Wer den Bauingenieur, Galeristen und Sammler Titus Koch in seinem Schloss in Randegg besucht, der erlebt eine Reizüberflutung im besten Sinne. Gemälde, Skulpturen, Sammlungskataloge, Kunstbücher, afrikanische Kultfiguren, wohin das Auge reicht. Titus Koch ist ein Mann, der nicht nur mit und in der Kunst lebt; er ist auch Förderer, Animateur und Ausstellungsorganisator. Zusammen mit dem Karlsruher Kunstprofessor Axel Heil und kurz nach der Gründung des Gottmadingen Förderkreises für Kultur und Heimatgeschichte e.V. (FöKuHei) im Jahr 1986 beschlossen die Mitglieder, mit einer Ausstellung an die Öffentlichkeit zu gehen. Man nannte das Kind getreu seinem Charakter: „Experimentelle“. Titus Koch hatte damals bereits begonnen, afrikanische Kultobjekte zu sammeln. Seine Großmutter hatte ein Pärchen dieser Ibedji (Stellvertreter), die ihn schon als Kind faszinierten. Auf einer Auktion von Schnitzereien der Yoruba hatte er den damaligen Kunststudenten Axel Heil überboten. So kamen die späteren Freunde und Kuratoren der ersten Experimentelle ins Gespräch.

Koch muss immer noch lachen, wenn er sich an die Anfänge erinnert: „Wir haben mühsam Stellwände in der Randegger Turnhalle aufgestellt. Es war uns schon nach der ersten Experimentellen 1988 klar, dass der Aufwand für nur ein Wochenende viel zu groß ist. 1989 sind wir schon ins Schloss umgezogen.“

Titus Koch hatte damals begonnen, das Schloss umzubauen und stellte den Künstlern drei, vier Ausstellungsräume zur Verfügung. Danach kamen Jahr für Jahr Räume dazu und später auch Partnergemeinden wie Randegg in Niederösterreich, Thayngen in der Schweiz, Bad Schussenried auf der Schwäbischen Alb und Sélestat (Schlettstadt) in Frankreich. „Heute bieten wir mit der Experimentellen in den vier Staaten rund 80 Künstlern eine Plattform. Wir sind enorm gewachsen. Wir haben uns schon vor 20 Jahren das Grenzüberschreitende auf die Fahnen geschrieben“, erzählt der Galerist. „In diesem Jahr hat uns allerdings die Corona-Pandemie ausgebremst. Wir mussten alles aufs nächste Jahr verschieben.“ Am 3. Juli wäre die Experimentelle auf Schloss Randegg eröffnet worden. Die Ausstellungsfläche erstreckt sich nicht nur in den Räumen, sondern auch über den Park. „Unser Ansatz ist es, junge, gute Künstler zu holen, bevor sie von anderen entdeckt werden“, sagt der Galerist und Kunstsammler. „Wir schwimmen auf einer Erfolgswelle.“ In Randegg und den anderen vier Veranstaltungsorten können die Künstler auch Arbeiten verkaufen. Diese Vermarktungsmöglichkeit fehlt ihnen zur Zeit wegen der Corona-Beschränkungen. Viele halten sich mit Zweit- oder Dritt-Jobs über Wasser.
Die Liebe zur Kunst hat Titus Koch schon als Kind gepackt. „Mein Großvater hatte eine große Kunstsammlung mit Bildern von Kirchner, Nolde und vielen anderen Schwergewichten.“ Als Neun-, Zehnjähriger habe der Enkel Besuchergruppen durch die Sammlung geführt und damit sein erstes Taschengeld verdient. Auch heute kann Titus Koch unendlich viele Geschichten zu Kunstwerken, Ausstellungen, Begegnungen erzählen. Und das Auge wandert mit.
