Zur Begrüßung gibt es für die Mitglieder einen kleinen Lavendelstock und ein Glas Sekt. Tatsächlich zeigen sich Vorstand und Aufsichtsrat der Wohnbaugenossenschaft Gottmadingen (WBG) in Feierlaune, denn die Zahlen im Jahresabschluss können sich sehen lassen, wie die Teilnehmer der 74. Mitgliederversammlung erfuhren. Um 1,4 Millionen Euro konnte die Bilanzsumme auf 20,7 Millionen Euro gesteigert werden. Und das in einem wirtschaftlich schwierigen Umfeld.

Finanzchef Joachim Blatter räumt ein, dass dieser enorme Sprung gegenüber den Vorjahren im Wesentlichen auf den Verkauf einer Streusiedlung in der Eduard-Presser-Straße in Engen zurückzuführen sei. Aber auch ohne den Verkauf, der mit rund 1 Million Euro positiv zu Buche schlägt, ist die Geschäftsführung der Genossenschaft stolz auf ein mit den Vorjahren vergleichbares Ergebnis. Wegen des Verkaufs sei das Anlagevermögen zwar geschrumpft; dafür sei aber das Eigenkapital um 5,2 Prozent von 22,6 auf 27,8 Prozent gestiegen. Verglichen mit anderen Wohnbaugenossenschaften liege man im guten Mittelfeld. „In dieser Position können wir die energetische Sanierung unserer Wohnungen gut bewältigen“, berichtete Joachim Blatter. Außerdem sieht sich die Genossenschaft im Kampf gegen die Wohnungsknappheit gut gerüstet. „Wir sind gut aufgestellt.“ Mit Applaus nahmen die Mitglieder diese Feststellung zur Kenntnis.

Einstimmig entlasteten die Mitglieder den Vorstand und Aufsichtsrat der WBG. Auch das Jahresergebnis wurde einstimmig gebilligt.
Einstimmig entlasteten die Mitglieder den Vorstand und Aufsichtsrat der WBG. Auch das Jahresergebnis wurde einstimmig gebilligt. | Bild: Trautmann, Gudrun

Vera Federer, geschäftsführende Vorsitzende, beleuchtete das allgemeine gesellschaftliche Umfeld, in dem die WBG 2022 agieren musste und wagte auch einen Blick in die nähere Zukunft. Die Klimakrise erfordere eine große Transformation. Zug um Zug sollen die Bestandswohnungen energetisch saniert werden. 2023 sollen 1,4 Millionen Euro für die Instandhaltung und Modernisierung von Bestandswohnungen investiert werden. Auch 2022 wurden zahlreiche Wohnungen modernisiert. „Die durchschnittlichen Kosten liegen pro Wohnung zwischen 30.000 und 40.000 Euro“, erklärte Vera Federer. „Mit einer durchschnittlichen Miete von 6,52 Euro pro Quadratmeter liegen wir immer noch unter dem Durchschnitt der Genossenschaftsmieten in Baden-Württemberg.“ 2022 seien die Instandhaltungskosten gegenüber 2021 wegen der Inflation, Lieferengpässe und Handwerkermangel um 1,5 Prozent gestiegen. Die energetische Sanierung werde aber auch eine moderate Mieterhöhung erforderlich machen.

Rund 100 Heizungen müssen ausgetauscht werden

Verschiedene Faktoren seien neben der Klimakrise und den hohen Energiekosten herausfordernd für die WBG gewesen. Dazu zählt Vera Federer die Inflation, den Streit in der Ampelkoalition sowie gesetzliche Änderungen wie das Gebäude-Energie-Gesetz (GEG). Konkret bedeute das für die Genossenschaft in naher Zukunft den Heizungstausch in rund 100 Wohnungen in vier Gebäuden. „Wir müssen die WBG zukunftsfähig machen“, sagt die Geschäftsführerin.

Investitionen in neue Wohnungen geplant

Hier hakte Bürgermeister Michael Klinger als Aufsichtsratsvorsitzender ein. „Ich spüre, wie wir in der Region Wohnungen brauchen“, sagte er. In der WBG gebe es praktisch keine freien Wohnungen. Die Genossenschaft verfügt über 352 Wohn- und Geschäftseinheiten. „Wir benötigen weiteren Wohnraum.“ Entlastung hätten die 54 neuen Wohnungen im Innenhof der Hardstraße gebracht, wo im übrigen die Vermietung abgeschlossen sei. Gleich nebenan, in der Fliederstraße ist ein alter Wohnblock bereits abgerissen und die Baugrube ausgehoben. „Damit ist der erste Baustein für den Neubau von 22 neuen Wohnungen gelegt“, sagte Vera Federer. Wegen der hohen Baukosten, der gestiegenen Zinsen und der weiterhin instabilen Lieferketten befinde man sich zusammen mit dem Aufsichtsrat in der Abwägung über die Umsetzung. Zwei Drittel der Wohnungen möchten die Verwalter nach Möglichkeit mit Hilfe öffentlicher Zuschüsse aus der Landeswohnraumförderung finanzieren. Angestrebt ist die Fertigstellung bis 2025.

Der Wohnblock in der Fliederstraße ist abgerissen, die Baugrube für den Neubau bereits geöffnet. Im Hintergrund sind einige der 54 neuen ...
Der Wohnblock in der Fliederstraße ist abgerissen, die Baugrube für den Neubau bereits geöffnet. Im Hintergrund sind einige der 54 neuen Wohnungen im Innehof der Hardstraße zu sehen. Vorstand und Aufsichtsrat der WBG beraten sich nun über das weitere Vorgehen in der Fliederstraße. | Bild: Trautmann, Gudrun

Für das Geschäftsjahr 2022 erhielten Vorstand und Aufsichtsrat von den Mitgliedern die volle Entlastung. Auch den Bilanzgewinn in Höhe von 86.132 Euro billigte die Versammlung einstimmig.

Der Blick in die Zukunft richtete sich neben dem Neubau vor allem auf die energetische Sanierung des Altbaubestandes. Etliche Wohnungen wurden zwischen 1950 bis 1970 gebaut, als die Firma Fahr zahlreiche Arbeitskräfte anwarb. Rund 100 Wohnungen sollen in den kommenden sieben Jahren mit neuen Heizungen ausgestattet werden. Bis 2040 wolle man klimaneutral sein. Um das zu erreichen, müsse zunächst ein Sanierungsfahrplan erarbeitet werden. – Soweit war man sich in Vorstand und Aufsichtsrat in allen Punkten einig.

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Den Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“ nutzten dann aber einige Neumitglieder, um ihren Unmut kund zu tun. Dabei ging es vor allem um den Neubau im Innenhof der Hardstraße. Die Einfahrt in den Hof und zur Tiefgarage sei eine Zumutung. Eine Mieterin im Erdgeschoss beklagte sich darüber, dass sie die Rasenflächen auf ihre Kosten bewässern müsse. Ein weiterer Mieter beklagte sich darüber, dass er die Treppenreinigung bezahlen müsse, während andere Mietverträge diese Kosten nicht enthielten. Außerdem habe er einer Wärmebrücke entdeckt. Ein anderer Bewohner der Hardstraße prangerte die schwierige Parkplatzsituation an und forderte einen Parkberechtigungsschein für Anwohner. Für alle Belange der Mieter in den Neubauwohnungen versprach der Vorstand einen Ortstermin. Dem Anwohnerparkschein erteilte Michael Klinger jedoch eine klare Absage.