Dieses Jahr ist das Kirchweih- und Erntedankfest in Hilzingen ein ganz besonderes. Vor 500 Jahren, nämlich am 2. Oktober 1524, begann auf der Kirchweih in Hilzingen der Bauernkrieg im Hegau. Die Bauern diskutierten erst und kämpften dann um die Erringung ihrer alten Rechte, um Freiheit und um die Durchsetzung des göttlichen Rechts. Sie forderten Teilhabe am öffentlichen und religiösen Leben. In Hilzingen gibt es dazu im jetzigen Gedenkjahr eine ganze Reihe von Veranstaltungen. Und selbstverständlich ist dieses wichtige historische Ereignis unter dem Leitsatz „Göttliche Gerechtigkeit – Leben in Würde und Freiheit“ auch in die Motive des bekannten Kirchweih- und Erntedankschmucks in der barocken Pfarrkirche St. Peter- und Paul eingeflossen.

Die Bilder-Vorlagen für die vielen jungen und erwachsenen Beteiligten am Legen der aus Samen, Körnern, Gewürzen, Früchten und gemahlenen Blütenblättern bestehenden Mosaike für die Altäre hat Anna Schneiderheinze auf den blanken Bildtafeln vorgezeichnet. Sie führt in Kurzfassung auf, wie es dann nach der Kirchweih 1524 weiter ging: Genau neun Monate später sei diese Aufstandsbewegung mit einem letzten Gefecht bei Hilzingen endgültig niedergeschlagen worden. „Doch mit der Erhebung des ‚Hilzinger Haufens‘ begann ein Wandel hin zu einer gerechteren Zukunft“, betont die Gemeindereferentin Simone Meisel.

Tanzende Bauern und Justizia sind in der Kirche dargestellt

Als Vorlage für die Früchtemosaike dient unter anderen Albrecht Dürers Darstellung der tanzenden Bauern. Sie passe wunderbar zum Kirchweih- und Erntedankfest, so Schneiderheinze. Eines der anderen Altarbilder stellt die Justizia dar, die göttliche Gerechtigkeit als personifizierte Figur. „Im Kontext des Bauernaufstands wird diese göttliche Gerechtigkeit besonders brisant. Die Bauern sahen in ihrem Aufstand nicht nur eine weltliche, sondern auch eine göttlich legitimierte Forderung nach Freiheit und Gleichheit“, führt Simone Meisel aus.

Van Goghs 1888 entstandenes Gemälde „Der Sämann“ sieht die Gemeindereferentin als Sinnbild für Arbeit, Erneuerung und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Eine weitere Inspiration gab die Zeichnung des norwegischen Künstlers Theodor Kittelsen aus dem Jahr 1900 von mittelalterlich gewandeten Bauern im Wald.

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Beim Betrachten des Erntedankschmucks wird man auch auf eine Figur stoßen, die das Gedenkjahr durchgängig begleitet: Der Spielmann Felix, den es übrigens auch als Playmobil-Sonderanfertigung im Hilzinger Bürger- und Bauernmuseum zu kaufen gibt. Erdacht hat ihn der Leiter des Kulturbüros, Wolfgang Panzer. Grafisch umgesetzt wurde er von Anna Schneiderheinze.

Der Spielmann Felix begleitet das Gedenkjahr zur Hilzinger Kirchweih 1524, auf der der Bauernkrieg im Hegau begann. Marianne Rieb ...
Der Spielmann Felix begleitet das Gedenkjahr zur Hilzinger Kirchweih 1524, auf der der Bauernkrieg im Hegau begann. Marianne Rieb gestaltet die Motto-Figur aus tausenden von Samen und Körnern | Bild: Ingeborg Meier

Die am Legen der Erntedank-Bilder Beteiligten freuen sich, dass sie das Bauernkrieg-Thema so kreativ umsetzen können, sagen Ursula Schädle, Christa Stephan und Karin Fröhlich. Sie legen das Hauptbild und geben dabei ihrer Kopie von Dürers Grau in Grau gehaltenem Original der tanzenden Bauern verschiedene Farben. Marianne Rieb sagt: „Es kann ja auch mal was Politisches in der Kirche hängen. Die Bauern standen für die Freiheit auf. Von dieser Bewegung profitieren wir noch heute.“

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Lili Graf und Anna Wieser sind zwei der in diesem Jahr gut fünfzig Kinder und Jugendliche, die beim Legen der Kirchweih-Mosaike dabei sind. Ihnen geht die kleinformatige Puzzle-Arbeit gut von der Hand – sie haben Routine: Die beiden 14-Jährigen haben das erste Mal mitgemacht, als sie acht Jahre alt waren. Sie finden es gut, dass die Hauptbilder des Erntedank-Schmucks Inhalte des Bauernkriegs widerspiegeln. Die Geschehnisse auf der Hilzinger Kirchweih 1524 seien ja ein wichtiges Stück Ortsgeschichte, machen die Mädchen deutlich.