Bei geöffneten Fenstern schallt es über den Bolzplatz an der Markolfhalle hinweg. Das Musikhaus in Markelfingen ist wieder belebt. Allerdings weniger vom heimischen Musikverein als vielmehr von den Schülern der hauseigenen Musikschule. Unter der Einhaltung von Hygiene-Regeln ist seit wenigen Tagen ein Präsenz-Unterricht möglich. Damit die Abstands- und Hygieneregeln gewahrt bleiben, betreten die Musikschüler mit einer Aufforderung zur Desinfektion den Unterrichtsraum am Haupteingang. Nach dem Unterricht verlassen sie ihn durch eine separate Tür am anderen Ende des Raumes.
Stückchenweise erlebt das Dorf die Rückkehr der Blasmusik. Nach der Lockerung der Corona-Verordnungen im Land sind auch Proben von Orchestern in kleinen Gruppen wieder möglich. Der Vorstand des Musikvereins möchte zeitnah die praktische Umsetzung des Muster-Hygiene-Konzepts seines Bundesverbandes erörtern und bereits bis Mitte Juli mehrere Registerproben ermöglichen.
Musikverein ist krisenerprobt
Und über den Markelfinger Wiesen breitet sich nicht nur ein musikalischer Klangteppich aus. In der Luft schwebt außerdem ein Hauch von Optimismus gepaart mit etwas Gelassenheit. Obwohl das traditionelle „Erste-Mai-Wecken“ sowie das Bachfest des Musikvereins der Corona-Krise zum Opfer fielen, erscheinen die Vereinsvorsitzende Tobias Rauser und Linus Repnik in Zeiten der Corona- Pandemie entspannt. Denn bereits vor mehr als zwei Jahren brannte die Markolfhalle aus. Das Fehlen der Halle als Stammkonzerthaus brachte den Verein in Nöte. Er musste eine schwere Krise überwinden und scheint daher im Management von Krisen erprobt. Nun stemmt er sich gegen die potentielle Gefahr, dass sich manch Musiker an den dreimonatigen Lockdown gewöhnt haben und den Verein verlassen könnte. Angesichts der nahenden Sommerferien dränge die Zeit für Registerproben, so Tobias Rauser. Nach den Ferien wolle der Musikverein für das Weihnachtskonzert proben.
Neue Mitglieder dank Corona
Aber die Corona-Pandemie brachte auch zwei ungewöhnliche Vorteile mit sich. „Es gibt hier wieder extrem viele junge Menschen von 18 bis 30 Jahren im Dorf. Es ist ein kunterbuntes Treiben“, beobachtet Linus Repnik. Sie seien beim Studieren oder auf Weltreise gewesen und zurückgekehrt. Sie hätten entdeckt, wie schön das Dorf sei. Für den zweiten Vorsitzenden war das die Gelegenheit, für den Verein neue Musiker zu rekrutieren. Bisher signalisierten zwei Heimkehrer einen potentiellen Eintritt in den Verein.
Ein weiterer positiver Nebeneffekt wurde durch den Musikunterricht via Videotelefonie während des Lockdowns sichtbar. Dieser ermöglichte eine Unterweisung in die Instrumente via Internet durch die Lehrer. Für gewöhnlich unterstützen auf Tonband aufgezeichnete Musikstücke die Übungen der Kinder. Mehrere Eltern hätten während des Online-Unterrichts den Rekorder bedient und einen außergewöhnlichen Einblick in den Unterricht ihrer Kinder gewonnen. „Ein paar waren richtig angetan“, so Linus Repnik. Doch der Unterricht mittels Video zeigte ebenso technische Schwächen des aktuellen Internetstandards: Durch die Zeitverzögerung in der Übertragung war ein Einzählen eines Musikstückes durch den Lehrer oftmals nicht möglich.
Viele Pläne für 2021
Die Vereinsvorsitzenden zeigen sich insgesamt aber zuversichtlich und geben einen Ausblick für Musikbegeisterte im nächsten Jahr. Viele Vereine hätten ihre Jubiläen auf 2021 verschoben. Hinzu komme das reguläre Programm sowie die Heimattage im nächsten Jahr. „Es wird ein vollgepacktes Programm“, freut sich Linus Repnik. Auch wenn Musiker in der Öffentlichkeit weniger in Erscheinung treten, so herrscht hinter den Kulissen des Musikvereins Geschäftigkeit. Zu seinem hundertjährigen Bestehen im nächsten Jahr bildeten sich Musikerteams für die Vorbereitungen eines dreitägigen musikalischen Spektakels beim Markelfinger Bachfest. Für die Heimattage 2021 bereitet der Musikverein zudem die Logistik für ein Konzert der Stadtkapelle auf einer schwimmenden Plattform im See vor. Und kreative Teams stellen für die Geburtstagsfeierlichkeiten einen Jubiläumskalender und eine Briefmarken-Kollektion her und geben noch in dieser Woche einen Geburtstagsrotwein vom Bodensee in Auftrag.