Mit ernsten Gesichtern sitzen Susanne und Alexander Urban da. Sie wollen etwas loswerden. Im April berichtet der SÜDKURIER von einem Nachbarstreit in Wollmatingen. Bei dem Konflikt geht es um Hühner: Isante Thurau-Zürn hat sich Hennen und einen Hahn angeschafft. Der Hahn kräht in den Morgenstunden. Das stört das Ehepaar Urban sehr, denn sie wohnen direkt neben dem Grundstück der Hühnerhalterin: "Unser Schlafzimmer geht nach hinten raus. Der Hühnerstall steht im Garten. Immer wenn in den Morgenstunden der Hahn kräht, ist es mit dem Schlafen vorbei", sagt Susanne Urban.
Ihr Mann sei zu der Nachbarin gegangen, um die Angelegenheit zu klären: "Ich stand vor ihrer Tür und sagte das wir uns nicht an den Hühnern stören würden. Nur der Hahn ist zu laut." Alexander Urban hat mit einer App – einem Programm auf einem Mobiltelefon – die Lautstärke gemessen: 80 Dezibel. Zum Vergleich: Das entspricht dem Lärm eines Rasenmähers. Isante Thurau-Zürn verspricht schnell, einen schalldichten Zaun bauen zu wollen. Das geschieht nicht, der Hahn kräht. Und so nimmt der Streit seinen Lauf.
Das Ehepaar schreibt der Nachbarin einen Brief: Sie wünschen keine weitere Lärmbelästigung. Wenn der Hahn dennoch weiter kräht, werden sie Anzeige wegen Ruhestörung beim Ordnungsamt erstatten. Isante Thurau-Zürn schreibt zurück: Die ausgewählte Hühnerrasse sei ruhig. Sie verspricht nochmals, einen größeren schalldichten Stall zu bauen. Der Hahn kräht weiter. Nun machen die Urbans ihre Drohung wahr. Ein Mitarbeiter der Stadt empfiehlt dem Ehepaar: Jede Lärmbelästigung samt Uhrzeit aufschreiben. "Ab sofort stand ich zwangsläufig jeden Morgen am Fenster und habe die Krähzeiten notiert", sagt Susanne Urban.

So entsteht ab Januar bis in den April hinein eine lange Liste: Darauf finden sich teilweise Uhrzeiten um drei Uhr morgens. Das Ordnungsamt schreibt der Hühnerhalterin einen Brief: Darin zeitlich aufgelistet, wann der Hahn die Ruhe stört. Als Zeugen werden die Eheleute Urban genannt. "Meine Nachbarn versuchen, mich am Stallbau zu hindern", sagte Isante Thurau-Zürn. Angesprochen auf diesen Vorwurf, verneint das Ehepaar: "Durch die Anzeige wegen Ruhestörung wollten wir den Bau des Stalls erzwingen, nicht verhindern", erklärt Alexander Urban.
In den Monaten von Februar bis Ende April gehen insgesamt 19 Anzeigen beim Ordnungsamt ein, davon 17 vom Ehepaar Urban selbst und zwei zusammen mit Nachbarn der Umgebung. "Noch haben wir keine Antwort von der Stadt. Das Einzige, was uns mitgeteilt wurde: Das Verfahren ist in der Schwebe und wird noch geprüft", sagt Susanne Urban und fügt hinzu: "Das ist ärgerlich. In den letzten drei Monaten haben wir Anzeigen bei der Stadt gestellt und bis jetzt ist rein gar nichts passiert." Ira Stifano ist eine der Nachbarn, die zusammen mit dem Ehepaar Urban eine Anzeige unterschrieben hat. Sie sagt: "Der Hahn muss definitv weg. Es ist eine immense Ruhestörung. Die Hennen gehen in Ordnung." Ein klein wenig anders formuliert es Thomas Zink. Sein Haus steht genau diagonal zum Garten der Hühnerhalterin: "Frau Thurau-Zürn kann einen Hahn halten. Wenn sie ihn einfach nachts in einen verdunkelten Stall sperrt und ab 8 Uhr am Morgen herauslässt und um 20 Uhr wieder einsperrt, hätte ich nichts dagegen."
Neuer Hahn kräht jetzt eine Stunde später
Zwischendurch sterben die Tiere. Ruhe macht sich breit: "Wir waren ganz verwundert. Erst wegen der Stille und dann wegen der vielen Federn im Gehege", sagt Susanne Urban. Anders als die argwöhnische Hühnerhalterin selbst, glaubt das Ehepaar an ein wildes Tier. Dieter Eiche-Stadelhofer, auch ein unmittelbarer Nachbar, hat Teile eines Hahns in seinem Erdbeerbeet gefunden: "Da lagen überall Federn um einen Erdhügel herum. In dem Haufen habe ich Flügel gefunden." Ob es sich bei den gefundenen Hahnteilen um Reste des Gockels von Isante Thurau-Zürn handelt, bleibt ungeklärt. Mittlerweile sind neue Hühner und ein Hahn in den neuen Stall eingezogen. Dieser Hahn krähe nicht mehr ab vier, sondern ab fünf Uhr morgens, so Susanne Urban. Der Streit um einen Hahn in der Stadt geht weiter.
Lärmschutz: Das sagt die Polizeiverordnung der Stadt
Die Umwelt- und Polizeiverordnung der Stadt gibt Auskunft über Schutz vor Lärmbelästigung. Es ist verboten, von 22 bis 6 Uhr die Nachtruhe zu stören. Niemand soll durch anhaltende tierische Laute, insbesondere von Hunden, gestört werden. Dasselbe gilt für den Betrieb von Rundfunkgeräten, Lautsprechern, Musikinstrumenten. Innerhalb von Wohngebieten darf aus Gaststätten und Versammlungsräumen kein Lärm nach draußen dringen. Für Spiel-, Sportplätze, die weniger als 50 Meter von Wohngebäuden entfernt sind, und Schulhöfe, gilt: keine Benutzung von 22 bis 7 Uhr. Dasselbe gilt lautstarke bei Haus- und Gartenarbeit, hier ist zusätzlich die Zeit von 13 bis 15 Uhr tabu. Verstöße werden mit einer Geldbuße von fünf bis tausend Euro geahndet.