Konstanz/Kreuzlingen – Wenn dieser Tage die ersten Konstanzer schon in den See springen, tun sie das auch vom Ufer jenseits der Grenze. Der Seeburgpark ist einer der Orte in der Nachbarstadt, die auch die Konstanzer gerne nutzen. Gerade im Sommer ist der Park ein kleines Paradies, nicht weit weg vom Trubel der Konstanzer Altstadt.
So grün wie heute war es dort aber nicht immer. Bis in die 70er Jahre hinein luden die Menschen dort ihren Müll und Bauschutt ab.
Als Kind zwischen Kühlschränken und Autoreifen gespielt
Guido Leutenegger kennt die Geschichte des Seeburgpark wie kein Zweiter. "Als Kind habe ich hier zwischen alten Kühlschränken und Autoreifen gespielt", erinnert er sich an die Jahre, als auch nach Kauf und politischem Bekenntnis zum Park erst mal wenig ging. Den richtig stinkenden Güsel ließen die Verantwortlichen dort abladen, wo heute die Bodensee-Arena steht. Vor den Seeweg, dort, wo früher der Steg rausging zur Alten Badi, kippten Lastwagen Bauschutt hin und trotzten dem See so immer mehr Wasserfläche ab.
"Das war dem damaligen Zeitgeist geschuldet", relativiert der Naturschützer diesen ökologischen Sündenfall. "Damals war der See noch schmutzig, in Ufernähe stank der Schlamm, überall waren Mücken, und so sahen die Bürger diesen Bereich eher als Sanierungsfall und Abladeplatz denn als Naherholungsgebiet an."
Nicht alle fanden die Idee eines Parks gut
Der Startschuss für den heutigen Park fiel im Jahre 1958, als die Kreuzlinger Stimmberechtigten dem Kauf des Areals für 2,4 Millionen Franken zustimmten (das entspricht laut Inflationsrechner des Bundes einem heutigen Wert von rund 9,9 Millionen Franken und 8,3 Millionen Euro). Das Ergebnis war gemäß Protokoll denkbar knapp: Von 2707 Stimmberechtigten gingen 2013 an die Urne, 1003 stimmten Ja, 975 Nein.
Im Vorfeld war ein emotionaler Abstimmungskampf geführt worden. Gegner des Kaufs wie Leserbriefschreiber Jakob Brüllmann warnten im "Thurgauer Volksfreund" ausführlich vor den zu hohen Kosten und der Schuldengefahr. An einer öffentlichen Orientierungsveranstaltung mit dem damaligen Stadtpräsidenten Walter Huwyler, zu dem mehrere hundert Menschen kamen, hätten zudem Befürworter die Kritiker mit ironischen Bemerkungen mundtot gemacht. Nur unter dem Pseudonym "Ein vorsichtiger Stimmbürger" traute sich ein Leserbriefschreiber in die Zeitungsspalten und warnte davor, die "Katze im Sack" zu kaufen.
Ein Teil sollte mit Wohnungen bebaut werden
Stadtrat, Gemeinderat, die Parteienlandschaft und sogar der Kreuzlinger Verkehrsverein standen aber voll hinter dem Projekt. Leserbriefschreiber E. Schümperli war schon damals klar: Was Kreuzlingen braucht, ist eine "Stätte der Erholung, der Körperertüchtigung und der Kulturbedürfnisse", das sei man seinen "Kindern und Kindeskindern schuldig". Die Stadtoberen hatten indes anfänglich noch etwas andere Pläne: Man wollte zwar die "prächtige Parkanlage" der Öffentlichkeit zugänglich machen, aber im Gegenzug auch mehr als die Hälfte des fast 18 Hektaren grossen Kaufgebiets als Bauland verkaufen.
Die entsprechende Zonenzuweisung erfolgte dann auch im August des Kaufjahres. Ein Initiativkomitee kämpfte jedoch erfolgreich gegen diese Absichten und erwirkte eine Volksabstimmung am 24. und 25. Februar 1962. Das Areal wurde danach zur Grünzone erklärt, mit dem Zweck, es als Park- und Erholungsgebiet zu erhalten.
Wie die Wollschweininsel entstand
Viele Beteiligte, etwa der damalige Kreuzlinger Stadtpräsident Emil Heeb, stellten im Laufe der Zeit die Weichen für die Entwicklung des Seeburgparks. Aber auch Zufälle spielten eine große Rolle. So wäre die Wollschweininsel nicht entstanden, wenn sich die Uferlinie und damit die Strömungen durch die Aufschüttungen nicht geändert hätten. Schwemmmaterial verstopfte bald die Einfahrt zum Schifffahrtshafen. Dieses baggerte man aus und kippte es einfach etwas weiter vorn in den See, um eine Mole zu erhalten, als Schutz gegen die angeschwemmten Ablagerungen. So entstand die Wollschweininsel.
"Anfänglich sprachen die Leute daher eher vom ‹Dreckhaufen› vor der Stadt", schmunzelt Leutenegger. 1987 setzte er hier die ersten Wollschweine aus, einfach, um die Insel besser und kostengünstig vor Verbuschung zu schützen. Auch die Hochlandrinder im Park sind so ganz nebenbei günstige Rasenmäher. Ein weiterer Meilenstein in der Entwicklung des Parks war der Aushub des Yachthafens. Die Erdmassen füllten den See, der damals bis zur Gartenmauer der Seeburg reichte. Heute ist hier ein Amphibienlaichgebiet von nationaler Bedeutung.
Heute kommen im Seeburgpark alle auf ihre Kosten, die Erholung in der Natur suchen, die Tier- und Pflanzenwelt beobachten oder einfach nur am See in der Sonne liegen wollen. Punktuell beleben Veranstaltungen wie Seeburg-Theater oder Open-Air-Kino das Gebiet, diese benötigen aber immer eine Sondergenehmigung. Denn diese vielseitige und gleichzeitig naturnahe Nutzung konnte Anfang des neuen Jahrtausends durch einen Richtplan zementiert werden.