Ein besonderes Weihnachtsgeschenk gab es für den Mann, der wegen Brandstiftung an Hof Balisheim in Gaienhofen angeklagt werden sollte: Freiheit. Vor einer Woche wurde der bisher Tatverdächtige aus der Haft entlassen, wie sein Anwalt mitteilt und das Landgericht Konstanz auf SÜDKURIER-Nachfrage bestätigt. "Nach Auffassung der Kammer bestand zwar aufgrund der vorgebrachten Indizien ein Anfangsverdacht gegen den Angeschuldigten, diese begründen nach Überzeugung der Kammer aber keinen hinreichenden Tatverdacht", erklärt Mirja Poenig als Pressesprecherin des zuständigen Landgerichts. Es wird aufgrund der aktuellen Ermittlungslage also doch keine Hauptverhandlung gegen den bisher Verdächtigten geben.
Staatsanwaltschaft legt Beschwerde ein
Der Mann, der seit August wegen des Verdachts der Brandstiftung im Gefängnis saß, ist nun wieder ein freier Mann. "Er gilt als unschuldig", erklärt sein Anwalt Björn Bilidt. Denn mehr als einen Anfangsverdacht habe es nicht gegeben. "Es war eine schwache Indizienkette", befindet Bilidt. Daher habe er eine Haftprüfung beantragt, die kurz vor Weihnachten erfolgreich war. Die Staatsanwaltschaft Konstanz wird gegen die Ablehnung des Hauptverfahrens allerdings eine Beschwerde einlegen, wie Pressesprecher Andreas Mathy auf Nachfrage mitteilt. Nun entscheide das Oberlandesgericht in Karlsruhe, ob gegen den bisher Angeklagten verhandelt wird. Mit einer Entscheidung rechnet Mathy frühestens nach Dreikönig, eine Nachricht aus Karlsruhe sei aber auch später möglich.
Fluchtgefahr ist kein Kriterium
Für eine Untersuchungshaft hatten die Indizien ausgereicht, das Amtsgericht Konstanz hatte direkt nach dem Brand einen Haftbefehl ausgestellt. Ein Faktor dabei war die Gefahr, dass der Mann ins Ausland flüchten könnte. Diese Gefahr sieht sein Anwalt nun aber nicht gegeben: "Er hat keinen Grund zu fliehen", sagt Bilidt, denn die Indizienlage reiche nicht für eine Verurteilung aus. Daher könne sein Mandant nun zu seiner Familie auf die Höri zurückkehren. Für das Landgericht ist eine mögliche Fluchtgefahr nicht entscheidend: Maßgeblich sei bei der Haftprüfung, ob es einen hinreichenden Tatverdacht gebe, erklärt Pressesprecherin Mirja Poenig. Das sei in diesem Fall nicht so. Vielmehr sei nach Aktenlage bei den gegebenen Beweismöglichkeiten eher mit einem Freispruch zu rechnen, so Poenig. Ob Fluchtgefahr ein Haftgrund war, sei dann nicht mehr zu prüfen.

Ermittelt wurde auch wegen versuchten Mordes
Mitte Dezember hatte die Staatsanwaltschaft noch erklärt, dass sie Anklage wegen versuchten Mordes und schwerer Brandstiftung erheben wird.
Bei dem Brand am 1. August war nicht nur Hof Balisheim in Gaienhofen in Flammen aufgegangen, sondern es wurden auch Einsatzkräfte der Freiwilligen Feuerwehr beim Löschen des Brandes leicht verletzt. Die Bewohner des alten Hofgutes, Familie Burkart, und die 32 Feriengäste konnten sich damals aus den Flammen retten. Auch von den Tieren wurden nicht viele verletzt, was Karolin Burkart am Tag nach dem Brand als ein Wunder bezeichnete. Drei Gebäude brannten aber innerhalb weniger Stunden nieder – darunter ein altes Bauernhaus, das selbst den 30-jährigen Krieg überstanden hatte. Bereits im Vorfeld hatte es eine Serie kleinerer Brandstiftungen in den Höri-Gemeinden gegeben.
Immer wieder waren Holzschöpfe oder kleinere Holzlager in Brand gesetzt worden. Die Staatsanwaltschaft hat die Strafverfolgung dieser Delikte eingestellt, wie Mathy vor wenigen Wochen mitteilte. Die Beweisführung sei in diesen Fällen recht schwierig gewesen. Dass es seit der Festnahme des Mannes keine weiteren Zwischenfälle gab, wertete Mathy als einziges Indiz, dass der inzwischen nicht mehr angeklagte Mann auch die kleineren Brände gelegt haben soll.
Tatverdacht
Die Justiz unterscheidet zwischen Anfangsverdacht, hinreichendem sowie dringendem Tatverdacht. Für die Eröffnung eines Hauptverfahrens braucht es einen hinreichenden Tatverdacht, wie Mirja Poenig vom Landgericht Konstanz erklärt. Es muss wahrscheinlich sein, dass der Angeklagte verurteilt wird. Für eine Untersuchungshaft braucht es einen dringenden Tatverdacht. Der besagt, dass die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass der Tatverdächtige auch der schuldige Täter ist. Dabei zählen auch Haftgründe wie Flucht- oder Wiederholungsgefahr.