Der Gottesdienst unter freiem Himmel passte so ganz zur Grundüberzeugung von Uwe Mackfeld. Wie der Pfarrer der Freien evangelischen Gemeinde in Singen vor rund 200 Besuchern, die gestern den sonntäglichen Kirchgang mit der Grundsteinlegung für das neue Gemeindezentrum in der Freiburgerstraße verbanden, ausführte, handelt es sich bei der Investition von rund 3,2 Millionen Euro um eine wichtige Wegmarke in der Entwicklung der Gemeinde, doch sollten dabei Ziel und Aufgabe der Glaubensgemeinschaft nicht aus dem Auge verloren werden. "Gott lebt in keinem Gebäude, ihn kann man nicht in einem goldenen Käfig fangen", so der Geistliche. Und er riet dazu, es im Leben und Miteinander mit Gottes Sohn zu halten: "Jesus wollte sein Haus mit Menschen bauen."


Die Gemeindemitglieder machten allerdings durchaus den Eindruck, dass sie diese Botschaft schon längst zur Richtschnur ihres gelebten Glaubens gemacht haben. Die Zahl der erwachsenen Gemeindemitglieder beläuft sich auf rund 120, hinzu kommen nochmals etwa 80 Kinder – sie allerdings werden aus grundsätzlichen Überlegungen der Freien evangelischen Kirchen nicht zur Gemeinschaft dazu gerechnet. Dennoch kommen regelmäßig rund 200 Besucher zu den Gottesdienste – ein Prozentsatz, den mitgliederstärkere christliche Gemeinschaften bei weitem nicht erreichen.
Wie Oberbürgermeister Bernd Häuslers Redebeitrag zu entnehmen war, geht es ihm aber nicht um die Konkurrenz der Glaubensgemeinschaften. In Singen funktioniere beispielsweise die Ökumene vorbildlich und die Freie evangelische Gemeinde sieht er als Chance, die Strahlkraft der Stadt als Ort der gelebten Vielfalt nach draußen wirken zu lassen.

Ganz im Sinne der Kernbotschaft des christlichen Glaubens fiel auch das Grußwort von Dietmar Heydenreich von der evangelischen Kirchengemeinde in der Südstadt aus. In seinem launigen Beitrag berichtete er von seinem jüngsten Urlaub auf Sylt mit einer Kellerwohnung als Quartier. Das habe ihn samt Familie täglich auf die Dünen getrieben – und ähnliche Weltoffenheit wünsche er auch der Partnergemeinde auf ihrem weiteren Weg.
Entwicklung der Freien evangelischen Gemeinde zeugt vom Wechsel der Glaubenspraxis
- Die Freie evangelische Gemeinde (FeG) Singen wurde 1957 mit Unterstützung aus dem Schweizer Thayngen von wenigen Familien gegründet. Das Haus in der Feldstraße 32 diente als Wohn- und Gemeindehaus, wurde jedoch schnell zu klein.
- Bereits 1964 platzt das Siedlungshaus aus den Fugen. Die Gemeinde beschließt, das Gebäude voll zum Versammlungshaus umzubauen.
- 1983 und 1994 werden Tochtergemeinden in Radolfzell und Gottmadingen gegründet.
- 2007 feiert die Gemeinde im Scala-Kino ihr 50-jähriges Jubiläum.
- 2012 wird Uwe Mackfeld Pastor der Gemeinde.
- 2015 scheint auf dem Gelände des Schnaidholz-Sportplatzes die Lösung gefunden. Der Gemeinderat der Stadt Singen gefürwortet den Umzug der FeG aus dem Siedlungsgebiet in der Feldstraße im Grundsatz. Nach weiteren Diskussionen entscheidet man sich jedoch, das Gelände für den Wohnungsbau zu nutzen. Die FeG sucht weiter.
- Im Januar 2017 gibt es endlich Gewissheit: Der Bauausschuss erteilt grünes Licht für den Neubau eines Gemeindezentrums in der Freiburger Straße. Die Fläche zwischen der Wessenbergschule und der Hardt-Turnhalle beträgt 3300 Quadratmeter. Weil sich das Grundstück auf der ehemaligen Deponie "Seewadel" befindet, wurde mit Schwierigkeiten bei der Gründung gerechnet, weshalb auf den Bau eines Kellers verzichtet und das Haus auf 200 Betonpfeiler gestellt wird. Im neuen Versammlungshaus sollen 264 Besucher Platz finden. (gtr)