Orsingen-Nenzingen wird Vorreiter in Sachen Wiederverwertung von Speiseölen und -fetten aus Privathaushalten. Der Gemeinderat beschloss einstimmig, die Initiative „Jeder Tropfen zählt“ als Pilotprojekt im Landkreis Konstanz umzusetzen. Jeder Haushalt erhält dafür einen Sammelbehälter für gebrauchte Küchenöle und Fette. Diese können gefüllt an einem Wechselautomaten, der am Netto-Markt in Orsingen stehen wird, gegen einen leeren, gereinigten Behälter getauscht werden. Das gesammelte Öl und Fett wird abgeholt, aufbereitet und später unter anderem als HVO-Kraftstoff verkauft. Das Projekt verursacht Kosten von etwa einem Euro pro Bürger und Jahr. HVO steht für „Hydrogenated Vegetable Oils“, also hydrierte Pflanzenöle.

Den Anstoß dazu gab die Firma Riegel Weinimport in Orsingen. Sie wurde 2022 für herausragende Leistungen im betrieblichen Umweltschutz und vorbildliche umweltorientierte Unternehmensführung mit dem Umweltpreis des Landes Baden-Württemberg ausgezeichnet. Unter anderem hat sie seit dem vergangenen Jahr eine HVO-Tankstelle für ihre Fahrzeuge.

Dieter Hallerbach, Leiter Logistik und Mitglied der Geschäftsleitung des Unternehmens, sagte Bürgermeister Stefan Keil zu, bei Interesse der Gemeinde an diesem Projekt für das erste Jahr die Kosten zu übernehmen. Die Kosten für die Folgejahre sollen ab 2024 in einem Klimabudget abgebildet werden.

So sehen die Sammelbehälter aus.
So sehen die Sammelbehälter aus. | Bild: Claudia Ladwig

Warum Öl im Abfluss Probleme macht

Die Verwaltung sieht dieses Projekt als weitere Maßnahme für den Umweltschutz. Stefan Keil sagte, es sei ein großer Vorteil, wenn gesammeltes Öl, das einen Verwertungszyklus hinter sich hat, als Kraftstoff nochmal zum Einsatz komme. Der Leiter der Technischen Dienste, Franz-Josef Hartmann, fügte hinzu: „Öle und Fette in der Kanalisation verursachen Störungen. Fast jede zweite Störung liegt im Bereich der Hausanschüsse.“ Durch Öle und Fette würden die Leitungen verschlossen und auch das Rattenproblem insbesondere in Wohngebieten verstärkt. „Wenn wir also etwas Sinnvolles mit etwas Nützlichem verbinden, wäre das natürlich schön.“

Die Gemeinderäte hatten einige Fragen und Anmerkungen. Christoph Joos (FWV) fragte nach dem geplanten Standort des Wechselautomaten. Der Orsinger Einkaufsmarkt biete sich an, so der Bürgermeister. Dieser befinde sich in der Nähe des Bauhofs und Franz-Josef Hartmann könne die Betreuung übernehmen. Solarpanels am Automaten speisten einen kleinen Prozessor, der registriere, was rein und rausgehe.

Keil erklärte: „Wenn die Sammelflaschen zu Ende gehen, kommt das Unternehmen, holt die vollen Flaschen ab und bringt leere mit.“ Wenn Orsingen-Nenzingen die einzige Gemeinde bleibe, könnten drei Boxen mit Flaschen eingelagert werden, damit die Abholung seltener notwendig sei.

Wunsch nach einem Automat pro Ortsteil

Joachim Kiewel (SPD) nannte die Idee großartig, zweifelte aber, ob sie ökologisch aufgehe, wenn man zum Abgeben der Flasche von Nenzingen mit dem Auto nach Orsingen fahren müsse. Er regte einen zweiten Automaten in Nenzingen an. Hier hakte Sabine Hins (FGL) ein, freute sich, dass die Gemeinde Vorreiter werde, und sagte, man könne auch mit dem Fahrrad nach Orsingen gelangen.

Der Anbieter rechne mit rund 5000 Einwohnern für einen Automaten, so Stefan Keil. Mehr sei finanziell nicht darstellbar. Vielleicht könne man die Abgabe mit dem Einkaufen kombinieren, schlug er vor. Jeder Haushalt werde einen Sammelbehälter vor die Tür gestellt bekommen. Dafür wolle er auf die Vereine zugehen und sie um die Verteilung bitten. „Wer eine solche Flasche nicht will, kann sie im Rathaus wieder abgeben. Und wer mitmacht, erhält eine neue, saubere Flasche, wenn er die volle abgibt.“

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Viel Lob für das Projekt

Ralph J. Schiel (FGL) betonte, er könne dieses Projekt nur vollumfänglich unterstützen. Es sei ein hoher Motivationsgrad für den Landkreis. „Ein Unternehmen, das hier ansässig ist, und für die Kommune was macht, das große Strahlkraft hat – ich hoffe, dass das Projekt Nachahmer findet.“ Auch Harry Metzger (FWV) befürwortete das Projekt als „kleinen Tropfen, was den Umweltschutz angeht“. Doch jemand müsse anfangen, dann müsse es wachsen, so Metzger.

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Wie sein Kollege Christoph Joos bekräftigte auch er, man müsse das Projekt vorab bewerben, damit die Einwohner wüssten, dass es von der Gemeinde komme und was es damit auf sich habe. Dafür bleibt genügend Zeit. Stefan Keil sagte, zunächst würden nun entsprechende Vereinbarungen getroffen und Werbematerialien vorbereitet. Der Anbieter habe beste Erfahrungen damit gemacht, im Herbst zu starten. Das strebe man auch hier an.