Herr Warndorf, Sie sind Beauftragter für Öffentlichkeitsarbeit am Museum Art & Cars (MAC) und können gewissermaßen Ihre Leidenschaft fürs Auto auch bei der Arbeit ausleben. Ist das heute, wo der Klimawandel immer konkreter wird, noch zeitgemäß?

Selbstverständlich. Diese Individualität ist ein Stück Freiheit und Freiheit ist durchaus zeitgemäß. Im Moment haben wir die Tendenz, alles zu vergesellschaften und individuelle Freiheit zu beschneiden. Ich will mir aber nicht verbieten lassen, mit dem Auto irgendwo hinzufahren. Autos in Innenstädten komplett zu verbieten, ist nicht zielführend.

Für jemanden, der SPD-Mitglied ist und in Stockach jahrelang für die SPD im Gemeinderat war, klingt das recht überraschend.

Die individuelle Freiheit hat natürlich ihre Grenzen, wo es andere Interessen gibt. Aber ein Komplettverbot? Da ist die Stadt Singen schon gut unterwegs mit dem Konzept, Autos in Parkhäusern rund um die Innenstadt abzufangen und ein Angebot zu machen, statt ein Verbot auszusprechen.

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Wünschen Sie sich die alte Autostadt Singen zurück?

Nein, die kann man sich nicht zurückwünschen. In den 1990er-Jahren, als ich beispielsweise fürs Radio von den Rennen der Deutschen Tourenwagen Masters (DTM) berichtet habe, hatte Singen noch ganz andere Voraussetzungen. Der Aluminium-Bau für Audi war damals ein großes Thema in der Stadt, weswegen sich das Unternehmen zeitweise bei der DTM in Singen engagiert hat. Diese Uhr kann man nicht zurückdrehen – und sollte es auch nicht tun.

Wie sehen Sie den Weg der Stadt Singen in Richtung neue Mobilität?

Als individuelles Fortbewegungsmittel wird das Auto der wichtigste Bestandteil der Mobilität bleiben, davon bin ich bei allen anderen Bemühungen überzeugt. Allerdings muss man manches überdenken, zum Beispiel die kostenfreie Nutzung des öffentlichen Raumes durch Autos. Da hätte ich kein Problem damit, den Parkraum noch mehr zu bewirtschaften und beispielsweise Dauerparker in die Parkhäuser zu lenken.

Thomas Warndorf (links) und der Singener SÜDKURIER-Redaktionsleiter Stephan Freißmann beim Interview im Museum Art and Cars (MAC) in Singen.
Thomas Warndorf (links) und der Singener SÜDKURIER-Redaktionsleiter Stephan Freißmann beim Interview im Museum Art and Cars (MAC) in Singen. | Bild: Freißmann, Stephan

Wie kam es überhaupt zu dieser Leidenschaft für Autos?

Das wurde mir wahrscheinlich in die Wiege gelegt. Schon als Jugendlicher in Stockach war es mir wichtig, mit 18 Jahren den Führerschein zu machen. In jungen Jahren hatte ich auch selbst mal Oldtimer, einen Porsche 356 und einen Volvo PV 544, ein Buckel-Volvo. Beim Radio habe ich später auch Autotests gemacht und war an der Organisation der DTM-Rennen in Singen beteiligt. Und jetzt berate ich das Museum Art & Cars (MAC) in allem, was Kommunikation angeht. Der Kontakt zur Stifterfamilie Maier kam übrigens schon in meiner Zeit beim Radio zustande. Als meine Frau und ich von Stockach nach Singen gezogen sind, hat es sich relativ rasch ergeben, dass ich nun im Museum mitarbeite, denn heute ist kein Museum mehr ein Selbstläufer. Auch im Beruf hat mich das Thema Auto also begleitet. Ein Leben ohne Auto kann ich mir nicht vorstellen.

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Wie sind Sie selbst heute mobil?

Das Thema Oldtimer ist für mich erledigt, wir haben einen simplen Opel Astra mit Drei-Zylinder-Dieselmotor. Ein Elektroauto ist für mich noch kein Thema, da sind Infrastruktur und Reichweite noch zu große Probleme. Dabei stellen wir Elektro-Autos im Museum durchaus aus, denn der Auto-Teil des Museums ist keine reine Oldtimer-Ausstellung. Es geht auch um topmoderne Fahrzeuge, zum Beispiel Studien, die für E-Mobilität gedacht sind oder als Technologieträger angefertigt wurden. Von zu Hause zur Arbeit im Museum kann ich problemlos laufen und tue das auch sehr gerne. Und ich habe eine Zehnerkarte für den Singener Stadtbus.

Die Treibstofffrage für das Auto der Zukunft wird derzeit heiß diskutiert. Wie sehen Sie die Diskussion um synthetische Kraftstoffe, die E-Fuels?

Das wird die Zukunft des Verbrennungsmotors sein – und es gibt eine Menge Fahrzeuge, die nicht elektrisch fahren können, nicht nur Oldtimer. Und das gilt auch, wenn Elektroautos in der Entwicklung gerade weiter sind.

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Der entscheidende Kritikpunkt an E-Fuels ist die mangelnde Energieeffizienz.

Die stimmt noch nicht, das ist richtig. Aber das ist eben jetzt im Entwicklungsstadium so. Und bis man mit den neuen Techniken die CO2-Neutralität erreicht hat, das wird noch dauern. Kein Minister der Welt kann den Treibhausgasausstoß senken, wenn die Industrie nicht dabei ist. Insofern halte ich E-Fuels neben dem Strom ebenfalls für einen Teil der Zukunft.

Als Kläger des Narrengerichts haben Sie in Stockach jahrelang zum Inventar des öffentlichen Lebens gehört. War es ein komisches Gefühl, von dort nach Singen zu ziehen?

Das war eigentlich eine ganz pragmatische Entscheidung. Hätte es in Stockach eine passende Wohnung gegeben, wären wir dort geblieben. Die gab es aber nicht. Und Singen kannte ich nicht zuletzt von der Schulzeit, 1966 habe ich am Hegau-Gymnasium Abitur gemacht.

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Sind Sie heute noch in die Fasnacht involviert?

Mit der organisierten Fasnacht habe ich aufgehört, auch als Archivar des Narrengerichts. Dafür war ich dieses Jahr zum ersten Mal in Singen bei der Straßenfasnacht dabei – im kleinen Dienstanzug des Narrengerichts, den frühere Gerichtsnarren weiter tragen dürfen. Von der Singener Fasnacht war ich sehr beeindruckt. Als Gerichtsnarr hat man ja kaum Gelegenheit, andere Fasnachten kennenzulernen.