Die Türen sind verschlossen, an den Fenstern kleben Party-Plakate und Zeitungspapier. Seit die asiatischen Restaurants am Anfang der Kreuzlinger Straße geschlossen haben, stehen die Räume im Erdgeschoss leer. Lange wird das aber nicht der Fall sein – nicht in einer Stadt wie Konstanz und schon gar nicht an einer Ecke, die attraktiv in der Innenstadt zwischen Schnetztor und Schweizer Grenze gelegen ist.
Dementsprechend gibt es schon Pläne, was mit dem gesamten Gebäude passieren soll: Der Bestandsbau in Privateigentum wird abgebrochen und an Stelle dessen werden zwei Mehrfamilienhäuser entstehen. Der Neubau erstreckt sich über den Block bis zur Laube Richtung Döbele durch. Ein entsprechender Antrag ist im Gestaltungsbeirat bereits behandelt. Im Erdgeschoss ist demnach Gewerbe geplant. Laut Informationen des SÜDKURIER soll es sich dabei um den Drogeriemarkt dm handeln – es wäre seine sechste Filiale in Konstanz, mit dessen Eröffnung sich das Unternehmen offenbar noch mehr Kunden in der einkaufsstarken Stadt sichern will.
Offiziell bestätigen will Daniela Hübner das auf Anfrage nicht. Die dm-Gebietsverantwortliche des Unternehmens lässt aber schriftlich mitteilen: "Wir sind immer auf der Suche nach attraktiven Standorten." Auf die Rückfrage, wann sie verbindliche Aussagen machen könne, antwortete dm bis Donnerstagabend nicht. Fest steht aber, dass die Märkte in der Kanzleistraße und im Einkaufszentrum Lago modernisiert und vergrößert werden sollen, "um den Konstanzern ein noch angenehmeres Einkaufen zu ermöglichen", so Hübner. Das Gebäude, in dem einst das Scala-Kino untergebracht war, wird bereits zur neuen Filiale umgebaut, voraussichtlich im November 2017 eröffnet.
"Wir freuen uns schon jetzt, unseren Kunden im neuen dm-Markt unser gesamtes Sortiment mit insgesamt 12 500 Drogerieartikeln anbieten zu können", kommentiert Hübner routiniert. Der Umbau des Hauses, das sich in Privatbesitz befindet, hatte im Vorfeld für Diskussionen gesorgt – viele Konstanzer sahen darin einen weiteren Schritt zur Kommerzialisierung der Altstadt.
Oberbürgermeister Uli Burchardt hatte sich dazu in der letzten Ratssitzung dieses Jahres deutlich geäußert. "Die Kommerzialisierung der Stadt ist eine Aussage, die nicht wahrer wird, je öfter sie wiederholt wird", sagte er. Er wehre sich gegen den Eindruck, dass immer alles schlechter werde. "Man muss die Gesamtentwicklung sehen", sagte Burchardt und verwies auf die positive Entwicklung der Stadt und des Gemeinwesens in den vergangenen Jahrzehnten – vom Bereich Soziales bis hin zu ökologischen Verbesserungen. So viel Kultur wie heute habe es in der Stadt noch nie gegeben – gleichzeitig sei die Einzelhandelsstruktur im deutschlandweiten Vergleich sehr gut. "Wir wollen nicht zurück hinter diese Entwicklungen", betonte Burchardt, ergänzte aber: "Wobei man natürlich immer noch etwas besser machen kann, umsteuern kann und muss – und das ist unser Job."
Die städtische Wirtschaftsförderung sieht unterdessen keine Notwendigkeit für einen weiteren Drogeriemarkt. "Wir halten das Angebot im Drogeriebereich in Konstanz für mehr als ausreichend", so Friedhelm Schaal auf Anfrage. "Allerdings handelt es sich ja nicht um eine kommunale Entscheidung, sondern um privatwirtschaftliche Abwägungen." Stadelhofen habe aber insgesamt ein gutes Entwicklungspotenzial. "Es sind bereits interessante Gewerbetreibende vorhanden und es werden interessante Nischen besetzt."
Neue Konzepte für ein altes Viertel
- Geschichte und Gewerbe: Stadelhofen war im Mittelalter eine Handwerkerstadt. Später hatte es den Ruf als Rotlichtviertel der Stadt, heute ist es ein über 500 Jahre gewachsenes, gemischt genutztes Quartier für Wohnen, Gastronomie, Handel, Dienstleistung und Vergnügung.
- Verkehrskonzept: Die Stadt arbeitet an einem Verkehrskonzept für Stadelhofen. Dabei werde der Verkehr im ersten Halbjahr 2017 gesamthaft betrachtet, erklärt Pressesprecher Walter Rügert. Für diese Untersuchung stünden bereits einige Grundlagen, wie beispielsweise die Aufnahme des Parkraums, zur Verfügung. Die Fußgängerzone in der Kreuzlinger Straße müsse endlich bis zur Grenze verlängert werden, fordert unterdessen Peter Müller-Neff (Freie Grüne Liste). Bisher hatten sich die Händler dagegen immer wieder gesträubt, wenn dieser Vorschlag aufkam.
- Weitere Neubauten: Ein weitereres Bauprojekt steht ebenfalls schon fest: In der Otto-Raggenbass-Straße wird das Hotel Sonnenhof abgerissen und an Stelle dessen ein Wohnkomplex mit drei bis vier Geschossen gebaut. Neue Bauanträge müssen in das Strukturkonzept von Stadelhofen passen, das die Stadt 2010 veröffentlicht hat. Es definiert die städtebaulichen Anforderungen an Neu- und Umbauten der mittelalterlichen Vorstadt.