Bisher hat sie bei ihren Besuchen am Bodensee ihren Fans nie die kalte Schulter gezeigt. Mehrfach war die in Deutschland so beliebte Königin Silvia von Schweden auf der Mainau. Mehrfach war eigentlich keine große Begegnung mit der Öffentlichkeit geplant. Und doch hat sie sich wann es es möglich war den Zaungästen zugewandt. Wann es immer es möglich war, hat die Monarchin wenigstens kurz den Kontakt mit Mainau-Besuchern gesucht, die schwedische Fähnchen schwenkend geduldig am Absperrband vor dem Schloss standen. Sie hat auf der Mainau bereits unzählige Hände geschüttelt, das eine oder andere Kind getätschelt und ein paar Worte gewechselt – auf Deutsch natürlich, immerhin ist sie einst ja als Silvia Sommerlath in Heidelberg aufgewachsen.

Auch bei dem am Mittwoch, 27. September, geplanten Besuch der Königin könnte es solche Szenen geben, die den Adels-Fans stets viel bedeuten. Eine Begegnung mit Mainau-Besuchern ist zwar im Programm des Besuchs nicht geplant. Aber um 14.30 Uhr begrüßt Mainau-Chefin Bettina Gräfin Bernadotte ihre Verwandte kurz nach deren Eintreffen auf der Insel. Im Schlosshof gibt es gemeinsame Fotos. Und wenn dabei Zuschauer winken oder Blumen dabei haben – „dann kann ich mir gut vorstellen, dass sich Ihre Majestät den Gästen zuwendet“, sagt Mainau-Pressesprecher Florian Heitzmann. Das Programm für den königlichen Besuch ist zwar dicht gedrängt und „viel Zeit für eine Begegnung wird nicht sein“, so Heitzmann, „aber bisher hat sich Königin Silvia stets gefreut über solche kurzen Momente“.

Voraussetzung ist freilich, dass es nicht regnet. Denn der Besuch der Königin gilt eigentlich einem sozialen Projekt, und die Treffen mit der von ihr geleiteten Mentor-Stiftung finden im Inneren des Schlosses und ohne Öffentlichkeit statt. In einer Arbeitssitzung will die Monarchin vor allem die zehn Jugendlichen kennenlernen, die der deutsche Zweig der Mentor-Stiftung nun besonders fördern wird. Sie alle besuchen die Konstanzer Geschwister-Scholl-Schule (GSS), sie alle kamen als Flüchtlinge nach Konstanz und sie alle haben eine Perspektive, dass sie noch einige Jahre hierbleiben können. So erklärt es Dirk Tinner, der Leiter des Werkrealschulzweigs an der GSS. Er freut sich auf den Auftakt mit prominenter Beteiligung, doch für ihn steht nicht die Königin im Vordergrund, sondern das Ziel, die acht Jungen und zwei Mädchen für ein erfolgreiches und eigenständiges Leben in Deutschland fit zu machen.

Was das bedeutet, kann Sybille Perez Rodriguez am besten erklären. Sie leitet die Geschäfte des deutschen Zweigs der Mentor-Stiftung. Das Progamm bringt Jugendliche mit gestandenen, zuverlässigen Erwachsenen zusammen. Bei den Treffen alle zwei Wochen geht es um das Verhalten in der Gesellschaft ebenso wie um das Miteinander von Männern und Frauen, um Hilfe bei der Praktikumssuche oder um Vermittlung in Ausbildungsfragen. Die Eins-zu-eins-Betreuung von jungen Geflüchteten ist ein Pilotprojekt, sagt Sybille Perez: „Wir wollen das Selbstbewusstsein der Jugendlichen stärken, denn das ist das Wertvollste, was wir ihnen auf den weiteren Lebensweg mitgeben können.“

Als Sybille Perez und Bettina Gräfin Bernadotte einen Partner für das erste derartige Projekt in Deutschland suchten, kam es schnell zum Kontakt mit der GSS. Nicht nur, weil Perez dort einst selbst ihr Abitur machte. Sondern auch, weil die Schule „seit jeher für Internationalität, Integration und Toleranz steht“, wie Perez betont. Schulleiter Tinner verweist darauf, dass es an der GSS schon seit fünf Jahren Vorbereitungsklassen gibt, in denen neu nach Deutschland gekommene Schüler so schnell wie möglich für den ganz normalen Unterricht fit gemacht werden sollen. Gerade für die Übergangsphase zwischen Spezial- und Regelklasse seien eine gute Betreuung und eine Einbindung in ein Netzwerk mit Gleichaltrigen besonders wichtig, so Dirk Tinners Erfahrung. „Da ist das, was wir dank der Mentor-Stiftung jetzt umsetzen können, eine wunderbare Ergänzung.“

Die zehn Jugendlichen und ihre Betreuer, die übrigens alle ein Führungszeugnis vorlegen müssen und für ihre Aufgabe besonders geschult werden, lernen Silvia von Schweden am Mittwoch wohl besser kennen als alle anderen. Bei einem Workshop will sich die Präsidentin der internationalen Mentor-Dachorganisation ziemlich detailliert darüber informieren, wie die Aufgaben und Herausforderungen genau aussehen. Der Abend ist dann so offiziell inoffiziell, wie ein Königinnen-Besuch auf der Mainau abläuft: Es gibt ein feierliches Essen in Abendgarderobe. Dirk Tinner und Sybille Perez werden neben Freunden des Hauses Bernadotte ebenfalls dabei sein.

Mainau und Schweden

Die gräfliche Familie Bernadotte mit ihrer Insel Mainau und das schwedische Königshaus sind recht eng miteinander verwandt. Die Mainauer Bernadottes (Bettina, 43, und ihre jüngeren Geschwister Björn, Catherina, Christian und Diana) haben die gleichen Urgroßeltern wie Schwedens amtierender König Carl XVI. Gustav (71, Ehemann von Königin Silvia). Trotz des Altersunterschieds sind sie also Großcousins. (rau)

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