Was klappert denn da? Nur wenige Monate nachdem die anthrazitfarbenen Platten auf der Kreuzung von Erzberger- und Hegaustraße verlegt waren, ging es los. Todong, todong ... Immer wenn ein Auto oder auch nur ein Fahrrad über die Kreuzung fuhr, ertönte das Geräusch von lockeren Steinen. Tatsächlich hatte das neue Pflaster der hohen Belastung in der Straße nicht standgehalten. Hier verkehren nicht nur Autos, sondern auch Stadtbusse. Es lösten sich immer mehr Steine aus dem festen Verbund. Die eleganten Platten sollten sich vom normalen Asphalt abheben und die Fortsetzung der Fußgängerzone in der Hegaustraße kennzeichnen. Farblich abgesetzt von der hellgelben Flaniermeile.

Michael Spreitzer, stellvertretender Leiter des Singener Straßenbauamtes, hält das Stahlgitter in den Händen, mit dem ein Muster von ...
Michael Spreitzer, stellvertretender Leiter des Singener Straßenbauamtes, hält das Stahlgitter in den Händen, mit dem ein Muster von Pflastersteinen im Kreuzungsbereich markiert wird. | Bild: Trautmann, Gudrun

Die Kreuzung wurde zu früh geöffnet

Doch die Freude währte nur kurz. Wie man heute weiß, fehlte in der viel befahrenen Straße dem Beton die Zeit zum Aushärten. Vier bis sechs Wochen, so erklärt Michael Spreitzer vom Singener Straßenbauamt, benötige der Beton, um richtig fest zu werden. Doch die Straßensperrung wurde früher aufgehoben. Und damit begann die Wackelpartie.

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Immer mehr Platten lösten sich

Die Herstellerfirma hat die lockeren Steine rausgenommen und durch neue ersetzt. Doch auch diesmal hielten die Platten der Belastung nicht lange stand. Das Wackeln und Klappern begann erneut. Es lösten sich immer mehr Platten, was auch für Radfahrer zur Gefahr wurde. Um die Sicherheit zu gewährleisten, entfernte man Platten und füllte Kaltasphalt in die Löcher. Eine Notlösung. Der Flickenteppich war perfekt. Optisch ein Makel für die frisch gestaltete Hegaustraße und kein Zustand für die Dauer.

Hier wird das Stahlgitter so ausgerichtet, dass es nach der Prägung die Fugen eines Pflasters nachahmt. Tatsächlich ist die Fläche ...
Hier wird das Stahlgitter so ausgerichtet, dass es nach der Prägung die Fugen eines Pflasters nachahmt. Tatsächlich ist die Fläche jedoch asphaltiert. | Bild: Trautmann, Gudrun

Im dritten Anlauf soll‘s ein Prägeasphalt richten

Straßenbau ist eine Angelegenheit, für die man Geduld braucht. Deshalb ist die Kreuzung erneut seit zwei Wochen für den Verkehr gesperrt. Diesmal soll die Sanierung tatsächlich klappen. Deshalb hat sich die Stadt für ein neues Verfahren entschieden, wie Michael Spreitzer erklärt. „Für uns ist das ein Pilotprojekt“, sagt der Straßenbaufachmann. „Am Stockacher Kreisverkehr wurde Prägeasphalt verlegt. Dort kann man sehen, dass dieser Belag auch Schwerlastverkehr aushält.“

Heißer Job an heißen Tagen: Ein Mitarbeiter der Offenbacher Asphaltfirma kippt den heißen Asphalt auf die Erzbergerstraße.
Heißer Job an heißen Tagen: Ein Mitarbeiter der Offenbacher Asphaltfirma kippt den heißen Asphalt auf die Erzbergerstraße. | Bild: Trautmann, Gudrun

Die Fugen sind nur Attrappen

Was genau ist zu verstehen unter Prägeasphalt? Das ist ein Gussasphalt mit hartem Bitumen. „Auf die heiße Asphaltschicht wird ein Stahlgitter gelegt, das Scheinfugen erzeugt“, erklärt Spreitzer. „Die Fugen bilden die Hälfte des Formats der in der Fußgängerzone verlegten Platten nach. Um den Kreuzungsbereich zu markieren, wurde der Asphalt dunkler als üblich eingefärbt.“

Langer Prozess bis zu Verschönerung der Innenstadt

Bis zu dem hellen, großformatigen Pflaster in der Hegaustraße war es ein langer Weg. In zahlreichen Sitzungen hatte der Stadtrat darüber beraten, wie die Innenstadt attraktiver gestaltet werden könnte. Gutachter hatten der Einkaufsstadt Singen zwar eine hohe Anziehungskraft attestiert, allerdings geraten, die in die Jahre gekommenen Fußgängerzonen zu erneuern, um die Aufenthaltsqualität zu verbessern. So entschied man sich im Rat, die Modernisierung angesichts der hohen Kosten in Abschnitten vorzunehmen und mit der Hegaustraße zu beginnen.

Mit vereinten Kräften wird er heiße Asphalt auf die Erzbergerstraße gekippt und verteilt. Ein hochwertiger Pflasterbelag hatte den ...
Mit vereinten Kräften wird er heiße Asphalt auf die Erzbergerstraße gekippt und verteilt. Ein hochwertiger Pflasterbelag hatte den schweren Lasten nicht standgehalten. | Bild: Trautmann, Gudrun

Die Stadt bleibt auf den Kosten sitzen

Rund 50 000 Euro würde der Belag für die rund 100 Quadratmeter große Kreuzungsfläche kosten, wenn sie erneut mit großformatigen Steinen belegt werden würde. Am Beispiel der Cano-Baustelle, wo die Steine in einem Splittbett verlegt wurden hatte sich gezeigt, dass die Steine durchaus belastbar sind. Hier konnten die großen Lastwagen dem Pflaster nichts anhaben. Deshalb hat Michael Spreitzer zunächst einen dritten Pflasterversuch für die Erzbergerstraße in Erwägung gezogen. Diesmal allerdings in ungebundener Verlegeweise. Doch dann kam der Prägeasphalt ins Spiel. „Er wird mit 45 000 Euro zwar ähnlich teuer wie die Steinproduktion“, sagt Spreitzer. „Vorteil ist aber, dass die Fläche aus einem Guss besteht und keine Fugen hat, in die Wasser eindringen kann.“ Nachdem die Herstellerfirma die erste Reparatur auf ihre Kosten übernommen hatte, bleibt die Stadt jetzt auf den Sanierungskosten sitzen.

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