Der Stahringer Ortschaftsrat will die Ortsteilbibliothek in der Schule erhalten. Er verabschiedete in seiner jüngsten Sitzung einstimmig einen entsprechenden Beschlussvorschlag für den Gemeinderat Radolfzell. Die geplante Schließung der in einem Raum der Stahringer Grundschule beheimateten Ortsteilbibliothek sorgt also weiter für Diskussionen.
Konkret ging es im Ortschaftsrat um eine Anhörung sowie der Festsetzung eines Beschlussvorschlags. Laut Eingliederungsvertrag aus dem Jahr 1973, der die Richtlinien für die Eingliederung Stahringens in die Stadt Radolfzell festlegt, hat der Ortschaftsrats das Recht, zu wichtigen Angelegenheiten, die den Stadtteil betreffen, angehört zu werden und besitzt zudem das Vorschlagsrecht.
Bücherkisten sind kein Ersatz
Basierend darauf haben die anwesenden acht Ortschaftsräte eine klare Position bezogen und einstimmig für einen gemeinsam definierten Beschlussvorschlag gestimmt. In diesem stellen sie die von Bürgermeisterin Monika Laule angekündigte geplante Schließung der Bibliothek in den Räumen der Schule in Frage und lehnen die angedachte Ersatzlösung in Form von Bücherkisten ab.

Ihren Beschlussvorschlag begründen die Räte mit den Bedingungen, die ebenfalls Teil des Eingliederungsvertrags sind. Diese legen unter anderem fest, dass „das örtliche Brauchtum und das kulturelle Eigenleben des Stadtteils unangetastet bleiben“.
Grundschule braucht mehr Platz
Das Dezernat der Stadtverwaltung hat die Schließung in den Räumlichkeiten der Grundschule auf Basis des Schulraumprogramms von Baden-Württemberg angekündigt. Dieses legt einen Mindestflächenbedarf fest und beziffert für die Grundschule ein Raumdefizit von 34 bis 92 Quadratmetern im Bereich Schulverwaltung.
Schulleiterin Petra Wieshoff hatte bereits in der vorherigen Sitzung angekündigt, dass sie den Raum der Bibliothek nach der Schließung unter anderem als Stauraum zum Beispiel für die Schneidemaschine und Laptops nutzen wolle. Die geplante Neunutzung stieß bei den Ortschaftsräten auf Kritik, denn laut Raumbedarfsanalyse liegt die Schule mit aktuell 39 Quadratmetern Raum für Lern- und Lehrmittel über dem Soll von 30 Quadratmetern.
Schule würde Raum nur als Stauraum nutzen
Und: Da die Bibliothek wöchentlich lediglich an 2,5 Stunden außerhalb des Schulbetriebs geöffnet habe, biete der 38 Quadratmeter große Bibliotheksraum viele Möglichkeiten einer Doppelnutzung, unter anderem für Elterngespräche oder die Schulsozialarbeit. Dies werde im Raumbedarfsplan nicht berücksichtigt. Zusätzlich biete das freie vierte Klassenzimmer, das aktuell nicht von einer Klasse belegt werde, Nutzungsmöglichkeiten.
In der Grundschule gibt es zwei Klassen, sie verfügt jedoch über vier Klassenzimmer. Zwei Zimmer werden von den Klassen belegt, ein weiteres wird für die Schülerbetreuung nach dem Unterricht genutzt, während das vierte Klassenzimmer zur Verfügung steht.
Was die Prognosen zur Schülerentwicklung sagen
Im Beschlussvorschlag fordern die Ortschaftsräte, dass die Bibliothek so lange in der Grundschule bleibt, bis der prognostizierte Zuwachs an Schülern konkret die Bildung einer oder zweier weiterer Klassen erforderlich mache. Laut Prognose wird eine zusätzliche Klasse für das Schuljahr 2023/24 erwartet, eine weitere Klasse ab 2025/26.
Erst dann wäre die Schaffung einer tolerierbaren Interimslösung außerhalb der Grundschule erforderlich, die jedoch den Vorgaben des Eingliederungsvertrags entsprechen müsse, so der Ortschaftsrat. Diese solle Bestand haben, bis die Schule durch den prognostizierten Rückgang an Schülern ab 2029/30 wieder auf zwei Klassen reduziert werden könne und die Bibliothek wieder in die Schule zurück könne.
Nun stimmt im Januar der Gemeinderat über den Stahringer Beschlussvorschlag ab.