Eigentlich sieht alles ziemlich fertig aus. Die Tiefgarage am Herz-Jesu-Platz ist seit über einem Jahr in Betrieb, die neu gebauten Mehrfamilienhäuser sind bewohnt. Nur im Café im Punkthaus an der Ekkehardstraße herrscht noch gähnende Leere. Dabei weisen schon seit Wochen Großbuchstaben an den Fensterscheiben auf die baldige Neueröffnung eines Cafés der Rielasinger Bäckerei Schoch am Marktplatz hin. Die Aufschrift „Psssst ...“ suggeriert den Passanten, dass sie Zeugen eines brandheißen Geheimnisses sind. Weil sich hinter den Scheiben im Erdgeschoss aber nichts tut, kommen Fragen auf. Ob sie sich das anders überlegt hätten mit dem Singener Café, fragen die Kunden am Stammsitz in Rielasingen nach.
Geschäftsführerin Isabelle Burkart-Marinovic wehrt ab
Sie versteht zwar die Fragen, aber von Rückzug könne absolut nicht die Rede sein. „Die Verzögerung ist alleine der Corona-Pandemie geschuldet“, sagt die Chefin. „Die Pandemie hat uns einen Streich gespielt. Wir wollten das Café mit Bäckerei und Konditorei ursprünglich im April eröffnen. Wegen des ersten Corona-Lockdowns konnten aber die Materialien für den Ladenbau nicht geliefert werden.“
Anregungen in London
Für das Café in Singen hatte die Geschäftsführerin sogar eine Reise nach London unternommen, um sich dort Anregungen für die Innenausstattung zu holen. Und sie kam mit vielen Ideen zurück. „Shabby-Schick kam für uns nie in Frage“, sagt sie. „Wir setzen auf langlebige Materialien, klassisches Design und warme Farben mit viel Grün.“ Grün meint nicht nur die Farbe, sondern auch Pflanzen. Die Theke wird schlicht gehalten, weil die Aufmerksamkeit auf die Torten gerichtet werden soll.
100 Beschäftigte an acht Standorten
Etwa ein halbes bis zu einem dreiviertel Jahr werde der Innenausbau noch in Anspruch nehmen, sagt Julian Hold vom Siedlungswerk, das die Häuser am Herz-Jesu-Platz gebaut hat. Das Siedlungswerk vermietet das Café im Erdgeschoss an die Familie Burkart-Marinovic. Die hat die Rielasinger Traditionsbäckerei, die bereits 1903 gegründet wurde, zu einem mittelständischen Unternehmen mit rund 100 Beschäftigten an bald acht Standorten ausgebaut.

Fußboden aus Vogelaugenahorn
Für das Café am Herz-Jesu-Platz hat sich die Chefin einen Fußboden aus Vogelaugenahorn aus dem Raum Bergamo ausgesucht. Schiffsplanken sollen dem Café mit Lounge einen exklusiven Anstrich geben. Für die Ladenbauer von Cubus 3 ist das eine Herausforderung, denn schon im ersten Lockdown kam der Lastwagen mit den Hölzern aus der Region Bergamo nicht über die Grenze.

Keine Handwerker in Corona-Zeit
„Wir möchten eine Oase schaffen, in der die Gäste traditionelle Kuchen und Kaffeespezialitäten genauso verzehren können wie kleine Mittagessen oder vegetarische und vegane Gerichte“, erläutert Isabelle Burkart-Marinovic die Pläne. Dafür muss eine Küche eingebaut werden. Die Abluft wird über das Dach abgeführt. Auch die Lüftung, eine Art Luftschleier, der über die große Fensterfront geleitet wird, ist keine alltägliche Lösung. Insgesamt spricht Julian Hold von einer extrem hochwertigen Ausstattung. „Wir tun uns schwer, nach einem halben Jahr Corona-Stillstand entsprechende Handwerker zu finden“, sagt er.
54 Sitzplätze innen, 48 außen
Mit einer Fläche von 216 Quadratmetern wird das Café relativ groß. 54 Sitzplätze sind innen geplant, weitere 48 für den Außenbereich. Zwölf bis 15 Mitarbeiter sollen künftig den Laden und das Café umtreiben. „Wir hatten das Personal schon vor dem ersten Lockdown eingestellt und eingearbeitet“, erklärt Isabelle Burkart-Marinovic. „Einen Teil konnten wir in anderen Filialen einsetzen.“