zum Schluss musste das mitsingende Schweizer Publikum auf den aktuellen Hit „Für immer uf di“ warten – und Huber erhob musikalisch ein Glas auf alle: auf die Band, die 6500 Besucher im Publikum und die über 600 ehrenamtlichen Helfer, die das Festival in dieser Form erst möglich machen.

Graham und Band warteten indes geduldig, bis die Bühne für das große Finale bereit ist. Ungeduldig erwartete das Publikum den 1,90 Meter-Hünen, der nach seinen Hit „Human“ 2017 jede Menge weiterer Hits produzierte.
Ein Gigant, der Mensch geblieben ist
Der Überflieger aus Großbritannien hat nicht nur das Gefühl für den Blues, sondern auch die Power: Er fesselt mit seiner Stimme und zieht das Publikum in den Bann. Als Gigant, der Mensch geblieben ist, beschreiben ihn diejenigen, die ihm in Schaffhausen begegnet sind, bevor er gegen 22 Uhr die Bühne betritt und sein Publikum begeistert.
Graham tritt ans Mikrofon und lässt seine gewaltige Stimme wirken. Er freue sich, wieder in Schaffhausen zu sein, rief Graham den Besuchern auf dem Herrenacker zu und ließ trotz reichlich Soul und etwas Gospel-Einflüssen auch seine Rap-Vergangenheit immer wieder durchblicken. Für den satten Sound hatte er eigens eine Bläser-Formation mitgebracht. Sie sorgten dafür, dass die altbekannten Songs mit neuen Facetten anders arrangiert ganz neu und manchmal sogar ungewohnt klangen. Mit seiner authentischen Art spielte sich der Sänger direkt in die Herzen des Schaffhauser Publikums.
Einstige Schülerband auf großer Schweizer Bühne
Den Startschuss gaben die Chartstürmer von Milky Chance, die mit reichlich Bässen das Publikum bedienten. Die beiden Kasseler Clemens Rehbein und Philipp Dausch haben nicht nur in der Schweiz großen Erfolg, sie sind weltweit unterwegs. Sie wummerten ihre allesamt handgemachten Hits über den Herrenacker.

„Die erste Single aus dem Debütalbum Stolen Dance platzierte sich in den Charts beinahe sämtlicher Pop-Länder, verkaufte sich alleine in den USA zwei Millionen Mal und auch ihre folgenden Singles Flashed Junk Mind und Down By The River entwickelten sich zu internationalen Hits, ebenfalls mehrfach vergoldet“, schreiben die Schaffhauser Festivalmacher.