Das ist mal ein Einstieg in eine Rede: Ein Franzose, ein Deutscher und ein Engländer stehen vor der Hinrichtung und äußern ihren letzten Wunsch. Der Franzose möchte noch mal richtig schlemmen. Der Deutsche will eine Rede halten, bevor er das Zeitliche segnet. Und was wünscht sich der Engländer? Der bittet nur darum, erschossen zu werden, bevor der Deutsche seine Rede hält. Ein langweiliger Auftakt ist der Totengräber einer Rede. Das macht René Borbonus in der Engener Sparkasse gleich zu Beginn seines Vortrages "Die Kraft der Rhetorik" deutlich. Er gilt als einer der erfolgreichsten Rhetorik-Trainer im deutschsprachigen Raum. Und es gelingt ihm schnell, die gut 200 Besucher in seinen Bann zu ziehen.
"Nur drei Prozent aller Reden im beruflichen Alltag werden laut Umfrage als interessant bewertet", betont Borbonus. Eine erfolgreiche Rede müsse Substanz und Wirkung auf die Zuhörer haben. "Die meisten Menschen empfinden Unsicherheit, wenn die Aufmerksamkeit anderer auf ihnen ruht. Doch Rhetorik ist kein Hexenwerk", erklärt Borbonus. "Gute Redner werden nicht geboren, gute Redner werden gemacht", streicht er heraus. Eine akribische Vorarbeit und Üben im stillen Kämmerlein nennt er als Schlüssel zum Erfolg. Das gelte nicht nur für Reden, Vorträge und Präsentationen, sondern auch für Diskussionen, Verkaufen und Wortbeiträge. Eine Rede müsse begeistern, informieren, bewegen und unterhalten. "Nutzen Sie die Stille, wenn Sie auf die Bühne kommen, weil sie alle Zuhörer beobachten." Niemals "Guten Tag meine Damen und Herren", sagen. Das sei aktive Zuhörer-Sterbehilfe. Ein Satz, wie "Schön, dass Sie heute Abend so zahlreich erschienen sind", gehe gar nicht. Außer der Referent sei persönlichkeitsgespalten. Wer mit Sie angesprochen werde, könne nur einzeln, aber nicht zahlreich erscheinen.
Gute Einstiege seien schlagkräftige, zum Thema passende Zitate. Auch eine Abstimmungsfrage. Eine solche sollte aber möglichst einfach zu beantworten sein. "Energie in den Raum hinein bringen", nennt Borbonus diese Strategie. Sehr wirkungsreich bezeichnet er auch einen anderen Rede-Auftakt: die Demonstration. "Haben Sie Geld zu verschenken?", habe ein Vortrag eines Bankfachmanns gelautet. "Mit einem Feuerzeug hantierte er hautnah an einem Tausend-Euro-Schein. Das sorgte für unglaublich hohe Aufmerksamkeit", schildert Borbonus. Er wirbt auch für einen bildhaften Rede-Einstieg. "Erzählen Sie eine Geschichte, Anekdote oder eine Metapher. Menschen lieben Geschichten", sagt er und nennt Beispiele. Nicht Intelligenz, Disziplin sei ein wichtiger Pfeiler für den Erfolg von Unternehmen, erzählt er den Besuchern, darunter viele Firmen-Vertreter. Bei einem Versuch in Amerika hätten Kinder mit den Köpfen auf den Tisch geschlagen, nur um eine versprochene zweite Süßigkeit zu erhalten, wenn sie eine Viertelstunde ausharren. Mit Informationsdefiziten arbeiten, aufgeworfene Fragen erst später lösen und Spannung aufbauen, rät Borbonus. Unzufriedenheit erhalte die Aufmerksamkeit.
Beim Hauptteil gelte es, eine gute Struktur zu schaffen. Mit Fakten, persönlichen Erfahrungen, Experten und Autoritäten argumentieren, sei vielversprechend. Und Trias, eine dreiteilige Struktur, sei fast immer ein Garant für nachvollziehbare Argumentationen. Der Schluss sollte in den Köpfen hängen bleiben, es auch wert und daher unkompliziert sein. Er könne einen Handlungsimpuls geben, je konkreter desto besser, beispielsweise in Firmen Aufbruchstimmung vermitteln. "Damit die Menschen den Schwung der Rede mit nach Hause nehmen und in Handeln umsetzen, ist es wichtig, dass der Schluss ihnen noch einmal einen emotionalen Schubs gibt", macht Borbonus klar. Bloß nicht mit dem Satz "Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit" den Vortrag beenden. "Sie müssen die Stille aushalten können. Die Leute spüren sehr genau, wann ein Vortrag beendet ist. Spätestens, wenn Sie mit der Tasche aus dem Saal hinausgehen, wird klar: Da kommt nichts mehr. Ein guter Redner bringt das Publikum nicht zum Applaudieren, sondern zum Schweigen. Darauf folgt der Beifall, weil das dann die Zuhörer auch bewusst wollen", so Borbonus. "Das Perfekte macht die Menschen aggressiv. Sie mögen lieber das Unperfekte. Das schafft Sympathie. Bekannte Redner und Fernsehsprecher haben schon ganze Textpassagen vergessen und sich geschickt herausmanövriert", sagt der Referent. "Borbonus fesselt die Zuhörer mit geballter Kommunikationskraft, gewürzt mit feinem Humor", zitiert Pirmin Wöhrstein, Marketingleiter der Sparkasse Engen-Gottmadingen, einen Zuhörer.
Zur Person
Nach dem Studium der Germanistik, Politik und Psychologie und ersten Erfolgen als Moderator und Redenschreiber, begann René Borbonus 1997 seine Karriere als Rhetorik-Trainer. Er gründete das Unternehmen Communico. Borbonus ist auch als Buchautor und Vortragsredner tätig. Professionell begleitet er Führungskräfte, Unternehmer und andere Persönlichkeiten bei anspruchsvollen Herausforderungen. Der Vortrag war eine gemeinsame Veranstaltung des Wirtschaftsfördervereins Hegau, der Stadt Engen und der Sparkasse Engen-Gottmadingen.