Herr Demattio, wie wurden Sie eigentlich Karikaturist?

Das ist eine lustige Geschichte und ein bisschen blöd, als heutiger Lehrer zu sagen. Weil mir selbst in meiner Schulzeit mal langweilig war, habe ich viel gezeichnet. Mein Bruder hatte mir das ein bisschen beigebracht. Heute karikiere ich unter dem Künstlernamen Rainer Unsinn oder einfach Demattio, wenn neben Lehrer sein und Familie noch Zeit übrig bleibt.

Bild 1: Der Bohlinger Karikaturist Rainer Demattio zieht alles Mögliche durch den Kakao.
Bild: Rainer Demattio

Karikaturen sind lustige, übertriebene Darstellungen von Mensch, Tier, Gegenstand oder gesellschaftlichen Zuständen – eine meist bildliche Form der Satire, auch mit politischem Hintergrund. Was ziehen Sie am liebsten durch den Kakao?

Alles, was mich beschäftigt, aufregt oder lustig ist. Politik muss nicht immer sein. Die Themen sind vielfältig. Sobald mir ein Gedanke in den Sinn kommt, ich etwas Lustiges aufgeschnappt habe, halte ich das in meinem Skizzenbuch fest. Das sind meistens Situationen, die auch mal nicht ganz so ernst gesehen werden müssen. Irgendwann sind meine Einfälle dann so weit ausgereift, dass ich die tatsächlich auch in Karikaturen umsetze.

Dann zeichne ich mit Bleistift vor, gehe mit Tuschestiften nach, scanne die Karikatur und koloriere auf meinem Computer digital. Je nach Komplexität des Motivs brauche ich zwischen einer halben und vier Stunden. Wirklich aufwendige Bilder können auch mal länger dauern. Ich habe auch mal welche erstellt, in denen ich mich selbst auf die Schippe nehme.

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Wie würden Sie Ihren Humor beschreiben?

Speziell, ein bisschen albern, manchmal unsinnig, manchmal sinnig. Das kann ich nicht haargenau beschreiben. Ähnlich ist das beim Kleidungsstil: erst elegant, dann wieder leger. Der Geschmack kann sich ändern. So finde ich auch einige meiner Karikaturen gar nicht mehr so toll. Nicht nur Alte, sondern auch Neuere, dich ich jetzt nicht mehr so zeichnen würde.

Bild 2: Der Bohlinger Karikaturist Rainer Demattio zieht alles Mögliche durch den Kakao.
Bild: Rainer Demattio

Gab es auch schon mal andere, die Ihre Karikaturen nicht so toll fanden?

Das gab es schon, jedoch selten. Wenn zum Beispiel die Meinung nicht mit der Aussage übereinstimmt, die aus der Karikatur verstanden wird. Der Betrachter macht mit Kunst auch, was er möchte. So wurden meine Karikaturen schon absolut missverstanden oder ganz anders interpretiert, als ich mir das gedacht habe.

Experimentieren wir mal am Beispiel Ihrer Lieblings-Karikatur, wie unterschiedlich diese verstanden werden kann. Man sieht einen Strauß, der den Kopf in ein Bierglas steckt. Das könnte bedeuten: Man ertränkt seine Sorgen in Alkohol, oder?

Ja, warum nicht! Das ist ja auch ein bisschen hedonistisch. Zumindest war das meine Intention beim Zeichnen. Allerdings wurde selbst das Motiv ganz unterschiedlich verstanden. Und ich selbst habe auch schon die Karikatur umgedeutet. Das war 2023, im Kontext des Karikaturenwettbewerbs „Sächsisch vergoldet“ mit Motto „Rette sich, wer kann!“.

Den Satz habe ich in meiner Karikatur wiedergefunden, wie auch die Jury. So hat der Strauß es auf die Titelseite des Ausstellungskataloges geschafft. Dieses Jahr habe ich den Wettbewerb mit einer anderen Karikatur unter anderem Motto gewonnen. Das war eine schöne Rückmeldung – eine sehr besondere Ehre.

Bild 3: Der Bohlinger Karikaturist Rainer Demattio zieht alles Mögliche durch den Kakao.
Bild: Rainer Demattio

Auf der letzten Ausstellung des Kellerkollektivs in Bohlingen mit Kunst aus dem Ort zeigten Sie Ihre Karikaturen. Das brachte einige Besucher zum Schmunzeln oder Lachen. Gab es auch Besucher, für die Ihr Humor zu weit ging?

Wenn ich den Geschmack nicht treffe, gibt es andere Karikaturisten mit anderem Humor. Da ist bestimmt dann irgendwo bei irgendjemandem etwas dabei, das er gut oder lustig finden kann. Und da ist dann auch wieder etwas zum Blöd finden oder Aufregen dabei – etwas, über das man sich dann unterhalten kann. Karikaturen muss man auch nicht immer lustig finden und es gibt auch welche, die eigentlich nicht so richtig zum Lachen sind, aber trotzdem gut.

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Was sind Ihre persönlichen Grenzen von Satire – etwas, das gar nicht geht?

Satire darf theoretisch alles. Aber ich finde es schwierig, wenn man Schwächere mit Satire verletzt. Menschen, die sich nicht wehren können oder nichts für ihre Situation können, sollen sich nicht auch noch von Karikaturen attackiert fühlen. Ich tausche mich da auch oft mit Anderen aus. Über Sachen, die man zeichnet oder eben nicht zeichnen würde.

Selten karikiere ich Figuren außerhalb meines Kulturkreises. Wenn ich Menschen mit unterschiedlichen Hautfarben oder Herkünften in eine Witze-Situation bringen würde, könnte das von Betrachtern aus diesen Kulturen anders verstanden werden.

Bild 4: Der Bohlinger Karikaturist Rainer Demattio zieht alles Mögliche durch den Kakao.
Bild: Rainer Demattio

Was motiviert Sie neben Ihrem Hauptberuf als Lehrer, Zeit für Karikaturen zu finden?

Karikaturen sind eine Art der Kommunikation, die ich für mich gut und passend empfinde. Ich kann Situationen, die mich beschäftigen, aufregen oder zum Lachen bringen, an verschiedene Menschen herantragen, auch über die sozialen Medien. Wenn ich dann mit meinen Ideen Leute erheitere und sie damit gute fünf Sekunden verbracht haben, dann reicht mir das als Motivation.