Ein Komponist, der auch Olympia-Sieger war – so etwas gibt es tatsächlich. Frederick Septimus Kelly hieß der gute Mann. Der gebürtige Australier gewann 1908 bei den Olympischen Spielen in London die Goldmedaille mit seinem Ruder-Team, war darüber hinaus aber eben auch einer der führenden Pianisten seiner Zeit. Er war im Stande, seine Kompositionen vollständig im Kopf zu Ende zu führen. Skizzen von Kelly gibt es aus diesem Grunde keine, nur ein paar wenige seiner Reinschriften sind vorhanden. Das facettenreiche Talent fiel im Ersten Weltkrieg mit nur 35 Jahren. Auch da fand sich noch ein letztes Musikstück in seiner Tasche.
Das Wiener Kreisler-Trio brachte nun sein „Streichtrio in h-moll“ nach Singen. Dieses Werk war erst vor acht Jahren entdeckt worden. Für deutsche Konzertsäle handele es sich vermutlich sogar um eine Erstaufführung, wie Bratschist Axel Kircher scherzt. Für die Studio-Konzert-Reihe war dies sicherlich eine gelungene Premiere.
Nachdem das Programm zunächst mit den sanften Klängen des „Streichtrios in G-Dur“ von Joseph Haydn begann, war das folgende Streicher-Stück von Ludwig von Beethoven schon ein starker Kontrast. Mit einem Augenzwinkern merkt Kircher an: „Da kann man bereits musikalisch hören, warum der junge Beethoven das ein oder andere Mal mit seinem Lehrer Haydn aneinandergeraten ist.“ Zusammen mit Violinistin Bojidara Kouzmanova-Vladar und Cellist Luis Zorita bringt der Österreicher das Frühwerk des musikalischen Hitzkopfs zum Klingen. Bereits dabei zeigt das Trio sein vielseitiges Können. Die anschließende Premiere von Kellys Komposition ist jedoch der eindeutige Höhepunkt des Abends. Einige Passagen sind so rasant, dass schon die Saiten des Cello-Bogens zu reißen beginnen. Die technische Präzision aller drei Ensemble-Mitglieder ist dabei äußerst imposant zu beobachten. Es fällt schwer, sich aus dem Bann zu befreien, aber warum sollte man auch? Immerhin ist es Musik, die zum Träumen einlädt.