Das kleine Städtchen Aach im Hegau besticht mit tollen Blicken in den Hegau, wenn man in der Altstadt ist. Die Flächen unterhalb der Altstadt sind allerdings steil und die Wiesen somit schwer zu mähen. Für Menschen zumindest. Was läge also näher, als sich Schafe zu Hilfe zu holen? Schon seit rund zehn Jahren ist das die Normalität an den Hängen.
Wie das mit der Beweidung funktioniert, erfuhren nun Interessierte, die auf Einladung der Grünen-Landtagsabgeordneten Dorothea Wehinger im Rahmen ihrer Sommertour nach Aach gekommen waren. Mit dabei auch die beiden Schäfer Ingo Hinze und Bernhard Wünsche sowie Sven Gebhart vom Landschaftserhaltungsverband (LEV) Konstanz. Bürgermeister Manfred Ossola informierte zusätzlich über die Geschichte von Aach.

Vom Parkplatz nahe der Schule aus schaut man nach oben zum schönsten Aussichtspunkt des historischen Städtchens. Vor zehn Jahren begann man in Aach, am Beweidungsprojekt teilzunehmen. Insgesamt gehe es um neun Hektar und auch die privaten Eigentümer seien verpflichtet worden, teilzunehmen, sagt Manfred Ossola, der damals noch Hauptamtsleiter in Aach war.
Anfangs waren es 70 Schafe, nun sind es noch etwa 50 und zusätzlich zehn Ziegen, welche die beiden Schäfer abwechselnd für einige Zeit auf den Flächen lassen.
Die Fläche oberhalb vom Schulparkplatz wird drei Mal im Jahr ab April von den Schafen beweidet, mit einer Weideruhe von sechs bis acht Wochen dazwischen, erklärt Sven Gebhart. Eine andere Fläche, nahe an der Aachquelle gelegen, ist eine Magerrasenfläche, die nur einmal im Jahr beweidet wird, da dort unter anderem auch seltene Orchideenarten wachsen.
Die Schafe haben wegen ihrer Tritte gegenüber Rindern klare Vorteile: Sie und auch die Ziegen verursachen nur kleine Trittstellen, die nicht so tief sind.

Pflanzen und Tiere können sich besser entfalten
Auf den von den Schafen freigehaltenen Flächen haben Pflanzen wie die Wilde Möhre, der Wiesensalbei, die Flockenblume, der Oregano oder der Taubenkropf eine Chance und bieten damit Futter für Wildbienen und Schmetterlinge. Dorothea Wehinger ist davon überzeugt, dass die Schafe- und Ziegenbeweidung an solchen Steilhängen äußerst sinnvoll ist. „Sie dient der Offenhaltung der Landschaft, fördert in hohem Maße der Biodiversität und ist Entwicklungsraum für Flora und Fauna“, so Wehinger.
Die Steilhänge müssen laut dem Beweidungsvertrag parzelliert abgeweidet werden. Deshalb sind feste Zäune unerlässlich. „Wir setzen eigene Gallagher-Zäune nach dem Vorbild aus Neuseeland, deren Eckpfähle aus Robinien- oder Esskastanienholz sind und mit losen Pfosten dazwischen. Zum Schutz vor Wölfen werden die Drähte in einem vorgegebenen Abstand bei 90 Zentimetern Höhe angelegt.
Als die Gruppe am letzten Standort nahe der Aachquelle kommt, wird sie schon von Weitem vom Gebell der beiden Maremmanos begrüßt. Leider sei das Verständnis der Bevölkerung gegenüber den Hunden nicht groß, sagt Bernhard Wünsche. Die ersten der aus den Abruzzen stammenden Schäferhunde haben sich die Schäfer in Brandenburg gekauft, wie Bernhard Wünsche erzählt. Der Nachwuchs werde direkt in der Herde geboren und lerne von den anderen, was seine Aufgaben sind – so wie der junge Rüde, der hier mit seiner Mutter auf die Schafe aufpasst.
Insgesamt haben sie zehn Herdenhunde, da ihre 200 Schafe der Rasse „Schottische Blackface“ und die 50 Ziegen an vier Standorten im der Region unterwegs sind.
Wölfe werden auch im Hegau erwartet
Die Herdenhunde werden bisher nicht bezuschusst, da die Region noch kein Wolfsgebiet ist, erklärt Ingo Hinze. Dabei wurden schon ganz in der Nähe auf der Baar Wölfe gesichtet. „In Brandenburg, wo Wölfe vorkommen, funktioniert die Schafhaltung dank Herdenschutz ganz gut“, wusste Hinze.
Auf der sehr steilen Fläche nahe der Aachquelle werden die Schafe etwa zwei Wochen bleiben. Dann ist mindestens ein Drittel der Fläche abgefressen. „Auch im Hegau wird es im Laufe der nächsten Jahre zu einer Ansiedlung von Wölfen kommen. Deshalb brauchen die Schaf- und Ziegenherden einen sicheren Herdenschutz vor ihnen durch Einzäunung der Weideflächen und der Bewachung durch so genannte Herdenschutzhunde wie am Beispiel Aach“, so Dorothea Wehinger.

Beim Rundgang durch die historische Altstadt erläuterte Manfred Ossola einige der wichtigsten Fakten über Aach, das bereits 1283 die Stadtrechte bekam. So gibt es zum Beispiel die Sage, dass beim unteren Stadttor, das 1150 gebaut wurde, während der Bauernkriege um 1525 eine Ziege dafür gesorgt hatte, dass das Tor geöffnet wurde, weil sie den Krautkopf (Kabbesdoase) fraß, so dass die Belagerer Aach einnehmen konnten. Der Krautkopf wurde dann zum Symbol der Narrenzunft Quellwasser.