Die Hiobsbotschaft kam diese Woche: In langer und disziplinierter Beratung hatte sich der Haupt- und Finanzausschuss wenige Tage zuvor durch die fast eine halbe Milliarde schweren Budgets für die kommenden zwei Jahre gekämpft, da sieht die Finanzlage plötzlich ganz anders aus. Die Stadt Konstanz muss einem Großbetrieb acht Millionen Euro Gewerbesteuer aus dem Jahr 2014 zurückzahlen. Wem und warum, kann die Verwaltung unter Verweis auf das Steuergeheimnis nicht mitteilen. Aber klar ist: Ein warmer Geldregen vor zwei Jahren wird plötzlich zur kalten Dusche. Denn die auf den Standort Konstanz entfallenden Steuern des Unternehmens wurden offenbar falsch berechnet. Was das heißt und wie es nun weitergeht:
- Wann muss die Stadt wie viel zahlen? Konstanz muss noch in diesem Jahr 8,17 Millionen Euro an die Firma zurücküberwiesen. Das geht aus einem Bescheid des Finanzamts vom 13. Dezember 2016 hervor. In einem Brief, der an alle Stadträte verschickt wurde, schreibt Kämmerer Hartmut Rohloff, man habe stets auf Risiken hingewiesen. Doch Zeitpunkt und Höhe der Rückerstattung hätten die Verwaltung überrascht. Das bekräftigte Rohloff in einem Gespräch. Ihm geht es darum, kurz vor der enscheidenden Gemeinderatsbatte am Dienstag Transparenz zu schaffen.
- Steht die Stadt nun vor dem finanziellen Kollaps? Nein. Bereits in den Unterlagen zu den Haushaltsberatungen hatte die Kämmerei geschrieben, dass die Stadt 2016 wohl mit 4,5 Millionen Euro mehr in der Kasse abschließen kann als gedacht.
- Hat die Kämmerei also eine stille Reserve vor der Politik verborgen? Auch wenn das manche Stadträte so empfinden können: Das trifft nicht zu. Die Summe ist in der offiziellen und öffentlichen Ratsvorlage klar benannt. Allerdings kam die Information nicht bei allen Politikern an, so dass die Verwendung dieser zusätzlichen Mittel kein Thema in der Beratung war. Hartmut Rohloff und sein Stellverteter Michael Helff weisen es von sich, sie hätten getrickst.
- Wie gleicht die Stadt die Mehrkosten aus? Zunächst einmal spart die Stadt rund eine eine Million Euro, da sie wegen geringerer Einnahmen auch weniger Umlage zahlen muss. Bleiben also 7,2 Millionen Euro. Die Lücke wird durch die freien 4,5 Millionen Euro teils geschlossen. Den Rest bestreitet die Stadt durch einen Griff in die Rücklagen, die damit aber bereits vor Ende 2017 komplett verbraucht sein könnten. Die Stadt muss aber nicht um Stundung bitten. Auch Schulden muss sie nicht machen, um das Geld zurückzuzahlen.
- Gibt es für 2017 eine Ausgaben- oder Einstellungssperre? Das ist nicht geplant, betonen Rohloff und Helff. Allerdings wird sie nicht mehr so großzügig wie bisher mit Budgetresten umgehen. Geld, das 2016 nicht verbraucht wurde, können Dienststellen also nicht so einfach ins Folgejahr übertragen.
- Wie riskant wird das Jahr 2017? Auf jeden Fall sind die Risiken deutlich höher geworden, und es ist wahrscheinlich, dass die Stadt schon nächstes Jahr wieder Schulden machen muss. Eine 2016 nicht gezogene Option zur Aufnahme von Krediten über 1,6 Millionen Euro kann die Verwaltung ins nächste Jahr nehmen. Auch für Kostensteigerungen ist kaum Vorsorge getroffen. Und: Die Gewerbesteuer bleibt ein unsicherer Einnahmeposten. Niemand weiß, ob es weitere Rückerstattungen gibt oder ob Vorauszahlungen heruntergesetzt werden, weil Betriebe weniger Gewinn machen; wie viele Millionen wackeln, lässt sich seriös nicht sagen. Zudem ist offen, wie viel die Stadt an den Landkreis abgeben muss, denn die Kreisumlage hat der Kreistag noch nicht beschlossen. Oberbürgermeister Uli Burchardt, dort CDU-Fraktionschef, wird wohl noch mehr Druck machen, die Umlage so gering wie möglich zu halten.
- Was ist für das Jahr 2018 zu erwarten? Paradoxerweise sehen die Zahlen für 2018 durch den Steuer-Schock wieder besser aus. Denn Konstanz ist 2016 nun deutlich ärmer als bisher angesehen. Da solche Effekte stets zwei Jahre später ausgeglichen werden, bekommt die Stadt 2018 mehr Geld aus dem Finanzausgleich und muss weniger Kreisumlage zahlen. Gut möglich also, dass 2017 schlechter und 2018 besser wird als erwartet. In der Summe muss die Stadt den Steuer-Schock wegstecken, aber nach allem, was man weiß, kann sie das auch.
So geht es weiter
Trotz der neuen Lage schlägt die Stadtverwaltung vor, dass der Gemeinderat den Haushalt 2017/18 wie geplant am Dienstag, 20. Dezember (ab 16 Uhr, Ratssaal, öffentlich) beschließt. Die Kämmerei setzt auf ihre Glaubwürdigkeit und sieht keinen Grund, die Debatte ganz neu zu führen. Möglich ist aber eine Korrektur des Planwerks im Laufe des neuen Jahres (Nachtragshaushalt).