Er spricht von Freiheit, von einer Gesellschaft, in der es keine Arbeitszwänge und Opferrollen mehr gibt. 43 Minuten dauert es im Vortrag von Götz W. Werner vor rund 130 Zuhörern im Wolkensteinsaal, bis er erstmals benennt, wie er diese Unabhängigkeit erreichen will. Mit dem bedingungslosen Grundeinkommen. Dieses solle eine Wende im sozialen Zusammenleben einleiten, in dem es nicht mehr nötig ist Menschen unter Druck zu setzen, um Ziele zu erreichen. Vielmehr solle ein Sog entstehen, in dem die Menschen von sich aus schöpferisch werden. Götz W. Werner vergleicht die Idee vom Grundeinkommen mit Kopernikus, der mit seiner Entdeckung der Erdbewegung das Weltbild seiner Zeit auf den Kopf stellte.

Für den siebenfachen Vater und Gründer der Drogeriemarktkette dm besteht die Wende darin, Menschen unabhängig von der Erwerbsarbeit ein festes Einkommen zu garantieren. Dieses sollte jeder ohne jegliche Vorbedingung und Leistung beziehen. "Der Einzelne soll bescheiden, aber menschenwürdig leben können." Er fordert sein Publikum auf, sich vorzustellen wie das Leben verlaufen wäre, hätte es so ein Grundeinkommen schon bei der eigenen Geburt gegeben. Dieses Finanzpolster, so ist Werner überzeugt, versetze die Menschen in die Lage, neue Ideen zu entwickeln und freiwillig über sich hinaus zu gehen. Der 73-jährige Unternehmer beruft sich auf den Freiheitsphilosophen Friedrich Schiller, der sinngemäß sagte: Hat es der Mensch warm und ist er satt, dann kann sich in ihm seine bessere Natur regen. Mit Humor fügt Werner an: Wenn man keinen Widerspruch ernten wolle, dann empfehle es sich, die unbestritten großen Köpfe zu zitieren.

Sieht sich als Visionär: Götz Werner sprach im Wolkensteinsaal vor rund 130 Zuhörern über seine Idee des bedingungslosen ...
Sieht sich als Visionär: Götz Werner sprach im Wolkensteinsaal vor rund 130 Zuhörern über seine Idee des bedingungslosen Grundeinkommens. Bild: Claudia Rindt | Bild: Rindt Claudia

Werner schlägt weite Bögen durch Philosophie und Geschichte. Er lässt die Zuhörer teilhaben an seinen Denkprozessen und seiner Lebensgeschichte. Diese ist eng verbunden mit Konstanz. Mit 17 Jahren kam der Heidelberger in die Stadt am See, um bei Kornbeck in die Lehre zu gehen. Später machte er sich als dm-Gründer selbstständig. Werner stellt sich als Menschen vor, der Lebenssinn sucht und einen Beitrag für die Gesellschaft leisten will. Vor dem jüngsten Gericht zähle nicht, wie viel einer auf Erden verdient habe.

In Teilbereichen, so sagt Werner, gebe es ja schon so etwas wie das bedingungslose Grundeinkommen. Er verweist auf das Kindergeld. Wenn die Gesellschaft wolle, könnte sie auch jedem einen Fixbetrag zahlen. Auf den Einwand, das Grundeinkommen werde die Faulenzerei befördern und keiner werde mehr einer geregelten Arbeit nachgehen, empfiehlt Werner die Gegenfrage, wie die Skeptiker es denn persönlich halten würden. Daraufhin habe noch keiner gesagt, er werde sich auf die faule Haut legen. Werner will auch aufräumen mit der Vorstellung, man könne andere nur mit Zwang auf Trab bringen. Der Unternehmer sagt: "Wir müssen unser Zusammenleben weiterentwickeln. Das geht nur mit direkter Demokratie." Dass in der Schweiz mit ihrer direkten Demokratie zuletzt 23 Prozent fürs bedingungslose Grundeinkommen gestimmt haben, sieht Werner als ersten Erfolg. Er ist sicher: Das Grundeinkommen werde kommen, fraglich sei nur, wie lange es noch dauert.

Götz W. Werner

Die Anthroposophische Gesellschaft Kreuzlingen-Konstanz hatte Götz W. Werner zum Vortrag geholt. Anlass war die Neuerscheinung seines Buchs "Sonst knallt's. Weckruf für eine essentielle Grundsatzdebatte über die Zukunft unseres Wirtschafts-, Sozial- und Finanzsystems." Werner ist der Gründer der Drogeriemärkte dm, 35 Jahre lang war er deren Geschäftsführer. Seit 2005 setzt sich der Unternehmer fürs bedingungslose Grundeinkommen ein. Über die umstrittene Ausweitung der dm-Filialen in Konstanz wurde an diesem Abend nicht gesprochen. (rin)