Die Böhringer Bengelschiesser ließen es bei ihrem Narrenspiegel in der Mehrzweckhalle wieder einmal kräftig krachen. Nicht umsonst verfügen sie mit ihren traditionsreichen Kanonen über die richtigen Waffen, um kräftig in der Kommunalpolitik herumzuballern. Ein begehrtes Ziel ihrer gezielten Schüsse ist das Zeller Rathaus. Was hier das Jahr über so produziert wird, ist nach Meinung der Narren ein Schildbürgerstreich nach dem anderen – und bestes Futter für die Akteure des Narrenspiegels.
Die Präsidentin der Zunft, Andrea Harnfest, kam schon zur Begrüßung in Hochstimmung. Schließlich durfte sie vor vollem Haus Landvogt Herbert Schober, Bürgermeisterin Monika Laule, zahlreiche Ehrenpräsidenten benachbarter Zünfte und eine große Abordnung der Zeller Froschenholzer willkommen heißen, die geholfen hatten, den Böhringer Narrenbaum aufzustellen. Nur ein eigentlich wichtiger Ehrengast glänzte durch Abwesenheit: Oberbürgermeister Martin Staab. Er habe noch nie den Weg zum Böhringer Narrenspiegel gefunden, so kommentierte die Präsidentin, und scheine wohl zu glauben, dass der größte Radolfzeller Ortsteil ein Nest hinter dem Mond sei. Doch wenn der Rathauschef glaube, dass man diesen Ort ignorieren könne, werde sich dies bei den nächsten OB-Wahlen rächen. Ihr Beitrag endete mit der Frage, wie lange Martin Staab denn überhaupt in Zell bleiben wolle.
Um weiter über die Abwesenheit des OB zu lamentieren, blieb Andrea Harnfest allerdings keine Zeit. Sie selbst brachte mit einer brillanten Eröffnungsrede das Narrenvolk in Stimmung. In einem Sketch stellte Anita Wolkenbruch, alias Alessa Kupferschmid, die Planungen für die neue Böhringer Dorfmitte vor. Da machen die Böhringer den Zellern einiges vor. Wann beim Milchwerk der Aqua-Turm einmal fertig werden sollte, wisse ja niemand. In Böhringen werde ein Hotelturm deutlich schneller gebaut und gleichzeitig ein Schlauchturm für die Feuerwehr integriert. Ebenso eine neue Festhalle, die täuschend ähnlich wie die Singener Scheffelhalle gebaut werden soll. Ein modernes „Wirtshaus zum Syrer“, aber auch die sonstigen Planungen seien realistisch und bedarfsgerecht. Die wichtigste Errungenschaft sei jedoch ein beheiztes Narrenbaumloch. Chefplanerin sei die Kanzlerin, die versichert habe: „Wir schaffen das“.
Bei einem Sketch mit Gastakteur Reinhard Fülöp und dem Böhringer Urgestein Thomas Kannenberg fühlten sich die Besucher in die populäre Fernsehsendung „Hannes und der Bürgermeister“ versetzt. Im Mittelpunkt stand dabei OB Martin Staab, dessen Verhalten sein Mitarbeiter einfach nicht verstehen konnte – nicht einmal akustisch. Amtsbote Hannes ließ also grüßen. Er sah seinen Bürgermeister als selbstherrlichen Regenten, als Sonnenkönig Martin. Der wolle aus dem Rathaus ausziehen, denn man wisse ja nicht, wie lange er in der Stadt noch geduldet werde. Nur nach Neuschwanstein wolle er nicht, es müsse standesgemäß Versailles sein.
Ihr Fett bekam auch Bürgermeisterin Monika Laule ab, die man im Rathaus nie antreffen könne, da sie immer in der Stadt unterwegs sei. Sie müsse offenbar bei jedem Fototermin des SÜDKURIER dabei sein, um täglich in der Zeitung erscheinen zu können. Auch der Dauerstreit zwischen dem OB und Stadtrat Lehmann bot viel Zündstoff für die Bengelschiesser-Kanone.
In der Bütt nahmen Romy Bromma und Berthold Gruzel die Dauerbaustelle Milchwerk und den ehemaligen Wasserturm aufs Korn. Im höchsten Hotel der Stadt sollen sich bereits die ersten Weltraumgäste angemeldet haben, die es aus dem All nicht allzu weit hätten. Das Herzen-Areal wolle die Stadt bebauen und für die Zeller zum Sperrgebiet erklären. Im überbauten Strandbad werde man nur noch wie die sprichwörtlichen Heringe in der Dose liegen können. Die leer stehenden Geschäfte in der Höllturmpassage erinnerten Berthold Gruzel an die Leerstände in der Singener Innenstadt.
Ein optischer Genuss waren die „Dancing Queens“, die unter der Leitung von Jenny Brunner und Julia Rottler eine begeisternde Tanzrevue aufführten. Für Lachsalven sorgten Knut Keller, Tobias Graf und Gaby Franz, die eine Szene aus einem Krankenzimmer mit zwei dementen Männern zeigten. Fast zu einer Ehekrise führten unterschiedliche Vorstellungen vom Urlaub mit Ute Wiegand und Thomas Kannenberg, die letztlich aber mit einem Happy End endeten. Zum Finale bemühte sich eine international besetzte Gruppe um Einlass in die Himmelspforte. Erst nach einem Gesangstest öffnete der Himmelspolizist das Tor ins Paradies der Engel. Musikalisch begeisterte die Narrenmusik Böhringen.
Gemeinschaftsaktion
Am Böhringer Narrenspiegel wirken viele Mitglieder und Unterstützer der Bengelschiesser-Zunft mit. Hier der wichtigsten Hintergrund-Akteure:
Ansage: Ricci Labella und Holger Bohle
Kulissenmaler: Ecki Kowalski
Kulissenschieber: Kai Günther
Ton: Karl Schwarz und Benjamin Reichel
Maske: Eva Bromma und Ulrike Bank
Gitarre: Thomas Giesinger
Kulissenbau: Bruno Schmid, Gottfried Graf, Hans-Peter Eisenbrückner, Manfred Harnfest
Texte: Romy Bromma, Berthold Gruzel, Thomas Kannenberg, Tobias Graf, Dominic Labella, Holger Bohle, Ricci Labella und Thomas Giesinger
Gesamtleitung: Thomas Giesinger und Manfred Harnfest (rad)